Industrieländer müssten ihrer Vorbildfunktion im Klimaschutz gerecht werden, betonte Bundeskanzlerin Merkel beim Festakt zum 30. Geburtstag des Bundesumweltministeriums. Dabei ging es auch um erreichte Meilensteine und noch bevorstehende Herausforderungen - etwa die Endlagersuche.
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30 Jahre – und mehr als 30 Meilensteine, national und international in Abkommen und Protokollen festgehalten, bilanziert das Bundesumweltministerium heute. Gegründet 1986 als Antwort auf die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl, hat sich das Ministerium vom Reparaturbetrieb zum Entwickler der Zukunft gewandelt.
Bundeskanzlerin Angela Merkel war von 1994 bis 1998 Bundesumweltministerin. Als Regierungschefin und als ehemalige Ministerin weiß sie, was es heißt, für den Klimaschutz zu kämpfen. "Es gibt Höhepunkte und es gibt Arbeitsphasen. Jetzt ist wieder so eine Arbeitsphase", sagte Merkel zum Festakt des 30-jährigen Bestehens des Ministeriums.
Ein Höhepunkt sei das vor knapp einem halben Jahr erzielte internationale Klimaschutzabkommen von Paris. Die Kanzlerin sprach dabei von einem wichtigen Meilenstein – und dankte darum ganz besonders den Verhandlern: Das erfordere Durchhaltekraft. "Wenn man noch Kopenhagen im Kopf hat, wo ich auch teilgenommen habe und gar nichts rausgekommen ist, dann weiß man, was in Paris geleistet wurde", so Merkel im Gespräch mit der Moderatorin Dunja Hayali beim Festakt. "Von so einem Höhepunkt zehrt man eine ganze Weile", so die Kanzlerin.
In der nun anstehenden Arbeitsphase sei noch ein dickes Brett zu bohren. Drei Aufgaben müssten dabei gelöst werden:
Merkel drückte ihre Hoffnung aus, dass Deutschland seine ambitionierten nationalen Klimaziele erreichen werde. Anfangs sei es durch die Deutsche Einheit schnell gegangen. "Aber jetzt muss es eben doch Tonne für Tonne erbracht werden." Es heiße immer Ökologisches und Soziales müsse Hand in Hand gehen. "Wenn man dann zum Beispiel in die Lausitz geht, fragen die Menschen, was soll aus unseren Arbeitsplätzen werden?", so die Kanzlerin.
Im Dezember 2015 einigte sich die Staatengemeinschaft auf das internationale Klimaschutzabkommen von Paris. Erstmals verpflichten sich damit alle Länder gemeinsam. Wichtigstes Ziel ist es, den weltweiten Temperaturanstieg auf unter zwei Grad Celsius zu halten.
Menschen beobachteten schon seit Menschengedenken, dass sich das Klima ändere. Fakt sei es, dass sich dieser Prozess beschleunigt habe, so Merkel. "Das sollten wir ernst nehmen." Klimawandel als Ursache von Vertreibung und Flucht sei international im Blick. "Aber die Frage ist: Machen wir genug und das Richtige?"
Raubbau an der Natur führe dazu, dass die Grundlagen für die Ernährung verloren gingen. Anpassung an den Klimawandel sei daher ein drängendes Problem, auf das sich die Entwicklungshilfe in Zukunft konzentrieren müsse.
Von Abfallverordnung bis Ozonloch – seit der Gründung des Ministeriums kamen zahlreiche Meilensteine zusammen.
Der Ausstieg aus der Atomenergie sei noch lange nicht abgeschlossen, betonten die ehemaligen Umweltminister Sigmar Gabriel, Norbert Röttgen und Peter Altmeier. Das zeige auch die bislang offene Endlagersuche.
Über saubere Gewässer, Mülltrennung und die Notwendigkeit, der Natur mehr Raum zu geben, diskutierten die früheren Minister Klaus Töpfer und Jürgen Trittin mit der amtierenden Ministerin Barbara Hendricks. In den vergangenen 30 Jahren habe sich in der Gesellschaft das Bewusstsein für Umweltpolitik entscheidend geändert. Daher sei heute die Aufgabe des Bundesministeriums, vorausschauende Politik zu betreiben, so die übereinstimmende Meinung.
Bundesumweltministerin Hendricks dankte in ihrer Festrede den Engagierten der Umweltbewegung. "Sie haben das Bewusstsein für den Schutz unserer Umwelt zu einem politischen Thema gemacht."
Hendricks betonte, ohne internationale Zusammenarbeit könne es weder im Klima- noch im Umweltschutz nachhaltige Erfolge geben. "Wir müssen Brücken bauen, damit wir als Staatengemeinschaft gemeinsame Antworten finden. Umweltpolitik kann heute nur erfolgreich sein, wenn sie international ist."
Auch der Kampf gegen Hunger und Krieg, gegen Flucht und Vertreibung könne nur gewonnen werden, wenn die ökologische Krise gemeinsam bewältigt werde, so Hendricks.
Bis 1986 war der Umweltschutz auf mehrere Ministerien verteilt. Dann passierte die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl. Seither sind die Kernkompetenzen im Umwelt-, Klima- und Naturschutz sowie für Reaktorsicherheit im Bundesumweltministerium gebündelt. Seit 2013 gehören auch Bau und Stadtentwicklung dazu.
Umweltschutz mache sich auch ökonomisch bezahlt: Gerade wegen seiner hohen Umweltstandards sei Deutschland eine der führenden Volkswirtschaften, sagte die Ministerin. "Wir müssen zu einer Wirtschaft kommen, die die Grenzen unserer natürlichen Lebensgrundlagen respektiert."
Die wohlhabenden Industrieländer, besonders von Deutschland, sollten hierbei vorangehen. Umweltschutz sei ein Jobmotor mit zwei Millionen Arbeitsplätzen. Aus den Erneuerbaren Energien werde in Deutschland fast ein Drittel des Stroms produziert. Der Weltmarktanteil von "grünen" Produkten Made in Germany läge bei gut 14 Prozent, führte Hendricks aus.
"Die Botschaft von heute ist: Wir haben schon einiges erreicht. Aber wir haben noch viel vor", bilanzierte die Bundesumweltministerin den 30. Geburtstag ihres Hauses. "Es liegt an uns, dem Fortschritt eine Richtung zu geben."