Schluss mit der Wegwerfgesellschaft

EU-Woche der Abfallvermeidung Schluss mit der Wegwerfgesellschaft

Zum siebten Mal findet Europas größte Kampagne rund um Abfallvermeidung und Wiederverwendung statt. Unter dem Motto "Verpackungsabfälle vermeiden" finden noch bis 27. November allein in Deutschland über 500 Aktionen statt – so viele wie noch nie.

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Eine Passantin wirft einen Einweg-Kaffeebecher in eine überfüllten Mülleimer.

Plastikmüll

Foto: picture alliance/Photoshot

Abfall vermeiden – wiederverwenden – recyceln – verwerten – beseitigen. Diese Hierarchie beschreibt, wie heute in Deutschland mit Abfällen verfahren wird. Früher ging es nur darum, Abfälle zu beseitigen. Heute hat man erkannt, dass Abfälle wertvolle Rohstoffe sind – und dass schlichte "Entsorgung" die Umwelt erheblich belastet.

Europaweite Aktionswoche gegen die "Wegwerfgesellschaft"

In allen europäischen Ländern beschäftigen sich in der Woche vom 19. bis 27. November 2016 Hersteller und Bildungseinrichtungen mit dem Thema "Verpackungsabfälle vermeiden". In Deutschland bieten viele Bäckereien und Cafés statt "Coffee to go" umweltfreundliche Mehrweg-Alternativen an, Supermärkte informieren über verpackungsarmes Einkaufen. Aufklärungsarbeit findet in Schulen, Behörden und auf öffentlichen Plätzen statt. Über 50 Repair-Cafés öffnen ihre Türen und zeigen, dass vieles, was oft weggeschmissen wird, repariert werden kann.

Hintergrund dafür ist, dass die EU-Kommission bereits im Jahr 2005 die thematische Strategie für Abfallvermeidung und -recycling beschlossen hat. Darin wird festgestellt, dass eine fortschrittliche Abfallentsorgung und Ressourcennutzung volkswirtschaftliche, meist auch betriebswirtschaftliche Vorteile und signifikante Beschäftigungseffekte mit sich bringt. Allerdings erweist es sich als schwierig, geltendes Recht und angestrebte Standards für Entsorgung oder Recycling von Abfällen in den Mitgliedsstaaten gleichermaßen umzusetzen. Vor dem Hintergrund der Klimaschutzziele kommt der Abfallvermeidung zudem eine hohe Bedeutung zu.

Die Woche der Abfallvermeidung ist daher eine wichtige Kampagne, um Verbraucher und Hersteller auf dieses Thema und eigene Handlungsmöglichkeiten aufmerksam zu machen.

Mehr oder weniger Abfall?

Das Statistische Bundesamt hat festgestellt, dass in Deutschland das Abfallaufkommen im Jahr 2014 im Vergleich zum Jahr 2000 um rund 14 Prozent gesunken ist. Aber dieser Rückgang ist hauptsächlich auf die Abnahme der Bau- und Abbruchabfälle zurückzuführen. Denn die Menge an Verpackungsmüll ist vielmehr gestiegen. Laut Angaben des Umweltbundesamtes (UBA) zwischen 1996 und 2014 um über 30 Prozent.

Bei privaten Haushalten sind dies vor allem Verpackungen für Getränke, Nahrungsmittel und Haustierfutter. Die Produkte binden nur zwölf Prozent der Konsumausgaben, führen aber zu fast 68 Prozent des Verpackungsmülls. Singles – vom Studenten bis zur Seniorin – wählen beim Einkauf eher kleinere Verpackungseinheiten und vorportionierte Produkte. So entsteht pro Kopf mehr Abfall.

Ob Nudelbox, Salat oder belegte Sandwiches aus dem Supermarkt: Beim Verzehr fällt Verpackungsmüll an. Denn immer mehr Menschen kaufen Getränke oder Essen unterwegs oder lassen sich Gerichte nach Hause liefern. Allein für Pizza zum Mitnehmen stiegen die Verpackungsabfälle beispielsweise in den Jahren von 2000 bis 2012 um 170 Prozent.

Das Bundeskabinett hat das Abfallvermeidungsprogramm des Bundes am 31. Juli 2013 verabschiedet. Damit wurden erstmals systematisch und umfassend zielführende Ansätze der öffentlichen Hand zur Abfallvermeidung in Form von Empfehlungen konkreter Instrumente und Maßnahmen erfasst.

Der Verbraucher ist gefragt

Abfallvermeidung beginnt beim Einkauf: Korb oder Einkaufstasche statt Plastik- oder Papiertüte, lose Waren statt aufwendig verpackter Produkte, Mehrweg- statt Einwegflaschen oder Dosen. Schon mit ganz einfachen Mitteln kann man dazu beitragen, Abfall zu vermeiden und die Umwelt zu schonen.

Dazu gehört auch die Mülltrennung: Batterien, Farben, Lacke oder alte Elektrogeräte gehören auf keinen Fall in den Hausmüll. Überall gibt es Wertstoffbehälter, zu denen der Weg kurz ist. So können Papier, Glas, und Plastik getrennt werden. All diese Stoffe können aufbereitet und wiederverwertet werden. So entstehen – umweltschonend – neue Produkte. Ein Beispiel: Aus 35 Mehrwegflaschen aus Polyethylenterephthalat (PET) kann ein Fleece-Pullover der Größe L hergestellt werden.

Die Erzeuger tragen Verantwortung

Abfallvermeidung fängt beim Erzeuger an. Hersteller und Händler müssen ihre Produkte so gestalten, dass bei der Produktion und beim späteren Gebrauch möglichst kaum Abfälle entstehen und Reststoffe umweltverträglich weiterverwertet oder beseitigt werden können. Die rechtlichen Grundlagen hierfür hat die Bundesregierung mit dem Kreislaufwirtschafts-/Abfallgesetz und dem Bundes-Immissionsschutzgesetz geschaffen.

Produktverantwortung wurde für Verpackungen, Alt-Autos, Elektro- und Elektronik-Altgeräte, Batterien und Alt-Öl eingeführt. Der Handel hat sich selbst verpflichtet, auf Plastiktüten ein Entgelt zu verlangen und hat so den Verbrauch signifikant gesenkt.

Klimaschutzziel 2020: Siedlungsabfälle vollständig verwerten

Bis zum Jahr 2020 sollen Siedlungsabfälle zu 65 Prozent recycelt werden. Der Rest soll energetisch zur Stromerzeugung verwertet werden. Das Ziel ist, keinen Abfall mehr klimaschädlich zu deponieren. Die Bundesregierung will die Abfall- und Kreislaufwirtschaft in den nächsten Jahren zu einer nachhaltigen ressourceneffizienten Stoffstromwirtschaft weiterentwickeln. Dafür müssen Abfälle zunächst konsequent getrennt werden. Die im Abfall gebundenen Stoffe und Materialien sollen danach vollständig genutzt werden.

Rohstoffe sollen zunehmend recycelt werden. So gehen zum Beispiel jährlich tonnenweise kostbare Rohstoffe wie Kupfer oder Platin dem deutschen Rohstoffkreislauf verloren, weil aussortierte oder defekte Elektrogeräte ins Ausland verbracht werden. Die Bundesregierung setzt sich für eine klare europäische Regelung ein, dass nur funktionstüchtige Geräte exportiert werden dürfen.