Vermittlung von Senioren-Jobs
Um die Rente aufzubessern oder aus Spaß an einer Beschäftigung: Immer mehr Menschen im Ruhestand wollen arbeiten. Doch wie den passenden Job finden? Neben privaten Vermittlungsstellen gibt es auch kommunale Angebote. Das Netzwerk „Beruf: Rente - Seniorenjobs in Mainz-Bingen“ ist eine davon.
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Endlich in Rente: Das heißt viel Zeit für den Garten, die Enkel oder zum Reisen. Doch nicht alle Menschen, die Rente beziehen, wollen auf eine Beschäftigung verzichten. Sei es um sich etwas hinzuzuverdienen, unter Menschen zu sein oder einfach eine sinnvolle Aufgabe zu haben.
Vom Modellprojekt zum Netzwerk
Beispiel Kreis Mainz-Bingen: Wie vielerorts in Deutschland werden auch hier Arbeitskräfte gesucht. Die ländliche Region im Osten von Rheinland-Pfalz ist geprägt von Weinbergen und kleinen Winzerdörfern. In den zahlreichen Weingütern werden zum Beispiel Leute gebraucht, die als Bedienung in den Straußenwirtschaften oder als Hofhelfer arbeiten. Auch ältere Menschen im Ruhestand sind hier als Beschäftigte willkommen. Doch wie finden beide Seiten zueinander?
Der Senioren-Beirat des Landkreises Mainz-Bingen hat das Problem vor einigen Jahren erkannt und 2016 das vierjährige Modellprojekt „Vermittlungsstelle Seniorenjobs“ gestartet. Das Ziel: Seniorinnen und Senioren zu unterstützen, die eine bezahlte oder ehrenamtliche Tätigkeit ausüben möchten.
Als das erfolgreiche Projekt 2020 auslief, wurde es zum Netzwerk „Beruf: Rente – Seniorenjobs in Mainz-Bingen“ weiterentwickelt. Unter anderem wurde die bestehende Jobbörse für Angebote und Gesuche zu Seniorenjobs ab 2021 zu einem onlinebasierten Informationsangebot ausgebaut. Seither können auch ehrenamtliche Tätigkeiten gesucht und angeboten werden.
Jobbörse im Internet
Und so funktioniert das Internet-Portal: Über die Website „Beruf: Rente – Seniorenjobs in Mainz-Bingen“ können sich etwa Betriebe, Geschäfte, Einrichtungen und auch Vereine, die einen Job anbieten, sowie Jobsuchende in einer Datenbank registrieren. „Wer keine Möglichkeit hat, den Eintrag am Computer vorzunehmen, dem übersenden wir nach Anforderung die jeweiligen Formulare gerne per Post“, erklärt Ute Poßmann von der Kreisverwaltung Mainz-Bingen, die das gesamte Konzept erarbeitet hat. Für Fragen oder nähere Informationen können auch persönliche Gesprächstermine vereinbart werden. Die Anfragen zu den Angeboten und Gesuchen laufen per E-Mail auf. „Wir leiten dann jeweils die Kontaktdaten entsprechend weiter. Alles weitere verhandeln danach die potenziellen Arbeitgeber und Arbeitnehmer unter sich.“
Netzwerkarbeit wichtig
Die vielen Krisen in vergangener Zeit – die Corona-Pandemie, dann Inflation, Ukraine-Krieg, Energie-Krise – haben sich auf dem Vermittlungsportal bemerkbar gemacht. Das Angebot fahre seit Januar 2021 auf „Sparflamme“, die Anzahl der vermittelten Kontaktdaten sei überschaubar, sagt Poßmann. Dafür soll nun verstärkt die Netzwerkarbeit durchstarten. „Nur wenn unser Angebot vor Ort bekannt wird, können Interessierte, die davon profitieren wollen, sich bei uns melden.“
Hier wird die 55-Jährige selbst aktiv. Sie nimmt Kontakt auf zu sogenannten Netzwerkpaten, die bei potenziellen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern und bei Seniorenjobbern für das Programm werben sollen. Netzwerkpaten sind zum Beispiel die Bürgermeister der Ortschaften. „Sie kennen vor Ort oft die Betriebe und wissen genau, wer gerade jemanden sucht.“ Außerdem geht die Verwaltungsangestellte in Gemeinderatssitzungen, oder sie organisiert Infoveranstaltungen für interessierte Rentnerinnen und Rentner. Außerdem spricht sie mit den Volkshochschulen, die über ihre Kurse für bestimme Bereiche qualifizieren, zum Beispiel um im Pflegebereich aushelfen zu können.
Ehrenamt beliebt
Viele Ruheständler in der Region wollen außerdem ehrenamtlich arbeiten. Deshalb hat das Netzwerk die Kontaktvermittlung über die Jobbörse auf diese Tätigkeiten ausgeweitet. „Vor allem Sportvereine suchen dringend Leute, wie zum Beispiel Kassierer“, sagt Poßmann. Aber es gibt auch die Großmutter, die auf zwei Schulkinder aufpasst, weil ihre Mutter das Studium wieder aufgenommen hat. Oder Menschen, die einen Angehörigen pflegen, und Unterstützung im Haushalt oder beim Einkaufen brauchen.
Die Beweggründe, warum Seniorinnen und Senioren arbeiten, sind unterschiedlich. Aus ihrer eigenen Erfahrung kann Poßmann sagen, dass viele Menschen im Ruhestand einfach Lust haben, nach dem Arbeitsleben etwas Neues zu machen. „Oft stecken die Leute ja in Berufen, die sie ein Leben lang machen. In der Rente können sie dann oft das ausprobieren, was sie immer schon mal tun wollten.“
2018 gingen laut einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 15 Prozent der 65- bis 69-jährigen einer Arbeit nach. Bei den 70- bis 74-jährigen waren es 13 Prozent und bei den noch älteren Rentnerinnen und Rentnern 2 Prozent. Mehr als 90 Prozent nannten als Grund ihrer Erwerbsarbeit etwa Spaß an der Arbeit, das Bedürfnis nach einer sinnvollen Aufgabe oder sozialen Kontakten. Bei 43 Prozent spielten auch finanzielle Motive eine Rolle.
Mehr Informationen zum Thema Rente und Arbeiten finden Sie auf unserer Themenseite „Länger arbeiten“.