Rückzug schwerer Waffen vereinbart

Ukraine-Krise Rückzug schwerer Waffen vereinbart

Beim Treffen der Außenminister Russlands, der Ukraine, Frankreichs und Deutschlands haben sich die Konfliktparteien auf einen Abzug schwerer Waffen verständigt. Außenminister Steinmeier sagte, die Einigung bedeute "keinen Durchbruch", es habe aber "wahrnehmbare Fortschritte" gegeben.

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Bei ihrem vierten Treffen im "Normandie-Format" haben die Außenminister Russlands, der Ukraine, Frankreichs und Deutschland Fortschritte erzielt. So soll unter anderem die Kontaktgruppe in den nächsten Tagen wieder zusammenkommen.

Nach den mehrstündigen Verhandlungen äußerte sich Steinmeier vorsichtig: "Sollte es tatsächlich zur Realisierung dessen kommen, was wir heute vereinbart haben, dann sind wir jedenfalls heute ein Stück näher an dem Gipfel in Astana."

Menschenleben schonen - Truppen entflechten

Angesichts der zahlreichen Todesopfer nach erneuten schweren Kämpfe in der Donbass-Region einigte man sich in einer Gemeinsamen Erklärung in drei wichtigen Punkten:

  • Die Konfliktparteien stellen die Feindseligkeiten ein und ziehen ihre schweren Waffen zurück.
  • Die Rückzugs- bzw. Demarkationslinie entspricht dabei den Vereinbarungen von Minsk.
  • Die OSZE kontrolliert die Umsetzung der Maßnahmen.

Die Bedingungen für einen tatsächlichen Waffenstillstand müssten rasch hergestellt werden, um humanitäre Hilfe leisten und Gefangene austauschen zu können. Russland habe zugesagt, den hierfür notwendigen Einfluss auf die Separatisten auszuüben.

Die sogenannte Kontaktgruppe aus OSZE, Vertretern der Regierungen Russlands, der Ukraine und prorussischen Separatisten müsse schnellstmöglich zusammenkommen. In Arbeitsgruppen sollten dann konkrete weitere Schritte vereinbart werden.

Nach dem Aufflammen neuer Kämpfe in der vergangenen Woche hatte Steinmeier eine "bedrohliche Lage" in der Ostukraine konstatiert. Auf Wunsch der Ukraine und Russlands hatte er deshalb seine Amtskollegen Laurent Fabius, Sergej Lawrow und Pawlo Klimkin nach Berlin eingeladen, um erneut Wege zu einer politische Lösung zu suchen. Im Vorfeld des Treffens hatten Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzlerin Angela Merkel alle Konfliktparteien zu Kompromissbereitschaft aufgerufen. Zentrales Ziel bleibt die Umsetzung des Minsker Abkommens.

Der Eskalation entgegenwirken

Der deutsche Außenminister mahnte die Dringlichkeit einer Waffenruhe an: "Den Preis dafür, dass es keine Umsetzung der Minsker Vereinbarung gibt, zahlen die Menschen in der Region: Diejenigen, die dort täglich sterben, verletzt werden und unter mangelnder Versorgung leiden." Nicht nur die Menschen litten, auch die Wirtschaft in der Ukraine und in Russland werde erheblich beeinträchtigt. "Das ist ein Zustand, der so nicht anhalten kann", bekräftigte Steinmeier.

"Es geht jetzt vor allem darum, eine weitere Verschärfung der militärischen Auseinandersetzungen und dann auch eine erneute politische Eskalation zwischen Kiew und Moskau zu verhindern. Das ist jede Anstrengung wert", hatte der Minister im Vorfeld der gestrigen Begegnung erklärt.

Im Zentrum: das Minsker Abkommen

"Obwohl die Lage sehr schwierig ist, finde ich es richtig, dass sich die vier Außenminister treffen", hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Rande ihres Treffens mit dem aserbaidschanischen Präsidenten Aliyev in Berlin erklärt. Ziel sei auch zu überlegen: "Gibt es Fortschritte bei einer Vorbereitung eines eventuellen Vierer-Gipfels dann auch in Astana?" Diesbezüglich warnte die Kanzlerin: "Wir wollen nicht wieder ein Treffen auf der Ebene der Präsidenten, das zum Schluss keine Ergebnisse bringt."

Schließlich habe sich in den letzten Tagen herausgestellt, "dass der Waffenstillstand brüchiger und brüchiger wird und dass wir uns im Augenblick eher von dem Minsker Abkommen entfernen, als dass wir uns auf das Minsker Abkommen zubewegen." Dieses sei jedoch "nach wie vor die Grundlage der Gespräche", betonte Merkel. Bislang hätten sich sowohl die Ukraine als auch Russland immer zum Minsker Abkommen bekannt. "Ich hoffe, dass das auch so bleibt."

Am 6. Juni 2014 traf sich Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Wladimir Putin, Petro Poroschenko und François Hollande am Rande des Weltkriegs-Gedenkens in der Normandie. Es war die erste Begegnung der Staatschefs Russlands und der Ukraine seit Beginn der Krise. Seither werden die Treffen mit Beteiligten der vier Länder "Normandie-Format" genannt. Ein weiteres Treffen der Staats- und Regierungschefs in Astana, der Hauptstadt Kasachstans, hängt von Verhandlungsfortschritten ab.

Gefährliche Zuspitzung

Regierungssprecher Steffen Seibert hatte am Mittwoch bekräftigt, die Bemühungen der Bundesregierung gingen unermüdlich weiter, zu diplomatischen Lösungen beizutragen. Man verfolge in Berlin mit großer Sorge, wie sich die Kampfhandlungen rund um den Flughafen von Donezk verschärften. "Dafür tragen die Separatisten durch ihren Versuch Ende vergangener Woche, diesen Flughafen einzunehmen, eine besondere Verantwortung - entgegen der vereinbarten Waffenruhe", stellte Seibert klar und appellierte an alle Konfliktparteien, die vereinbarte Feuerpause zu respektieren.

Außenamtssprecher Martin Schäfer ergänzte, die Bundesregierung sei "zutiefst davon überzeugt", dass es für die aktuelle Krise im Osten der Ukraine "ganz sicher keine militärische Lösung" gebe. "Weder die Separatisten, noch der ukrainische Staat - so glauben wir - wird bis auf Weiteres diesen Konflikt militärisch gewinnen können. Das geht nicht. Sondern es gibt nur eine politische Lösung, die durch Dialog auf den Weg gebracht werden muss."

Kompromisse notwendig

Im Anschluss an den EU-Außenministerrat, der am 19. Januar in Brüssel zu Ende ging, hatte Steinmeier die gegenwärtigen Probleme in der Ukraine-Krise geschildert. Trotz intensiver Kontakte blieben die Verhandlungen mit den Konfliktparteien "ein mühsames Geschäft". Der Minister erläuterte: "Wir sind in der Situation, dass sich alle Seiten täglich und wöchentlich auf das Minsker Protokoll beziehen, das auch alle Seiten als Grundlage des weiteren politischen Vorgehens begreifen. Allein: Bei der Umsetzung kommen wir nicht genügend schnell, in manchen Bereichen gar nicht vorwärts."

Einer der wichtigen Punkte, "der entscheidend ist für alles weitere, was danach kommt", ist laut Steinmeier die Fixierung der sogenannten Entflechtungslinie entsprechend der Minsker Vereinbarungen vom September 2014. Sie sei die Voraussetzung dafür, zu einer Entzerrung der kämpfenden Verbände zu kommen. Sie sei auch die Voraussetzung dafür, OSZE-Beobachtermissionen vor Ort bringen und humanitäre Hilfe leisten zu können.

Es seien Kompromisse erforderlich, "die man als schmerzhaft empfunden mag, die aber notwendig sind im Sinne eines fairen, vernünftigen Gebens und Nehmens, um einer Lösung näherzukommen", so Außenamtssprecher Schäfer am Mittwoch.