Sind Tätowierungen gefährlich?

Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) Sind Tätowierungen gefährlich?

Wer sich tätowieren lässt - ein wachsender Trend bei jungen und nicht mehr ganz so jungen Menschen -, lässt sich Farbstoffe injizieren. Ist dies ein Gesundheitsrisiko? Um diese und viele andere Fragen kümmert sich das Bundesinstitut für Risikobewertung.

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BfR Jahresbericht Tattoo Studio Tattoostudio

Tatöwieren liegt im Trend

Foto: BfR

Kosmetika trage ich auf die Haut auf. Sie enthalten in der Regel Substanzen, die nicht durch die Hautschichten dringen und daher nicht in den Körper gelangen. Das ist beim Tätowieren anders. Hier kommen die Farbstoffe in gut durchblutete Hautschichten und können daher durch die Blutbahn an andere Stellen im Körper gelangen.

Tätowiermittel wandern

Untersuchungen insbesondere an Leichen – Tierversuche sind für kosmetische Stoffe verboten – zeigen, dass sich Jahre nach dem Tätowieren oftmals nur noch um die zehn bis dreißig Prozent der injizierten Pigmente dort befinden, wo sie eingebracht wurden. Über den Verbleib der anderen 70 bis 90 Prozent gibt es kaum Erkenntnisse. So fanden sich in Lymphknoten Substanzen, die nur aus den Tätowiermitteln stammen können.

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Laborarbeit im BfR

Foto: BfR

Stellt dies ein Gesundheitsrisiko dar? Diese Frage will das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) beantworten, wie sein Präsident, Professor Hensel, betont. Aufgabe der Forschungseinrichtung, die dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft untersteht, ist die Einschätzung von Risiken durch Substanzen, die in Lebens- oder Futtermitteln oder Produkten des täglichen Bedarfs sowie Kosmetika enthalten sind.

Krankheitsrisiken abschätzen

So untersucht das Institut selbst Tätowiermittel oder lässt diese von anderen Einrichtungen analysieren. Die vielfältigen Inhaltsstoffe in den Farben werden dann danach beurteilt, ob Krankheitsrisiken dafür jeweils bekannt sind. Insbesondere Metalle in den Farbstoffen können Allergien auslösen. Ob langfristige Krankheitsrisiken bestehen, ist noch nicht bekannt.

"Die bloße Anwesenheit eines Stoffes in kleiner Konzentration ist noch nicht relevant, sondern die Frage ist, was bedeutet das für die Gesundheit des Menschen", erklärt Hensel. Ein Stoff kann in so geringer Menge in den Körper gelangen, dass das BfR ein gesundheitliches Risiko ausschließt. Trotzdem sind die Hersteller der Farben sehr an den Ergebnissen interessiert, um riskante Stoffe durch unbedenkliche zu ersetzen.

BfR Interview Professor Dr. Dr. Andreas Hensel, Präsident des Bundesinstituts für Risikobewertung

Das Institut geht aber noch einen Schritt weiter und informiert die Öffentlichkeit. So sollten nach seiner Auffassung gerade Jugendliche davon erfahren, dass der heute moderne Körperschmuck nicht risikolos ist.

Gesundheitlicher Verbraucherschutz

Das BfR arbeitet für den gesundheitlichen Verbraucherschutz im Auftrag der Bundesregierung. Damit die Bewertungen unbeeinflusst von politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Interessen erfolgen können, ist das Institut bei seinen Bewertungen unabhängig.

BfR - Artikel Dr. Schmidt

Hauptstandort des BfR in Berlin Jungfernheide

Foto: BfR

Das Institut beurteilt die biologische und stofflich-chemische Sicherheit von Lebensmitteln, Futtermitteln und Stoffen - beispielsweise Chemikalien, Pflanzenschutzmitteln, Bioziden und von ausgewählten Produkten. Das können Bedarfsgegenstände wie Textilien oder Lebensmittelverpackungen sein ebenso wie Kosmetika und Tabakerzeugnisse.

Dabei gehen die Untersuchungen auch noch weiter. Das BfR kann die Herkunft eines riskanten Stoffs anhand von Warenketten zurückverfolgen. Wie wichtig das ist, zeigt der Ausbruch der lebensgefährlichen EHEC-Infektionen vor fünf Jahren. Mehr als 4.000 Menschen erkrankten, 53 starben. Bockshornkleesamen waren mit dem Erreger in Berührung gekommen. Wie und wo weiß man bis heute nicht. Offenbar kamen die verunreinigten Samen aus Ägypten und wurden in einem niedersächsischen Gartenbaubetrieb und von Privatpersonen zur Sprossenproduktion verwendet.

Warenketten analysieren

Um Warenketten in Deutschland und Europa nachverfolgen zu können, sind die Lebensmittel- und Futtermittelunternehmen verpflichtet, alle Zulieferer und Empfänger ihrer Produkte zu dokumentieren. Bei einer Rückverfolgungsuntersuchung werden diese Dokumente von den zuständigen Behörden abgefragt. Das beginnt mit den Unternehmen, die in Frage kommende Waren direkt an die mit demselben Erreger erkrankten Beteiligten verkauft haben. Auf diese Weise können Schritt für Schritt die relevanten Warenketten zurückverfolgt und dadurch möglicherweise die Quelle des Erregers gefunden werden.

Projekt zu Warenketten

Symbolisierung von Warenströmen

Foto: BfR

Wir beziehen heute zunehmend Nahrungs- und Futtermittel aus der ganzen Welt. So führt der Kostendruck im Lebensmittelhandel dazu, dass auch zunehmend Fleischprodukte aus Ländern außerhalb der EU importiert werden. Es kann nicht immer sichergestellt werden, dass die Überwachungssysteme außereuropäischer Länder deutschen bzw. europäischen Standards entsprechen. Das Forschungsvorhaben "Zoonosen und Lebensmittelsicherheit entlang globaler Warenketten (ZooGlow)" befasst sich daher mit Gefahren durch verunreinigte Schweine- und Geflügelfleischerzeugnisse. Mögliche Schadenszenarien werden durchgespielt. So sollen Strategien zur Vermeidung von Krankheitsausbrüchen sowie zum Management und zur Risikokommunikation im Fall eines Ausbruchs erarbeitet werden.

Um die Herkunft von Produkten zu ermitteln, bieten Forscher des BfR ein frei zugängliches Programm und eine Datenbank an, mit dem sich internationale Warenketten nachvollziehen lassen. Die Ergebnisse des Forschungsvorhabens sollen helfen, Krankheitsausbrüche durch Erreger in Lebensmitteln zu vermeiden und im Fall eines Ausbruchs geeignete Maßnahmen zum Schutz der Verbraucher zu treffen.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung wurde als rechtsfähige Bundesbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gegründet. Zentrale Aufgabe ist die wissenschaftliche Risikobewertung von Lebens- und Futtermitteln sowie von Stoffen und Produkten als Grundlage für den gesundheitlichen Verbraucherschutz der Bundesregierung. Das BfR ist in seiner Forschung, seinen Bewertungen, Empfehlungen und seiner Kommunikation per Gesetz unabhängig von wirtschaftlichen und auch politischen Interessen.

Das Institut hat keine Überwachungsfunktion. Es ist aber in eine Reihe von Anmelde- und Zulassungsverfahren eingebunden. Die Risikobewertung erfolgt auf der Grundlage international anerkannter wissenschaftlicher Bewertungskriterien. Basierend auf den Ergebnissen der Risikoanalyse formuliert das Institut gegebenenfalls Handlungsoptionen zur Risikominderung.