Runder Tisch für vorgezogene Wahlen

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28. Januar 1990 - Auf dem Weg zur Deutschen Einheit Runder Tisch für vorgezogene Wahlen

28. Januar 1990: Der zentrale Runde Tisch in Ostberlin entscheidet, die Volkskammerwahlen vom 6. Mai auf den 18. März 1990 vorzuverlegen. Tags darauf unterbreitet Regierungschef Hans Modrow diesen Vorschlag offiziell der DDR-Volkskammer.

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Sitzung des Zentralen Runden Tischs im Schloss Niederschönhausen mit Mitgliedern der DDR-Übergangsregierung Modrow und Vertretern der Kirchen, Parteien und Organisationen.

Sitzung des Zentralen Runden Tischs im Schloss Niederschönhausen mit Mitgliedern der DDR-Übergangsregierung Modrow und Vertretern der Kirchen, Parteien und Organisationen.

Foto: Bundesregierung/Lehnartz

Zum ersten Mal wirklich auswählen können

Die politische und wirtschaftliche Situation in der DDR verschlechtert sich rasant. Vielen erscheint es fraglich, ob die DDR am ursprünglich geplanten Wahltag, am 6. Mai, überhaupt noch existieren würde. Und so entscheiden sich die Vertreter von Regierung und Opposition, die Volkskammerwahl vorzuverlegen.

Es ist der Anfang vom offiziellen Ende der DDR: Mit nüchternen Worten unterbreitet DDR-Ministerpräsident Modrow einen Tag später den Volkskammer-Delegierten den Vorschlag: Neuwahlen schon am 18. März. An der Wahlurne sollen die Bürger dazu beitragen "...die Situation zu bessern, zu beruhigen, zu stabilisieren."

"Die gegenwärtige Regierungskoalition erweist sich zunehmend als zerbrechlich", sagt Modrow. "Die ökonomischen und sozialen Spannungen in der Gesellschaft haben zugenommen und berühren bereits das tägliche Leben vieler Menschen."

Ein Land am Abgrund

Im Volk schwelt es, die Wirtschaft ist zerrüttet. Überall in der DDR werden Forderungen nach höheren Löhnen, Renten, Urlaubsansprüchen laut, während die Volkswirtschaft lahmt. Streiks und eine ungebrochene Ausreisewelle schwächen das Land.

"Alle Maßnahmen und Appelle der Regierungen haben es bisher nicht vermocht, diesen Aderlass aufzuhalten", sagt Modrow in Hinblick auf die Ausreisenden. Auch auf höchster politischer Ebene ist nun die Sorge zur Einsicht gereift: Es geht nicht mehr. Die Volkskammer nimmt Modrows Vorschlag an.

Wahlkampf zur Wiedervereinigung

Was bei manchem Abgeordneten pure Bestürzung weckt, lässt andere Menschen hoffen: Neuwahlen, jetzt werden die Karten neu gemischt. Um Kandidaten zu bestimmen, Plakate zu kleben, Programme aufzustellen, bleiben keine 50 Tage mehr. Doch das bestimmende Thema des bevorstehenden Wahlkampfes ist im Januar ohnehin schon allgegenwärtig: die Wiedervereinigung Deutschlands.

Um den Einzug in die Volkskammer bewerben sich 24 Parteien, politische Vereinigungen und Bündnisse. Anders als bei allen Volkskammerwahlen zuvor treten die Bewerber nicht mehr auf einer gemeinsamen Liste, sondern gegeneinander an. Zum ersten Mal sollen die Wählerinnen und Wähler wirklich auswählen können.

Neben Politikern und Oppositionellen aus der DDR treten auch viele bundesdeutsche Spitzenpolitiker bei den Wahlkampfveranstaltungen auf. So spricht Bundeskanzler Helmut Kohl in Erfurt und fünf weiteren Städten. Auch der ehemalige Bundeskanzler Willy Brandt kommt nach Erfurt, wo er sich bereits 1970 mit dem damaligen DDR-Ministerpräsidenten Willy Stoph getroffen hatte.