Vision auf der Straße

Neue Hightech-Strategie Vision auf der Straße

Elektrofahrzeuge verringern unsere Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen und schonen unsere Umwelt. Die Entwicklung innovativer Konzepte ist somit ein wesentlicher Aspekt der Zukunftsaufgabe "Intelligente Mobilität" der Hightech-Strategie der Bundesregierung.

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Visio.M (BS4) als unlackierter "Erlkönig" auf der BMW Teststrecke in Ascheim

Der "Visio.M": Eine Auto, das viele begeistert.

Foto: Andreas Heddergott / TUM

Eine Million Elektroautos auf deutschen Straßen bis 2020, heute schwer vorstellbar. Noch sind die reinen Elektrofahrzeuge sehr teuer, durch die Batterien recht schwer und haben nur eine geringe Reichweite. Zudem dauert es sehr lange, bis die Batterie neu geladen ist. Die Automobilfirmen tüfteln, aber der große Durchbruch steht aus.

Visio.M Interieur - effizienter Zweisitzer passgenau zugeschnitten fuer die Mobilitaetsanforderungen im urbanen Umfeld

Komfortabel für zwei Personen

Foto: Florian Lehmann

Universitäre Forschung

In dieser Situation haben sich vor einigen Jahren Forscher der Technischen Universität München mit 14 Industriepartnern, darunter BMW und Daimler, zusammengeschlossen, um ihre Vision umzusetzen: den "Visio.M".

In wenigen Jahren mit Fördermitteln des Bundes von gut zehn Millionen Euro ist der Prototyp eines preisgünstigen, dabei fahrtauglichen Elektrofahrzeugs fertig. Beim G7-Gipfel der Staatschefs der größten Industrienationen wird es der Weltöffentlichkeit vorgeführt.

14 Lehrstühle aus verschiedenen TU Bereichen waren daran beteiligt, ein äußerst leichtes Elektrofahrzeug zu bauen, das preiswert herstellbar ist. Kennzeichen des 535 Kilogramm schweren Autos sind eine Leichtbaukarosserie, ein spezielles Getriebe, eine leistungsfähige Batterie und viele weitere Komponenten.

Es ist besonders windschnittig und braucht daher nur einen kleinen Elektromotor und eine verhältnismäßig kleine Batterie. Trotzdem reicht eine Ladung der Batterie für 140 bis 160 Kilometer. Das Aufladen an einer normalen Steckdose dauert drei bis vier Stunden.

Klein aber sicher

Visio.M - eine steife Fahrgastzelle aus mit Carbonfasern verstaerktem Kunststoff bildet einen sicheren Ueberlebensraum - Das mehrteilige Monocoque des Visio.M aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff, kombiniert mit ultraleichten Sandwichmaterialien …

Fahrgastzelle aus Carbonfasern

Foto: Simon Rauchbart / TUM

Auch wenn das Fahrzeug klein und zerbrechlich aussieht, entspricht die Sicherheit der viel größerer Autos. Vor allem beim Zusammenstoß mit schwereren Fahrzeugen muss das Kleinstfahrzeug trotz geringerer Außenabmessungen seinen Insassen einen sicheren Überlebensraum bieten. Im Visio.M wird dieser durch eine steife Fahrgastzelle gebildet, die aus mit Carbonfasern verstärktem Kunststoff besteht. Als vordere und hintere Knautschzone dienen hochfeste Aluminium-Profile. Alle Crash-Tests hat das Fahrzeug bestanden.

Da sich die Fahrgastzelle beim Aufprall nicht verformt, fanden die Forscher ganz neue Wege zum Schutz der Insassen. So erkennt ein ausgefeiltes Kamera- und Radarsystem schon vor dem Aufprall die Gefahr und aktiviert die Insassen-Schutzsysteme. Das sind nicht nur Airbags und Straffung der Anschnallgurte, sondern auch ein automatisches Verschieben der Sitze weg von der gefährdeten Außenseite.

Frontalaufprall mit 64 km/h auf ein deformierbares Hindernis mit 40ersatz (nach EURO-NCAP) nach 50 Millisekunden.

Crashtest mit dem Visio.M

Foto: IAV GmbH

Modernste Elektronik

Aber nicht nur beim Unfall ist modernste Elektronik im Einsatz. Der ganze Wagen ist so etwas wie ein Computer, der über eine Cloud Daten austauscht und analysiert. Mit aktuellen Dienstleistungen aus der Cloud zu Verkehrsfluss, Topographie und Wetterverhältnissen kann zum Beispiel die energieeffizienteste Route berechnet, die verbleibende Reichweite genau bestimmt werden und Ladevorgänge mit den Bedürfnissen des Fahrers koordiniert werden.

Um den Rückweg sicherzustellen, könnte sich die Navigation direkt an freien Ladestationen orientieren und diese für die voraussichtliche Ankunftszeit auch direkt reservieren. Der Ladevorgang kann mit dem Smartphone aus der Ferne überwacht und gesteuert werden. Schließlich ist die private Musiksammlung in der Cloud gespeichert.

Fahrspaß und Komfort

Johanna Wanka- Bundesministerin für Bildung und Forschung fährt das von der TUM entwickelte Elektrofahrzeug ' VisioM ' bei ihrem Besuch an der Fakultät Maschinenwesen in Garching.

Bundesministerin Wanka im Visio.M

Foto: Uli Benz / TUM

Auch für eine optimale Nutzung von Wärmeenergie ist gesorgt und damit mit einer sehr effizienten Heizung. Insgesamt also ist für Fahrspaß und Komfort gesorgt, wovon sich Bundesforschungsministerin Johanna Wanka bereits überzeugt hat. "Wenn man am Steuer des "Visio.M" sitzt, wird die Elektromobilität greifbar", sagte sie dem Magazin Auto Motor Sport. "Die Wirtschaftlichkeit dieses Fahrzeugs überzeugt mich. Und wenn man sich vor Augen führt, wie rasant sich die Mobilität entwickelt, gerade auch im städtischen Umfeld, sehe ich einen steigenden Bedarf nach umweltschonenden und alltagstauglichen Fortbewegungsmöglichkeiten.“

Ob der "Visio.M" tatsächlich bei einem großen Autohersteller in die Serienproduktion geht, ist offen. Immerhin haben die Münchner Forscher so viele innovative Komponenten entwickelt, dass die Erkenntnisse die Entwicklung preisgünstiger Elektrofahrzeuge voranbringen werden.