Regierungspressekonferenz vom 21. Januar 2022

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Im Wortlaut Regierungspressekonferenz vom 21. Januar 2022

Themen: Termine des Bundeskanzlers (Treffen des Bundeskanzlers mit den Regierungschefs und -chefinnen der Länder zur aktuellen Lage der Coronapandemie, Empfang des französischen Staatspräsidenten, Kabinettssitzung, Empfang des israelischen Parlamentspräsidenten der Knesset, Kranzniederlegung im Stelenfeld des Denkmals für die ermordeten Juden Europas, Gedenkstunde des Deutschen Bundestags für die Opfer des Nationalsozialismus, Gespräch mit dem Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland), Teilnahme der Bundesaußenministerin am Treffen der Außenministerinnen und Außenminister der EU, Treffen der Bundesentwicklungsministerin mit Chefinnen und Chefs von internationalen Organisationen, Presseberichte über eine Einladung des US-Präsidenten an den Bundeskanzler, Konflikt zwischen Russland und der Ukraine, Nord Stream 2, Lage in Bosnien-Herzegowina, Berichte über Menschenrechtsverletzungen durch die libysche Küstenwache und Marine bei der Rettung von Geflüchteten, Verhängung eines Flugverbots in Mali, Taxonomie, Abschaffung der EEG-Umlage, Forderung des Zentralrats der Juden in Deutschland nach neuen rechtlichen Regelungen zur Verhinderung von Veranstaltungen von BDS in öffentlichen Räumen, Lage der afghanischen Ortskräfte des BMZ, mögliche Einflussnahme des damaligen Bundesinnenministers auf ein Gutachten des Bundesamtes für Verfassungsschutz über die AfD, Menschenrechtslage in Ägypten, sexualisierte Gewalt an Kindern/Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche, geplante Übernahme von Siltronic durch Globalwafers

  • Mitschrift Pressekonferenz
  • Freitag, 21. Januar 2022

Sprecher: SRS’in Hoffmann, Sasse (AA), Fichtner (BMZ), Kautz (BMG), Helmbold (BMVg), Ungrad (BMWK), Zimmermann (BMJ), Stolzenberg (BMUV), Kalwey (BMF), Lawrenz (BMI)

Vorsitzende Wefers eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS’in Hoffmann sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

SRS’in Hoffmann: Erst einmal guten Tag hier in die Runde! Ich beginne mit den Terminen des Bundeskanzlers in der kommenden Woche.

Wie bei der letzten Videoschaltkonferenz Anfang Januar vereinbart, werden Bundeskanzler Scholz und die Regierungschefinnen und -chefs der Länder am kommenden Montag, dem 24. Januar, wieder zusammenkommen, um über die Pandemielage und gegebenenfalls erforderliche weitere Schritte und Maßnahmen zu beraten. Das Gespräch wird als Videoschaltkonferenz stattfinden.

Im Anschluss findet wie gewohnt eine Pressekonferenz des Bundeskanzlers gemeinsam mit dem Vorsitzenden der MPK, Ministerpräsident Wüst, und der Co-Vorsitzenden, der Regierenden Bürgermeisterin von Berlin, Giffey, statt. Die genaue Uhrzeit der Pressekonferenz steht noch nicht fest.

Am Dienstag, dem 25. Januar, wird Bundeskanzler Olaf Scholz den französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron zu einem Besuch im Bundeskanzleramt empfangen. Vor Beginn der Gespräche ist für ca. 17.45 Uhr eine gemeinsame Pressekonferenz geplant. Im Mittelpunkt des Treffens werden die Abstimmung zu Beginn der französischen EU-Ratspräsidentschaft und der deutschen G7-Präsidentschaft sowie aktuelle internationale Themen stehen. Des Weiteren wird es um die bilateralen Beziehungen gehen.

Am Mittwochmorgen um 11 Uhr findet wie üblich die Kabinettssitzung statt.

Darüber hinaus wird Bundeskanzler Scholz am Mittwoch, dem 26. Januar, nach 13 Uhr den israelischen Parlamentspräsidenten der Knesset, Mickey Levy, im Bundeskanzleramt zu einem kurzen Gespräch empfangen. Knesset-Präsident Levy reist anlässlich des Tages des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus auf Einladung der Bundestagspräsidentin nach Berlin. Präsident Levy wird am 27. Januar ab 10 Uhr an der Gedenkstunde des Deutschen Bundestages teilnehmen.

Am Donnerstag, dem 27. Januar, werden der Präsident der israelischen Knesset, Mickey Levy, Bundeskanzler Scholz und die Repräsentanten der anderen Verfassungsorgane des Bundes im Stelenfeld des Denkmals für die ermordeten Juden Europas in Berlin Kränze niederlegen. Anschließend nimmt der Bundeskanzler ab 10 Uhr an der Gedenkstunde des Deutschen Bundestags für die Opfer des Nationalsozialismus teil. Nach einer Begrüßung durch Bundestagespräsidentin Bärbel Bas werden die Holocaust-Überlebende Inge Auerbacher und der Präsident der Knesset die Gedenkreden halten.

Der Bundeskanzler wird außerdem im Rahmen der digitalen Gedenkveranstaltung der Unesco zum internationalen Holocaustgedenktag ein Videogrußwort halten.

Am Nachmittag empfängt Bundeskanzler Scholz dann den Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Herrn Josef Schuster, zu einer ersten Begegnung im Bundeskanzleramt.

Soweit von mir.

Sasse: Ich möchte Ihnen mitteilen, dass Außenministerin Baerbock am kommenden Montag am Treffen der Außenministerinnen und Außenminister der EU in Brüssel teilnehmen wird. Auf der Tagesordnung stehen vier Tagesordnungspunkte. Das ist zum einen eine Aussprache zur Situation in Syrien - auch mit Blick auf die schwierige humanitäre Lage vor Ort -, zweitens ein Austausch mit dem EU-Kreis zur Lage in Libyen, auch vor dem Hintergrund der Verschiebung der Wahlen, und drittens - das natürlich vor dem Hintergrund der aktuellen Spannungen zwischen Russland und der Ukraine und der vielzähligen zurzeit laufenden Gespräche - ein Austausch zur Sicherheitslage in Europa insgesamt. Dann gibt es noch den Tagesordnungspunkt „aktuelle Angelegenheiten“, unter dem es unter anderem um die Lage in Mali, im Sudan sowie um die Beziehungen der EU zur Indo-Pazifik-Region gehen wird.

Vor Beginn des Treffens wird Außenministerin Baerbock wie immer, ungefähr gegen 9 Uhr, ein Pressestatement abgeben. Dieses Statement wird der Streamingdienst des Ratssekretariats übertragen.

Fichtner: Ich würde vielleicht kurz die Chance nutzen, mich einmal in neuer Funktion vorzustellen. Ich habe hier achteinhalb Jahre für das BMU gesprochen. Seit Dezember spreche ich für die Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze und für das BMZ. Das ist für mich eine große Horizonterweiterung. Aber zum Glück muss ich die leidenschaftliche und engagierte Art der Zusammenarbeit mit den Fachleuten nicht missen. Die gibt es im BMZ genauso wie im BMU.

Vorsitzende Wefers: Dann sage ich noch einmal guten Start zu diesem Wechsel. Bei der Ministerin müssen Sie sich ja auch an nichts Neues gewöhnen.

Fichtner: Genau. Ich kann weiterhin „Ministerin Schulze“ sagen.

Eine Reiseankündigung: Ich darf Ihnen eine Reise von Entwicklungsministerin Schulze ankündigen. Sie wird am Montag am europäischen Sitz der Vereinten Nationen in Genf gleich sechs verschiedene Chefinnen und Chefs von internationalen Organisationen treffen. Der Tag beginnt mit einem Treffen mit dem WHO-Chef Tedros zur globalen Zusammenarbeit im Kampf gegen die Pandemie. Das wird auch ein Schwerpunkt der Treffen mit dem Globalen Fonds gegen AIDS, Tuberkulose und Malaria sowie bei dem Treffen mit dem Chef der Impfallianz Gavi sein. Weitere Treffen gibt es mit dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, Filippo Grandi, dem Generaldirektor der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) sowie der Chefin des UN-Fonds für Bildung in Krisengebieten, Yasmine Sherif.

Nach dem Treffen mit Tedros wird es um 8.45 Uhr eine virtuelle Pressekonferenz geben, für die Sie sich bei uns oder auch bei der WHO anmelden können oder die Sie auch auf Twitter verfolgen können.

Mit dieser Reise gleich zu Beginn der Amtszeit unterstreicht die Entwicklungsministerin ihren Willen, die multilaterale Entwicklungspolitik in dieser Legislaturperiode deutlich zu stärken. - Vielen Dank.

Frage (zur Ministerpräsidentenkonferenz): Eine Frage, die sich an Frau Hoffmann und Herrn Kautz richtet: Sind am Montag neue Beschlüsse und Beschränkungen zu erwarten? Der Gesundheitsminister erwartet ja den Höhepunkt der Omikronwelle Mitte Februar mit mehreren hunderttausend Infektionen. Wie plant die Bundesregierung, das Land darauf vorzubereiten?

SRS’in Hoffmann: Ich kann jetzt hier leider den Gesprächen von Montag nicht vorgreifen. Ich hoffe, dafür haben Sie Verständnis.

Herr Kautz, Sie können vielleicht noch etwas zu den Ankündigungen sagen.

Kautz: Der Minister hat ja mehrfach davon gesprochen, dass das momentan noch nicht der Höhepunkt der Omikronwelle ist, sondern dass die Welle weiter steigen wird. Er rechnet Mitte Februar mit dem Höhepunkt der Welle. Er hat von mehreren hunderttausend Infektionen pro Tag gesprochen, hat aber auch gleichzeitig gesagt, dass die Maßnahmen, die wir ergriffen haben, insofern wirken, dass die Omikronwelle uns sehr viel später erreicht und dass sich die Verdoppelungszahlen der Infektionen im Vergleich zu anderen Ländern verlängern.

Wir müssen uns trotzdem darauf einstellen, dass die Infektionszahlen so hoch steigen werden. Vor allen Dingen müssen wir uns organisatorisch darauf einstellen. Das haben wir durch die Veränderung der Quarantäneverordnung gemacht. Das wollen wir auch im Bereich der Tests tun. Das hat der Minister ebenfalls angekündigt.

Zusatz: Es ging mir um die neuen Maßnahmen, die möglicherweise kommen. Sie sagen, dass Maßnahmen greifen. Aber wenn wir trotzdem eine Vervielfachung der Zahlen sehen, könnte man ja auch sagen: Die Maßnahmen greifen nicht genug.

Kautz: Die Lagebeurteilung und die Schlussfolgerungen sind natürlich Thema der MPK am Montag. Der kann ich natürlich nicht vorgreifen.

Frage: Nur eine logistische Frage. Frau Hoffmann, Sie hatten gesagt - dafür haben wir auch Verständnis -, dass sich die Uhrzeit der Pressekonferenz natürlich nicht absehen lässt. Aber Beginn wäre wann? Gibt es auch wieder vorgeschaltet Gespräche mit den Experten?

SRS’in Hoffmann: Der Beginn - so viel kann ich sagen - ist für 14 Uhr vorgesehen.

Was das Expertengremium und dessen Äußerungen angeht, müssten Sie sich bitte an das Gremium direkt wenden.

Frage: Herr Fichtner, Sie haben ein Treffen mit der WHO angekündigt. Erwarten Sie einen Konflikt zwischen der Ministerin und dem WHO-Chef in der Frage der Patentfreigabe für Vaccine? Die Bundesregierung - das haben wir in den letzten Tagen hier gehört - möchte keine Patentfreigabe, die WHO dagegen fordert sie. Wird das ein Thema sein? Erwarten Sie diesbezüglich einen Konflikt?

Fichtner: Ob das ein Thema sein wird, kann ich jetzt natürlich noch nicht sagen. Ich glaube, da sind zwischen uns und der WHO die Gemeinsamkeiten größer als das Trennende. Wir haben gemeinsam das Ziel, dass die Impfstoffproduktion weltweit gelingt. Die Frage ist nur: Wie gelingt es in dieser Pandemie am schnellsten?

Das ist eine Frage, zu der man nicht nur Ökonomen oder Juristen hören sollte, sondern vor allem auch die, die sich mit Impfstoffproduktion auskennen. Am Ende steht eine Abwägung. Ist der Nutzen einer Patentfreigabe größer oder ist es der Schaden? Wenn man sich den potenziellen Schaden anschaut, darf man nicht vergessen, dass auch in Zukunft noch Virusmutationen oder neue Viren möglich oder wahrscheinlich sind und wir darauf angewiesen sein werden, dass Forscherinnen und Forscher oder Unternehmen schnell neue Impfstoffe entwickeln.

Es gibt in der Welt ein großes Bedürfnis nach mRNA-Impfstoffen gegen Malaria. Es wäre ein riesengroßer entwicklungspolitischer Erfolg, wenn das gelänge. Deswegen muss man auch darauf achten, dass man das Vertrauen in Patente nicht ohne Not gefährdet. Wenn Sie sich den potenziellen Nutzen angucken, sind aus unserer Sicht Zweifel angebracht. Das Patent, also das Rezept, erklärt nur einen ganz kleinen Teil des Herstellungsprozesses. Sie brauchen auch das Know-how. Das gelingt am besten zusammen mit denen, die es bisher schon können, also im Grunde mit Unternehmenspartnerschaften.

Wir kommen deswegen in der Abwägung zu dem Schluss, dass das Problem der Impfstoffverfügbarkeit jetzt am besten und am schnellsten in Partnerschaft mit den Unternehmen gelöst wird. Da sind wir schon sehr weit gekommen. Wenn wir uns die Produktionskapazitäten anschauen, lagen sie Ende 2020 bei 0,02 Milliarden Dosen, Ende 2021 bei 11 Milliarden Dosen, und für dieses Jahr prognostiziert UNICEF 41 Milliarden Dosen. Das ist also nicht mehr das Nadelöhr. Wir haben jetzt andere Engstellen. Das ist vor allem die Logistik, und da sind wir dran.

Zusatzfrage: Sie sagten, man müsse bei der Beurteilung der Frage auch auf die hören, die von der Sache etwas verstehen. Da ja die WHO sehr eindeutig positioniert ist, und zwar mit einem anderen Ergebnis als Sie für die Bundesregierung vortragen, würden Sie denn der WHO Sachkunde in der Frage der Produktion von Impfstoffen und ihren Schwierigkeiten absprechen wollen?

Fichtner: Nein. Wir sind da näher beisammen als Sie vermutlich glauben. Wir haben auch gemeinsame Projekte. Zum Beispiel unterstützen wir in Südafrika zusammen mit der WHO einen mRNA-Hub, bei dem es darum geht, das Wissen in Entwicklungsländer zu tragen und dort Menschen gezielt fortzubilden, damit auch in Zukunft in Afrika diese Impfstoffe verfügbar und auch selbst produziert werden können. Da gibt es große Gemeinsamkeiten. Die Impfstoffverfügbarkeit und Impfstoffproduktion in Afrika ist eines unserer großen Ziele. Deswegen sehen wir uns, was dieses Ziel angeht, ziemlich auf einer Linie mit der WHO.

Vorsitzende Wefers: Ich gehe weiter mit einer Frage von der Kollegin, die zur Strategie fragt: Minister Lauterbach rechnet mit bald 100 000 Neuinfektionen am Tag. PCR-Tests fehlen; die Kontaktverfolgung findet vielerorts kaum noch statt. Wodurch unterscheidet sich die Coronastrategie aktuell vom Laufenlassen?

Kautz: Ich habe eigentlich gerade schon versucht, das zu beantworten. Wir müssen mit diesen steigenden Infektionszahlen rechnen und müssen uns organisatorisch darauf einstellen. Deswegen haben wir mit der Quarantäneverordnung dafür gesorgt, dass das öffentliche Leben noch stattfinden kann, gleichwohl sicher besonders in der kritischen Infrastruktur stattfinden kann. Deswegen ändern wir das Testregime, was dazu führt, dass es kein Nadelöhr bei den PCR-Tests jedenfalls für die kritische Infrastruktur gibt. Deswegen konzentrieren wir wahrscheinlich auch die Kontaktnachverfolgung auf wichtige Bereiche, wie es heute schon passiert.

Frage: Herr Fichtner, woher weiß denn die Bundesregierung, dass eine Patentfreigabe weniger oder gar keine Innovation bei der Impfstoffherstellung bedeuten würde? Das ist ja ein sehr kapitalistischer Leitgedanke von Ihnen, oder?

Fichtner: Man kann natürlich nirgendwo nachlesen, ob das so ist. Das ist tatsächlich eine Abwägung, die man mit Annahmen über die Zukunft treffen muss. Was wir uns entwicklungspolitisch von neuen Innovationen und Entwicklungen gerade im Blick auf Malaria erhoffen, habe ich angesprochen. Ich finde, man muss sich sehr, sehr sicher sein, dass es einen Nutzen gibt, wenn man dieses Risiko eingeht. Wir sind uns da momentan nicht sicher genug. Ich sehe auch nicht viele, denen es anders geht.

Zusatzfrage: Dass sich die Mehrheit der globalen Länder und die WHO sicher sind, ändert nichts?

Fichtner: Wir sind zum Beispiel auch einer Meinung mit dem Chef von COVAX. Wenn Sie den fragen, so kennt der sich gut mit Impfstoffproduktionen aus. Da sind wir auf einer Linie.

Vorsitzende Wefers: Ich habe noch eine Frage von der Kollegin, bei der es um Novavax geht: Gibt es bundesweite Überlegungen, den Novavax-Impfstoff zunächst erst beim Gesundheitspersonal zu verimpfen?

Kautz: Nein.

Frage (zum Gespräch des Bundeskanzlers mit dem französischen Präsidenten): Frau Hoffmann, Sie hatten in dem Themenportfolio nicht das Normandie-Format genannt. Wir wissen ja, dass die Bundesregierung großes Interesse daran hat, dieses Viererformat wieder zu stärken. Wird das Thema sein? Gibt es in den letzten Tagen oder Stunden irgendwelche Signale von russischer Seite, dass man da kooperationsbereit ist?

SRS’in Hoffmann: Ich gehe davon aus, dass die aktuelle Sicherheitslage und die Situation an der Grenze zur Ukraine in den Gesprächen auch eine Rolle spielen werden.

Was das Normandie-Format angeht, ist das ja jetzt zunächst einmal auf Beraterebene. Es wird weiter daran gearbeitet, ein Treffen auf Beraterebene im Normandie-Format zu planen.

Frage: Frau Hoffmann, ich möchte eine Frage zu einer Reise oder einem Treffen stellen, die Sie nicht angekündigt haben. Es gibt einen Bericht des „Spiegel“, dass der Bundeskanzler eine kurzfristige Einladung des US-Präsidenten abgelehnt habe. Dabei hätte es ja auch um das Thema Russland/Ukraine gehen sollen. Können Sie das bestätigen?

SRS’in Hoffmann: Zu Einladungen und Reiseplänen des Kanzlers äußern wir uns zum gegebenen Zeitpunkt. Dazu kann ich jetzt hier nichts sagen.

Zusatz: Entschuldigung, wenn ich noch einmal nachfrage. Das bezieht sich nicht auf eine Reise, die möglicherweise in ein, zwei oder drei Wochen angekündigt wird, sondern auf einen Bericht, dass es eine Anfrage gab, die die Bundesregierung abgelehnt hat.

SRS’in Hoffmann: Ja, das habe ich verstanden. Was das betrifft, äußern wir uns zum gegebenen Zeitpunkt.

Frage: Frau Hoffmann, eine Frage zum gleichen Thema: Hätte denn der Kanzler Zeit für eine Reise in die USA gehabt, wenn er eingeladen worden wäre?

SRS’in Hoffmann: Ich kann nur das wiederholen, was ich eben gesagt habe - da bitte ich um Verständnis -: Wir äußern uns dazu, wenn eine Reise ansteht.

Zusatz: Aber wenn das stimmt, ist das doch schon ein Vorgang. Wenn ein Bundeskanzler vom US-Präsidenten eingeladen wird und dann nicht fährt, weil er sagt, dass er so viel zu tun hat und nach Spanien fahren und sich um die Coronakrise kümmern muss, müssen Sie doch irgendetwas dazu sagen.

SRS’in Hoffmann: Zu dieser Art von Presseberichten äußern wir uns nicht. Das ist eine Spekulation in der Presse. Dazu äußere ich mich von dieser Stelle hier nicht.

Zuruf: Das ist der „Spiegel“! Den kennen Sie ja.

SRS’in Hoffmann: Den kenne ich.

Zusatz: Das ist doch ein ganz vertrauenswürdiges Medium.

SRS’in Hoffmann: Ich habe jetzt hier eine andere Funktion. In dieser Funktion äußere ich mich dazu nicht.

Frage: Dann frage ich zum einen noch einmal kurz nach der USA-Reise. Sie sagen, dass Sie über Planungen jetzt nichts zu sagen haben. Es ist also derzeit keine Planung für eine USA-Reise anhängig. Habe ich Sie da richtig verstanden?

SRS’in Hoffmann: Wir äußern uns hier generell zu Planungen dann, wenn der Termin feststeht und spruchreif ist.

Zusatzfrage: Was ja heißt: Es ist kein Termin für eine Reise des Kanzlers in die USA spruchreif. Aber das war nicht meine eigentliche Frage. Ich erspare Ihnen die Wiederholung Ihrer Aussage.

SRS’in Hoffmann: Das ist sehr freundlich.

Zusatzfrage (zum Konflikt zwischen Russland und der Ukraine): Meine eigentliche Frage geht an das AA beziehungsweise das Verteidigungsministerium. Die britische Regierung hat vor dem Hintergrund der aktuellen Situation angekündigt, ihre EFP-Kräfte im Baltikum zu verstärken. Gibt es entsprechende Überlegungen auch von deutscher Seite? Befindet man sich mit den Briten im Gespräch über dieses Vorgehen?

Helmbold: Grundsätzlich befinden wir uns immer im Gespräch mit unseren Partnern. Im Augenblick habe ich dazu aber keine aktuellen Informationen für Sie.

Zusatzfrage: Das AA auch nicht?

Sasse: Ich kann Ihnen im Wesentlichen auch nur das bestätigen, was Herr Helmbold gerade gesagt hat, nämlich dass wir uns natürlich unter anderem im sogenannten Quad-Format mit Großbritannien, den USA und Frankreich eng über die Entwicklung in der gesamten Region austauschen. Aber konkret habe auch ich nichts Erhellendes zu der von Ihnen gestellten Frage beizutragen.

Zusatzfrage: Heißt das, das war auch kein Gesprächsthema im Quad-Format?

Sasse: Leider muss ich Ihnen dazu sagen, dass wir es wie üblich handhaben: Über vertrauliche Gespräche geben wir keine Auskunft. Ich kann Ihnen allerdings sagen, dass der Austausch im Quad-Format wie immer in diesen Fällen - der findet ja relativ häufig statt - sehr vertraulich und eng war und eine ganze Bandbreite von Themen abgedeckte.

Zusatz: In positiver Atmosphäre, nehme ich an.

Sasse: Wir sprechen dort unter Partnern miteinander, und die Gespräche finden selbstverständlich in sehr vertrauensvoller Atmosphäre statt.

Frage: Ich komme noch einmal zu Großbritannien und der Ukraine im weitesten Sinne. Der Kanzler hat ja mit dem britischen Premier Boris Johnson telefoniert; das hatten Sie ja auch berichtet. Es gibt ja unterschiedliche Auffassungen, was Waffenlieferungen an die Ukraine angeht. War das Thema des Gesprächs beziehungsweise des Telefonats?

SRS’in Hoffmann: Zu den Themen des Gesprächs gibt es ja eine Pressemitteilung, und der habe ich nichts hinzuzufügen.

Zusatzfrage: Sowohl die Außenministerin als auch der Kanzler hatten sich ja diese Woche zu dem Thema der Waffenlieferungen an die Ukraine relativ eindeutig geäußert. Ist das Thema damit aus Ihrer Sicht abgeräumt?

SRS’in Hoffmann: Ja, beide haben sich auch dazu geäußert. Auch wir haben uns hier am Montag ausführlich dazu geäußert. Ich habe dazu keinen neuen Sachstand vorliegen.

Frage: Ich habe eine Frage an Frau Hoffmann und Frau Sasse, auch noch einmal zu den Waffenlieferungen. Der Unterschied zwischen Großbritannien und Deutschland ist eben erwähnt worden. Sehen Sie eigentlich ein Problem darin, dass die Europäer gegenüber Russland in dieser Frage nicht geschlossen auftreten? Es gibt ja die Kritik, dass die Europäer überhaupt nur Eindruck in Moskau machen könnten, wenn sie eine einheitliche Position hätten. Ist es also ein Problem, dass unterschiedliche europäische Länder hier unterschiedlich agieren?

SRS’in Hoffmann: Ja, wir nehmen zur Kenntnis, dass befreundete Nationen anders agieren oder diese Frage anders als die Bundesregierung sehen. Ich kann noch hinzufügen, dass die Nato für die Ukraine ja auf umfassende und vielfältige Weise Unterstützung leistet und die unterschiedlichen Bündnismitglieder ihre bilaterale Zusammenarbeit mit der Ukraine auch in verschiedenen Ausprägungen betreiben. - Ich weiß nicht, Frau Sasse, ob Sie noch etwas dazu sagen wollen.

Sasse: Ja, ich kann vielleicht nur noch ergänzen, um dort keinen falschen Eindruck entstehen zu lassen, dass unabhängig von der Frage von Waffenlieferungen selbstverständlich weiterhin eine sehr starke Einigkeit zwischen allen westlichen Partnern in der Russland-Ukraine-Frage herrscht. Sie haben das gestern sicherlich auch den Worten von Außenministerin Baerbock in ihrer Pressekonferenz entnehmen können. Gerade die Beratungen im Quad-Format, die ich gerade schon erwähnt habe und die gestern stattgefunden haben, haben, kann ich Ihnen sagen, diese Einigkeit noch einmal sehr deutlich gemacht, die in der grundsätzlichen Frage bezüglich des Russland-Ukraine-Themas herrscht.

Was Waffenlieferungen angeht, haben Sie selbst auf die Äußerungen der Außenministerin verwiesen, und Frau Hoffmann hat sie auch erwähnt. Sie hat sich unter anderem gestern in der Pressekonferenz mit ihrem US-Kollegen noch einmal zu dem Thema geäußert, und ich muss Sie an dieser Stelle auf diese Äußerung verweisen.


Zusatzfrage: Darf ich noch einmal nachfragen? Ich hatte ja extra gefragt, ob Sie es als Problem ansehen, dass unterschiedliche europäische Länder unterschiedliche Positionen haben. Können Sie das bitte noch beantworten?

Sasse: Ich kann Ihnen dazu nur sagen, dass das den vertrauensvollen, engen Austausch über die grundsätzlichen Positionen nicht verändert.

Frage: Ich komme leider auch noch einmal zum Stichwort der Waffenlieferungen. Es gab, auch wenn es schon ein paar Tage her ist, die Aussage aus dem Baltikum - ich meine, aus Estland -, dass die geplante Lieferung von Waffen aus diesen baltischen Ländern an die Ukraine deswegen hänge, weil für Komponenten oder Systeme eine deutsche Zustimmung erforderlich sei. Hat jemand einen Überblick darüber, ob und, wenn ja, wie viele Verfahren noch anhängig sind oder ausstehen, hinsichtlich der keine entsprechende Bewilligung beziehungsweise Entscheidung getroffen wurde?

SRS’in Hoffmann: Das ist eine Frage an Sie.

Helmbold: Ja, vielleicht in Teilen an mich. - Ich habe keinen Überblick über Systeme. Was ich Ihnen aber bestätigen kann, ist, dass es eine Anfrage der estnischen Regierung gegeben hat, und zwar mit Blick auf die Lieferung beziehungsweise Weitergabe von Haubitzen. Zu dem Thema befinden wir uns im Moment in der Ressortabstimmung, und auch die Abstimmung mit Finnland darüber ist geplant.

Zusatzfrage: Gibt es einen Zeitrahmen? Ich glaube nämlich, diese Anfrage läuft schon seit etlichen Wochen.

Helmbold: Einen konkreten Zeitrahmen kann ich Ihnen nicht nennen. Wir stimmen das, wie gesagt, ressortübergreifend ab. Ich kann im Moment auch nicht darüber spekulieren, was der Inhalt oder Ausgang dieses Verfahrens sein wird. Aber ich kann Ihnen eben sagen, dass die Anfrage eingegangen ist und sich bei uns in der Ressortabstimmung befindet.

Frage: Da es den ukrainischen Wünschen ja auch um deutsche Kriegsschiffe geht, würde mich interessieren - wir haben ja jetzt den aktuellen Jahresbericht über die Rüstungsexporte 2021 von Ihnen vorgelegt bekommen -, was der Unterschied ist, dass man einer Militärdiktatur wie Ägypten aber nicht der Ukraine Kriegsschiffe liefert. Können Sie das einmal erklären?

SRS’in Hoffmann: Wir haben das Thema hier ja häufiger behandelt, und die neue Bundesregierung hat sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, dass sie eben grundsätzlich eine restriktivere Rüstungsexportpolitik betreiben wird und dazu auch entsprechende Regelungen anstrebt.

Zusatzfrage: Das beantworte jetzt aber nicht meine Frage, warum eine Militärdiktatur wie Ägypten Kriegsschiffe von uns bekommt, aber die Ukraine nicht. Was daran restriktiv sein soll, können Sie angesichts der Rekordzahlen auch einmal erklären!

SRS’in Hoffmann: Es geht hier um die Politik, die die neue Bundesregierung machen wird, und darum, wo sie sich auf restriktivere Kriterien verständigen will.

Zusatzfrage: Sie wollen zukünftig keine Kriegsschiffe an Ägypten mehr exportieren. Habe ich Sie da richtig verstanden?

SRS’in Hoffmann: Nein, haben Sie nicht. Sie haben mich ausdrücklich falsch verstanden. Ich habe mich nicht dazu geäußert, sondern ich habe nur allgemein gesagt, dass die neue Bundesregierung eine restriktivere Rüstungsexportpolitik im Koalitionsvertrag vereinbart hat. Mehr habe ich nicht gesagt.

Frage: Ich habe eine Frage an Frau Sasse, und zwar noch einmal zum Thema der Sanktionen. Gestern hat ja die Außenministerin im Grunde genommen zwischen Sanktionen unterschieden, die auch uns schaden könnten, und Sanktionen, die wirklich gut wirken. Können Sie einmal kurz erklären, welche Sanktionen sie damit gemeint hat? Was wären also zum Beispiel Sanktionen, die auch uns, also Deutschland, schaden würden und die man insofern nicht verhängen sollte? Welche wären dann Ihrer Ansicht nach welche, die gut wirken?

Sasse: Ich bitte Sie um Verständnis, dass ich zu den Sanktionen im Einzelnen oder zu den Diskussionen rund um das Thema der Sanktionen nicht Stellung nehmen kann, weil es natürlich darum geht, dass wir gerade mit allen Partnern gemeinsam erwägen, welche Maßnahmen gegenüber Russland den wirksamsten wirtschaftlichen und politischen Hebel darstellen würden. Wenn wir jetzt öffentlich über einzelne Maßnahmen diskutieren würden, dann würde das praktisch dieser Diskussion zuwiderlaufen.

Zusatzfrage: Aber wenn man, wie es jetzt beispielsweise der ukrainische Botschafter gefordert hat, Russland von SWIFT abschneiden will, wäre das nach Meinung der Außenministerin eine effektive Maßnahme oder eine, die eher in die andere Kategorie fällt? Sie muss doch irgendeine Vorstellung haben, worüber sie redet, wenn sie das sagt.

Sasse: Ich kann Ihnen versichern: Sie hat eine klare Vorstellung davon, worüber sie spricht. Aber ich muss leider bei meiner vorherigen Antwort bleiben, dass ich auf genaue Maßnahmen, die diskutiert werden, an dieser Stelle nicht eingehen möchte.

Frage: Sind sich, was das Normandie-Format angeht, alle europäischen Partner einig, oder gibt es dazu verschiedene Positionen? Ist das Normandie-Format für alle das beste Format, um zu handeln, oder nicht?

SRS’in Hoffmann: Ich spreche ja hier für die Bundesregierung, und für sie kann ich ganz klar sagen, dass die Bundesregierung das Normandie-Format für eines der zentralen Formate hält, in denen im Moment mit Russland über die Situation an der russisch-ukrainischen Grenze und den Konflikt in der Ostukraine geredet wird.

Zusatzfrage: Gilt das so auch für alle europäischen Länder?

SRS’in Hoffmann: Sie wissen ja, dass Frankreich an dem Normandie-Format beteiligt ist. Ich kann hier nicht für alle europäischen Länder sprechen. Ich spreche hier für die deutsche Bundesregierung.

Frage: Ich hätte ganz gerne noch einmal an die Frage von dem Kollegen angeknüpft, Frau Hoffmann. Der Bundeskanzler hat ja diese Woche gesagt, dass im Falle einer Eskalation alles zu diskutieren sei. Deswegen hätte ich ganz gerne noch einmal die Frage gestellt, ob aus Sicht der Bundesregierung SWIFT und Finanzsanktionen in diesem Rahmen eben auch zu einem Sanktionspaket gehören können.

SRS’in Hoffmann: Ich kann mich da nur dem anschließen, was Frau Sasse eben gesagt hat, nämlich dass es eben gute Gründe dafür gibt, Details von Sanktionsplänen nicht öffentlich zu diskutieren.

Zusatzfrage: Was Details angeht, verstehe ich das. Aber das Wort „alles“ hat ja normalerweise im deutschen Sprachgebrauch eine ziemlich umfassende Bedeutung. Könnte man also deswegen davon ausgehen, dass SWIFT auf jeden Fall dabei ist?

SRS’in Hoffmann: Der Bundeskanzler hat ja mit gutem Grund „alles“ gesagt. Aber sobald man anfängt, zu diskutieren, was zu „alles“ gehört, diskutiert man eben auch über die Details, und das wollen wir hier gerade nicht tun.

Frage: Jenseits der Details wollte ich fragen, wie weit die Verhandlungen mit den EU-Partnern und den transatlantischen Partnern fortgeschritten sind. Glauben Sie konkret, die westliche Welt ist gut vorbereitet, falls der Ernstfall tatsächlich eintritt, oder geht die Diskussion darüber, welche Maßnahmen auf dem Tisch liegen, dann erst richtig los?

SRS’in Hoffmann: Diese Gespräche dauern ja schon einige Tage und Wochen an. Die Bundesregierung befindet sich da in sehr enger Abstimmung, und, ja, sie ist gut vorbereitet.

Vorsitzende Wefers: Ich schließe jetzt noch eine Frage von dem Kollegen an, die irgendwie auch im Zusammenhang damit steht, weil sonst noch keiner Bedarf in diese Richtung angemeldet hat. Es geht um Nord Stream 2. Die Frage geht an das Wirtschaftsministerium und an das Justizministerium. Ich kann Sie aber erst einmal vortragen, bevor Sie sich in Bewegung setzen, weil ich nicht so viel Unruhe haben will. - Dann machen wir es eben so.

Der Kollege fragt: Wirtschaftsminister Habeck hat im „Spiegel“-Interview erklärt, dass Entschädigungen für die Nichtzulassung von Nord Stream 2 nicht fällig werden, wenn die Voraussetzungen für die Zulassung nach deutschen und europäischen Regeln nicht gegeben sind. Macht es sich der Wirtschaftsminister da nicht zu einfach, wenn man berücksichtigt, dass das Objekt mehrfach geprüft wurde und alle Genehmigungen vorbehaltlos erteilt worden sind?

Das Justizministerium spricht er mit der Frage an, wie das Justizministerium denn die Tatsache bewertet, dass die EU-Richtlinie 2019/692 in Deutschland erst durch Gesetz vom 5. Dezember 2019 umgesetzt wurde, als der Bau der Pipeline bereits lief und alle wesentlichen Genehmigungen erteilt worden waren.

Ungrad: Im Koalitionsvertrag steht, dass auch für energiepolitische Projekte in Deutschland das europäische Energierecht gilt, und diese Vorgaben werden derzeit von der Bundesnetzagentur in einem rechtsförmigen Verfahren geprüft, unabhängig von politischer Einflussnahme. Solange die Vorgaben nicht erfüllt sind, wird keine Genehmigung für den Betrieb der Pipeline erteilt werden. Es liegen noch nicht alle Genehmigungen vor.

Zu möglichen weiteren Schlussfolgerungen: Die werden dann geprüft, wenn es so weit ist. Den möchte ich nicht vorgreifen, und dem hat der Minister auch nicht vorgegriffen.

Zimmermann: Ich habe nichts zu ergänzen. Wir sind nicht das federführend zuständige Ressort.

Vorsitzende Wefers: Es geht um Bosnien. Der Kollege fragt: Wird am Montag beim EU-Außenministertreffen das Thema Bosnien auf der Tagesordnung stehen? Wie ist die Bewertung - ich ergänze jetzt einmal freihändig - der Bundesregierung zur Lage in Bosnien-Herzegowina?

Die Außenministerin hat letzten Monat über mögliche Sanktionen gegenüber dem serbischen Führer Dodik gesprochen. Wird dies ein Thema beim Treffen sein?

Sasse: Dazu kann ich sagen - ich habe die Tagesordnungspunkte ja erwähnt -, dass es nicht auf der regulären Tagesordnung steht und bisher auch nicht als Tagesordnungspunkt unter „Aktuelle Angelegenheiten“ vorgesehen ist.

Es ist aber natürlich weiterhin so - der Kollege hat ja auf die Äußerung der Außenministerin verwiesen, die sie am Rande des vergangenen Rates getätigt hat -, dass wir die spaltenden Tendenzen in Bosnien selbstverständlich sehr kritisch betrachten. Wir haben uns an dieser Stelle mehrfach zu dem Thema geäußert. Dem ist an dieser Stelle noch nichts hinzuzufügen.

Frage: Sie haben Libyen erwähnt, Frau Sasse. Laut einem Bericht der EU-Marinemission Irini hat sie Besorgnis über die Fähigkeiten der libyschen Küstenwache und Marine bei der Rettung von Migranten geäußert. Erwähnt wurde, dass die Libyer exzessive Gewalt ausüben und das politische Patt in Libyen die weitere Ausbildung der Marine und Küstenwache gefährdet. Was wird die Ministerin bei dem Treffen in Brüssel vorschlagen, um diese Probleme zu lösen? Wie steht sie zu den fortwährenden Pull-backs von Migranten nach Libyen, wo sie groben Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind?

Sasse: Ich kann vielleicht der Klarstellung halber erwähnen, dass am Montag ein umfassender Austausch zu Libyen geplant ist. Es wird unter anderem um aktuelle politische Entwicklungen gehen. Aber selbstverständlich hängen mit den politischen Entwicklungen ja auch immer andere Fragen zusammen, unter anderem Fragen, die die Lage der Flüchtlinge und Migranten im Mittelmeer betreffen. Ich möchte den Beratungen an dieser Stelle nicht vorgreifen, kann Ihnen aber sagen, dass das ein Thema ist, das die Ministerin weiterhin sehr stark beschäftigt und das sie auch in vielzähligen Gesprächen thematisiert.

Zusatzfrage: Können Sie nicht die Position der Ministerin bezüglich der Menschenrechtsverletzungen durch die libysche Küstenwache und dieser Pull-backs vortragen?

Sasse: Sie hatten mich danach gefragt, ob das am Montag beim Treffen der EU-Außenministerinnen und -Außenminister Gegenstand der Gespräche sein wird. Dazu kann ich Ihnen nur mitteilen, dass insgesamt eine Aussprache zum Thema Libyen geplant ist, dass die Lage der Migranten und Flüchtlinge die Ministerin weiter beschäftigt und dass sie deswegen selbstverständlich auch in vielzähligen Gesprächen dieses Thema anspricht.

Frage: Frau Sasse oder Herr Helmold, können Sie uns ein Update geben, was das Flugverbot für MINUSMA in Mali angeht? Gestern gab es ja die Meldung von MINUSMA, die Flüge könnten wieder aufgenommen werden. Ist das jetzt für das deutsche Kontingent vollumfänglich erfüllt worden? Sind die armen Jungs, die auf Gran Canaria gestrandet waren, jetzt nach Mali weitergeflogen?

Helmbold: Das sind zwei Teile. Zunächst zur Aufhebung des Flugverbots: Es gibt die Ankündigung der VN, dass Mali das verhängte Flugverbot aufgehoben habe. Wir können im Moment noch nicht genau einschätzen, welche Auswirkungen das für uns hat. Wir stehen dazu sowohl zur malischen Seite als auch zur VN in Kontakt und hoffen, dass wir so schnell wie möglich Klarheit darüber haben werden, wo wir fliegen können und wo wir nicht fliegen können. Denn das ist für uns natürlich die Basis für die weitere Operationsführung.

Zum Thema des A400M: Vorgestern befand sich ein deutscher Airbus auf dem Weg von Deutschland über Frankreich nach Niamey. An Bord waren 74 Soldatinnen und Soldaten für den geplanten Kontingentwechsel und acht Besatzungsmitglieder. Die geplante Flugroute verlief über das malische Staatsgebiet. Der Überflug über Mali wurde während des Fluges seitens der malischen Flugüberwachung verweigert. Die genauen Umstände klären wir mit der malischen Seite noch. Aber bedingt durch den Vorfall konnte die Maschine nicht wie geplant in Niamey landen und wurde nach Gran Canaria umgeleitet. Der Weiterflug von Gran Canaria in Richtung auf Niamey ist entsprechend geplant worden. Der Start hat stattgefunden. Die Maschine ist heute gegen elf Uhr von Gran Canaria abgeflogen. Aber auch hier gilt: Wir versuchen, so gut wie möglich alle Unsicherheiten in Gesprächen auszuräumen. Denn die Lage in Mali ist mit Blick auf die Rahmenbedingungen für unsere Einsätze alles andere als einfach. Deswegen versuchen wir, alle Formen von Unsicherheiten auszuräumen.

Zusatzfrage: Fliegt der A400 von Gran Canaria jetzt über Mali oder nicht?

Helmbold: Er ist nicht für einen Flug über Mali geplant, sondern unter Vermeidung dieses Gebietes. Sobald wir wissen, wie wir mit Mali verblieben sind und wo genau wir fliegen können und wo nicht, natürlich auch im Kontext unserer internationalen Einsätze, sagen wir Ihnen Bescheid.

Frage: Herr Helmbold, sieht die Bundeswehr die malische Militärjunta eigentlich noch als Partner an?

Ist die Militärjunta in Mali Partner der Bundesregierung, Frau Sasse?

Helmbold: Generell muss ich erst einmal sagen: Wir sind in Mali in zwei Einsätzen im internationalen Kontext unterwegs, zum einen im Rahmen von MINUSMA, einem VN-Einsatz, und zum anderen im Rahmen von EUTM. Wir haben auf der vorletzten Regierungspressekonferenz sehr eindringlich darauf hingewiesen, worauf es uns ankommt und was die politischen Rahmenbedingungen sind, dass nämlich Wahlen und der Übergangsprozess nicht über Jahre verschoben werden. Davon hängt eben auch ab, wie sich die Bundeswehr in diesen internationalen Einsätzen engagiert.

Wichtig ist mir, noch einmal zu betonen, dass wir so etwas natürlich immer im Einvernehmen und in Absprache mit unseren internationalen Partnern machen. Das bedeutet, dass wir im Moment sowohl mit der EU-Seite als auch mit der VN-Seite in Gesprächen sind und dass wir das auch zwischen den Ressorts gemeinsam abstimmen. Den einzelnen Gesprächen kann ich hier nichts vorwegnehmen. Wichtig ist für uns: Wir haben einen Auftrag vom Parlament sowohl für MINUSMA als auch für EUTM, und den versuchen wir, so schwierig die Lage im Moment auch ist, natürlich so gut wie möglich durchzuführen.

Zusatzfrage: Aber meine Frage bezog sich auf den Partner in Mali und dessen Einvernehmen und auf die Abstimmung mit ihm. Ist die malische Militärjunta ein Partner Deutschlands? Das haben Sie zu beantworten vermieden.

SRS’in Hoffmann: Das ist im Zweifelsfall vielleicht eine Frage an Frau Sasse oder auch an mich.

Zusatz: Ja!

SRS’in Hoffmann: Dazu haben wir bereits gesagt, dass wir von der malischen Übergangsregierung erwarten, dass sie sich an Vereinbarungen hält und wieder einen substanziellen Übergangsprozess aufnimmt. Dazu gehört unserer Meinung nach auch die Abhaltung von Wahlen. Das ist unsere Position dazu.

Zusatzfrage: Aber die letzten Jahre war die malische Regierung, dieses Regime, Partner für die alte Bundesregierung. Ist das jetzt immer noch so?

SRS’in Hoffmann: Wir haben dazu klare Erwartungen formuliert.

Frage: Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses sprach mit Bezug auf die Verweigerung des Überflugrechts von einem unfreundlichen Akt seitens Malis. Schließt sich die Bundesregierung dieser Formulierung an?

Helmbold: Wir haben für unsere Position natürlich unsere eigene Sprache, und die habe ich eben verwendet.

Vorsitzende Wefers: Jetzt mache ich einen ganz großen Sprung zum Thema der Taxonomie. Mir liegen diverse Anfragen vor, die sich auf die Stellungnahmefrist beziehen, die ja ausläuft. Ich nehme exemplarisch die Frage von einer Kollegin. Sie fragt: Hat die Regierung ihre Position zur Taxonomie endgültig festgelegt? Welches ist diese Position und welches sind die Gründe? - Ähnlich fragen die anderen auch.

SRS’in Hoffmann: Wie in der Frage angemerkt wurde, läuft die Frist am 21. Januar, also am heutigen Tag ab. Die Stellungnahme der Bundesregierung wird derzeit noch weiterhin im Ressortkreis abgestimmt. Ich kann dem Ergebnis dieser Abstimmung zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorgreifen. Klar ist aber: Die Bundesregierung wird in ihrer Stellungnahme die feste Überzeugung vertreten, dass Kernenergie nicht als nachhaltig einzustufen ist. Wir halten die Technologie für zu gefährlich. Neben weiteren Gründen ist die Endlagerfrage weiterhin nicht geklärt.

Ich weiß nicht, ob das BMF, das dabei federführend ist, noch ergänzen will.

Vorsitzende Wefers: Das sieht nicht so aus.

Frage: Frau Hoffmann, ich kann mich daran erinnern, dass sich die Umweltministerin auf der jüngsten Klimakonferenz mit mehreren anderen Ländern zusammengetan und ebendiese Position zur Kernenergie vertreten hat. Alle anderen Länder, die damals in diesem Panel waren, haben sich jetzt noch einmal zusammengetan und heute einen Brief veröffentlicht, wonach auch Gas nicht nachhaltig sei.

Warum wendet sich die Bundesregierung von ihren damaligen Mitstreitern beim Thema der Kernenergie, von Luxemburg, Österreich, Spanien, ab?

SRS’in Hoffmann: Die Position der Bundesregierung wird, wie gesagt, in dieser Stellungnahme dargelegt werden, die noch nicht abgestimmt ist und heute abgestimmt wird. Aber grundsätzlich betrachtet die Bundesregierung Gas als eine Brückentechnologie.

Zusatzfrage: Aber kann diese Brückentechnologie denn nachhaltig sein?

SRS’in Hoffmann: Genau darum wird es in dieser Stellungnahme natürlich auch gehen.

Frage: Rein logisch geht es ja nicht, eine Brückentechnologie als nachhaltig anzusehen, oder? Eine nachhaltige Brückentechnologie kann es ja nicht geben.


SRS’in Hoffmann: Wie gesagt, wird es die Stellungnahme der Bundesregierung geben, die im Moment in der Ressortabstimmung ist.

Zusatzfrage: Aber erkennt die Bundesregierung diesen logischen Fehlschluss an?

SRS’in Hoffmann: Es wird eine Stellungnahme der Bundesregierung zum Thema der Taxonomie geben.

Frage: Das Bundesumweltministerium hat ja eine klare Position. Es hält Gas nicht für nachhaltig. Bleibt es auch angesichts der jetzt bald verschickten Stellungnahme dabei?

Stolzenberg: Ich schließe mich hierbei der Regierungssprecherin an. Die Ministerin hat sich zu Atomkraft öffentlich deutlich geäußert. Das hat sie heute in einem Interview auch noch einmal getan. Die Position dazu ist klar.

Alles andere steht jetzt vor den Beratungen und geht hoffentlich aus den Beratungen hervor, die gerade noch laufen. Dazu können wir uns an der Stelle noch nicht äußern.

Frage: Kann man davon ausgehen, dass die Stellungnahme pünktlich bis Mitternacht in Brüssel eingeht?

Wird sie, nachdem sie dort angekommen sein wird, transparent sein, das heißt, wird sie öffentlich einsehbar sein?

SRS’in Hoffmann: Von der Pünktlichkeit kann man ausgehen. In der Regel ist es nicht der Fall, dass eine solche Stellungnahme öffentlich einsehbar ist. Aber es ist noch nicht entschieden, ob dies nicht doch möglich sein wird.

Zusatzfrage: Würden Sie kommunizieren, was darin steht?

SRS’in Hoffmann: Das ist eben noch nicht entschieden. In der Regel wird es nicht gemacht, aber in diesem Fall ist noch nicht entschieden, ob es nicht doch gemacht wird.

Frage: Wer entscheidet das?

SRS’in Hoffmann: Die Bundesregierung.

Zusatzfrage: Wer?

SRS’in Hoffmann: Die an diesen Gesprächen beteiligten Ressorts.

Frage: Die Umweltministerin wird mit dem Satz zitiert: Ich bin davon überzeugt, dass weder für Erdgas noch für Atomkraft die Einstufung als nachhaltig in der Taxonomie nötig ist. - Dieser Satz steht, oder?

Stolzenberg: Die Aussagen der Ministerin stehen erst einmal für sich. Aber hier geht es ja um eine Stellungnahme der Bundesregierung als ganzer. Diese wird dann am Ende stehen.

Zusatzfrage: Aber was machen Sie dann? Wird eine Fußnote des Bundesumweltministeriums in dieser Stellungnahme stehen, wenn sie abweicht?

Stolzenberg: Die Gespräche laufen ja noch. Dem Ergebnis kann ich jetzt nicht vorgreifen. Das geht einfach nicht.

Vorsitzende Wefers: Ich schließe eine Frage von einer Kollegin aus dem weiten Komplex des Energiethemas an. Sie bezieht sich auf die EEG-Umlage, richtet sich aber an das Bundesfinanzministerium. Sie fragt: Gibt es Pläne, die EEG-Umlage schon früher als geplant abzuschaffen? Wann wäre dies, und welche Kosten wären damit verbunden?

Kalwey: Ich kann nur auf das verweisen, was der Minister schon mehrfach gesagt hat. Ansonsten laufen dazu die Gespräche in der Koalition. Sie gilt es jetzt erst einmal abzuwarten.

Frage: Meine Frage bezieht sich auf die Begegnung des Bundeskanzlers mit Herrn Schuster vom Zentralrat der Juden in Deutschland am Donnerstag. Der Zentralrat hat heute nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts neue rechtliche Regelungen vom Bund gefordert, um Veranstaltungen in öffentlichen Räumen durch BDS unmöglich zu machen.

Hält die Bundesregierung beziehungsweise in dem Fall der Kanzler neue rechtliche Regelungen zur Verhinderung von BDS-Veranstaltungen für geboten, für nötig, oder reicht das bisherige Instrumentarium aus, wenn man das für nötig hält?

SRS’in Hoffmann: Darauf möchte ich jetzt nicht eingehen.

Zusatzfrage: Aber da es mit Sicherheit ein Thema sein wird, interessiert mich die Position des Kanzlers. Hält er neue rechtliche Regelungen zur Verhinderung von Veranstaltungen von BDS für angezeigt und nötig?

SRS’in Hoffmann: Ich möchte jetzt auch auf die einzelnen Gesprächsthemen dieses Treffens nicht eingehen.

Frage: Meine Frage richtet sich an das BMZ. Herr Fichtner, in dieser Woche haben die Äußerungen des BMZ, es gebe nur ganz vereinzelte Fälle von bedrohten Ortskräften in Afghanistan - ich meine, das BMZ sprach von einem Fall -, für massive Kritik seitens Hilfsorganisationen wie zum Beispiel PRO ASYL und MISSION LIFELINE gesorgt.

Was unternimmt die Bundesregierung, um am Lagebild zu arbeiten? Wo ist die Problematik dort, gerade dann, wenn die Wahrnehmung bezüglich der Lage vor Ort und der Situation der Ortskräfte so weit auseinandergeht?

Fichtner: Danke, dass Sie fragen. Das gibt mir Gelegenheit, das noch einmal einzuordnen. Ich werde für Definitionsfragen wahrscheinlich Hilfe vom BMI oder vom AA brauchen, kann Ihnen aber berichten, was mir die Kollegen heute Morgen erzählt haben, die tatsächlich vor Ort an der afghanischen Grenze an der Ausreise von Ortskräften arbeiten. Das sind sehr engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Durchführungsorganisationen, die am Tag und auch in vielen Nächten daran arbeiten, dieses Problem zu lösen.

Wichtig ist: Wenn wir im BMZ über Ortskräfte reden, dann reden wir über Ortskräfte der Entwicklungszusammenarbeit. Das Bild ist nämlich sehr heterogen. Deswegen muss man das auseinanderhalten. Menschenrechtsanwältinnen sind ganz anders bedroht als Mitarbeiter der Entwicklungszusammenarbeit. Darum warnen wir diesbezüglich vor pauschalen Aussagen.

Unsere Organisationen, die Entwicklungszusammenarbeit betreiben, kennen ihre Ortskräfte. Sie sind in Kontakt mit ihren Ortskräften, und sie vermitteln uns in Berlin das Bild, dass die schlimmsten Befürchtungen aus dem vergangenen August bislang mit Blick auf die Ortskräfte der Entwicklungszusammenarbeit nicht eingetreten sind.

Allgemein gilt: Wer als Ortskraft gefährdet ist, weil er für Deutschland gearbeitet hat, weil sie für Deutschland gearbeitet hat, der kann auf unsere Hilfe zählen, auch bei der Ausreise.

Da wir schon über das Thema sprechen, würde ich die Gelegenheit gern nutzen, um den Blick auf die mehr als 90 Prozent der Bevölkerung in Afghanistan zu weiten, die derzeit schwere Not leiden. Die Lage ist bedrückend. Das Land ist im freien Fall. Das betrifft Bildungs-, Gesundheitssystem, Wirtschaft, Ernährung. Wir lehnen die Taliban ab, aber wir dürfen die Bevölkerung in Afghanistan nicht im Stich lassen. Darum wird auch weiterhin Not- und Aufbauhilfe in Afghanistan nötig sein. Wenn wir die Afghaninnen und Afghanen nicht im Stich lassen wollen, dann werden wir auch wieder Ortskräfte brauchen, die für uns tätig sind.

Zusatzfrage: Haben die Hilfsorganisationen, die Kritik an exakt dieser Aussage geübt haben, ihrer Aussage, dass Sie nicht in Kontakt mit GIZ-Kräften seien, die irgendwie in Bedrohung seien, ein völlig falsches Lagebild?

Fichtner: Meine Aussagen beziehen sich auf die Ortskräfte der Entwicklungszusammenarbeit. Mein Eindruck von den Kolleginnen und Kollegen vor Ort ist, dass sie in einem sehr intensiven Austausch stehen. Wenn sie von Ortskräften sprechen, dann sprechen sie von Freunden und von Kollegen. Das kommt mir sehr authentisch vor.

Vorsitzende Wefers: Dann rufe ich eine Frage auf, die von zwei Kolleginnen kommt. Darin geht es um den Verfassungsschutz und die AfD. Die Frage richtet sich an das Bundesinnenministerium. Die Kolleginnen fragen:

Ex-Innenminister Seehofer soll nach „SZ“-Recherche ein Gutachten über die AfD abgeschwächt haben. War Seehofers Einflussnahme auf die Beurteilung des Verfassungsschutzes aus Sicht von Ministerin Faeser legitim? - Das fragt die Kollegin.

Welche Konsequenzen zieht das BMI daraus? Soll es ein neues Gutachten zur AfD geben?

Lawrenz: Vielen Dank für die Frage. Sie betrifft einen Sachverhaltskomplex, der Gegenstand eines laufenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist. Aus Respekt vor dem Gericht äußert sich die Bundesregierung zu dem konkreten Sachverhaltskomplex deswegen nicht.

Vorsitzende Wefers: Ich würde jetzt noch von der Kollegin ergänzen: Wäre ein solches Vorgehen der Einflussnahme durch die Fachaufsicht des BMI gegenüber dem BfV gedeckt?

Lawrenz: Ich kann meine Ausführungen eigentlich nur wiederholen.

Frage: Frau Sasse, die Position der neuen Bundesregierung zu Ägypten ist eben schon im Zusammenhang mit den Waffenlieferungen erwähnt worden. Ich möchte gern nachhaken, und zwar vor dem Hintergrund der kürzlich erfolgten Verurteilung des Menschenrechtsaktivisten Alaa Abdel Fattah und des Anwalts Mohammed El-Baqer vor einigen Wochen. Ihnen wird jetzt separat vorgeworfen, eine terroristische Organisation zu unterstützen.

Wie steht die Bundesregierung zur Menschenrechtslage in Ägypten?

Sasse: Vielen Dank. Ich kann Sie auf eine Erklärung verweisen, die wir schon im Dezember abgegeben haben. Wir haben uns damals zum Fall El-Baqer klar positioniert und haben in diesem Zusammenhang auch den Mitangeklagten Alaa Abdel Fattah angesprochen. Wir haben in dieser Erklärung ein faires Verfahren und eine Freilassung gefordert und können Ihnen die Erklärung gern übermitteln, wenn Sie wollen.

Zusatzfrage: Wenn die Bundesregierung Bedenken zur Menschenrechtslage in Ägypten hat, warum hat sie dann vor einigen Tagen den gemeinsamen Vorschlag der EU unterstützt, mit Ägypten als Co-Vorsitzenden des Global Counterterrorism Forum, GCTF, zu kandidieren?

Sasse: Vielleicht noch einmal zur Klarstellung: Die Bundesregierung sieht die Entwicklung der Menschenrechtslage in Ägypten weiterhin kritisch, daran hat sich nichts geändert.

Was Ihre Frage nach dem Global Counterterrorism Forum angeht, müsste ich die Antwort nachliefern.

Frage: Warum ist Ägypten eigentlich als Beteiligter am Jemen-Krieg überhaupt Empfänger deutscher Kriegswaffen?

Sasse: Was die Frage der Rüstungsexporte angeht, würde ich die Kollegin aus dem BMWK noch einmal bitten, sich zu beteiligen.

Was die Frage der Beteiligung am Jemen-Krieg angeht, muss ich sagen: Diese Frage haben wir an dieser Stelle wirklich schon sehr, sehr häufig diskutiert, und da hat sich nichts geändert. Deswegen möchte ich diese Diskussion an dieser Stelle auch aus Zeitgründen nicht noch einmal führen.

Ungrad: Fast der gesamte Genehmigungswert - ca. 97 Prozent - geht auf Genehmigungen für stationäres Luftverteidigungssystem und einzelne Genehmigungen für maritime Großaufträge zurück. Da sieht die Bundesregierung kein Risiko des Einsatzes für interne Repression und keine Relevanz dieser Güter für den Jemen-Konflikt. Leistungsfähige Seestreitkräfte liegen im legitimen verteidigungspolitischen Interesse Ägyptens und auch im internationalen Interesse an Küsten- und Seewegschutz.

Ich möchte auch noch einmal auf das hinweisen, was die Regierungssprecherin gesagt hat, nämlich dass das Rüstungsexportkontrollgesetz innerhalb der Bundesregierung überarbeitet wird. Das ist der jetzige Stand.

Zusatzfrage: Ihre Formulierung, dass Sie die Risiken einer Nutzung dieser Güter im Jemen-Krieg nicht sehen, bedeutet logisch, dass Sie Ägypten als Beteiligten an diesem Krieg ansehen. Teilen Sie diese Einschätzung, Frau Sasse?

Sasse: Da muss ich noch einmal auf die Position verweisen, die wir an dieser Stelle zum Thema Jemen wirklich schon sehr häufig vertreten haben.

Frage : Frau Ungrad, da Sie nun schön die Genscher-Maxime „Was schwimmt, läuft“ in anderen Worten dargestellt haben: Wenn ich Sie richtig verstanden habe, ist damit dann auch die Lieferung von Booten an Saudi-Arabien im Unterschied zur früheren Regierung nicht mehr ein Problem? Denn Sie haben ja sinngemäß von maritimen Großprojekte, die nicht zur internen Repression genutzt werden können, gesprochen. Ist das die Position?

Ungrad: Diesen Zusammenhang kann ich jetzt nicht herstellen; dazu kann ich jetzt nichts sagen.

Frage: Zum Thema sexualisierte Gewalt an Kindern und Missbrauchsskandal in der Kirche erst einmal an Frau Hoffmann als Sprecherin der Bundesregierung und gegebenenfalls an das BMJ: Wie reagiert die Bundesregierung auf das neue Gutachten aus der katholischen Kirche zu dem hundertfachen Missbrauch im Erzbistum München unter Verwicklung des früheren Papstes Benedikt?

Ist es aus Sicht der Bundesregierung weiterhin richtig und wichtig, dass die Kirchen ihre inneren Angelegenheiten selbst regeln?

SRS’in Hoffmann: Vielen Dank für die Frage. Für die Bundesregierung haben das Kindeswohl und der wirksame Schutz vor sexuellem Missbrauch höchste Priorität. Sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche bringt unendliches Leid für die Opfer mit sich und ist schier unbegreiflich. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass sich die gesamte Gesellschaft der hohen Schutzbedürftigkeit von Kindern und Jugendlichen bewusst ist. Kinder müssen in unserer Gesellschaft sicher und geschützt aufwachsen können.

Was die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche, nach denen Sie gefragt haben, angeht, hält die Bundesregierung eine umfassende und transparente Aufarbeitung für entscheidend. Das gestern vorgestellte Gutachten für das Erzbistum München und Freising macht erneut auf erschütternde Weise das Ausmaß des Missbrauchs und der Pflichtverletzung kirchlicher Würdenträger deutlich. Der Missbrauch und der anschließende Umgang mit diesen Taten machen fassungslos.

Umso dringender sind nun die vollständige Aufklärung und die umfassende Aufarbeitung. Das vorgelegte Gutachten ist dafür ein wichtiger Schritt, dem aber weitere Schritte folgen müssen. Entscheidend ist, dass das Vertrauen in den Aufarbeitungswillen der katholischen Kirche und von einzelnen Würdenträgern gestärkt wird.

Zusatzfrage: Ich verstehe, dass Sie weiterhin Aufklärung und Aufarbeitung fordern und wollen, aber die Frage bezog sich ja darauf, dass die inneren Angelegenheiten der Kirche immer noch von der Kirche selbst geregelt werden können. Das ist ja seit Jahrzehnten genau das Problem. Möchte die Bundesregierung daran etwas ändern, gerade ob ihrer obersten Priorität in Sachen sexuelle Gewalt an Kindern? Das könnten Sie ja jetzt ändern.

SRS’in Hoffmann: Die Antwort ist, dass die Bundesregierung eine umfassende und transparente Aufarbeitung fordert.

Zusatzfrage: Von wem?

SRS’in Hoffmann: Von der Kirche.

Zusatzfrage: Und nur von denen?

SRS’in Hoffmann: Generell fordert die Bundesregierung in Fragen des sexuellen Missbrauchs eine Aufklärung.

Zimmermann: Da wir als BMJ für den Bereich der Strafjustiz zuständig sind, kann ich das gerne ergänzen. Ich möchte vorher zum Ausdruck bringen, dass ich mich den Ausführungen vollumfänglich anschließen kann, kann aber ergänzen, dass das selbstverständlich keine rein innere Angelegenheit der Kirche ist. Wo sich auch heute noch Anhaltspunkte für verfolgbare Straftaten ergeben, müssen die zuständigen Strafverfolgungsbehörden dies selbstverständlich ermitteln und konsequent verfolgen. Wie Sie Medienberichten entnehmen konnten, haben die zuständigen Strafverfolgungsbehörden angesichts dieses Gutachtens auch schon weitere Ermittlungen aufgenommen.

Frage: An das Wirtschaftsministerium: Die chinesischen Behörden haben jetzt dem geplanten Verkauf von Siltronic an Globalwafers zugestimmt. Beeinflusst oder befördert das die Entscheidungsfindung des Wirtschaftsministeriums? Es sind ja auch gewisse Konditionen für Globalwafers mitverhandelt worden. Haben solche Konditionen irgendeinen Einfluss auf Ihre Entscheidung?

Ungrad: Ich habe mich ja am Montag schon dazu geäußert, und dem ist nichts hinzuzufügen. Ich kann Ihnen hier derzeit noch keine Entscheidungen bekanntgeben. Derzeit laufen die Gespräche noch. Falls Sie nachfragen sollten: Ich kann Ihnen auch keine Einzelheiten bekanntgeben.

Zusatzfrage: Aber das war jetzt ja keine Einzelheit. Ich habe einfach nur gefragt, ob das die Entscheidung befördert. Dann sagen Sie also: Nein, das hängt damit nicht zusammen?

Ungrad: Sämtliches, was in diesem Umfeld passiert, wird sicherlich mit aufgenommen. Inwieweit das die Entscheidungen in irgendeine Richtung beeinflusst, kann ich hier nicht beurteilen; ich führe die Gespräche ja nicht.

Zusatzfrage: Ich nehme aber an, Sie werden sich die Entscheidung der chinesischen Behörden und auch die Konditionen, die mitverhandelt wurden, sicherlich anschauen?

Ungrad: Wenn wir über diesen Prozess nachdenken, werden wir alle Punkte mit einbeziehen. Wie maßgeblich dieser Punkt ist, kann ich Ihnen jetzt nicht sagen.

Zusatzfrage: Das muss ja bis zum 31. Januar entschieden werden. Dazu habe ich eine reine Verfahrensfrage: Wie läuft das dann ab? Wenn jetzt keine Entscheidung fällt, dann ist der Deal ja praktisch geplatzt. Gibt es dann noch irgendeine Mitteilung, oder ist dann sozusagen einfach stillschweigend um Mitternacht am 31. Januar der Deal tot? Oder werden Sie eine Mitteilung machen, dass Sie sich nicht entscheiden können?

Ungrad: Die Antwort auf diese Frage würde ich Ihnen nachreichen; das kann ich Ihnen nicht genau sagen.

Vorsitzende Wefers: Frau Kalwey, es gibt noch eine Nachfrage zur EEG-Umlage der Kollegin. Sie fragt, ob die EEG-Umlage wegen der allgemeinen steigenden Gas- beziehungsweise Strompreise abgeschafft wird, oder explizit um die Steigerungen aus der CO2-Bepreisung zu kompensieren. Geht es bei der Abschaffung der EEG-Umlage also um die Energiepreisentwicklung oder geht es um die CO2-Preis-Kompensation?

Kalwey: Der Koalitionsvertrag sieht ja vor, dass wir die EEG-Umlage auf eine neue Finanzierungsgrundlage stellen, und das so früh wie möglich. Wir schauen uns das an. Meine Kollegin hat ja schon gesagt, dass wir das so früh wie möglich umsetzen wollen. Das hat auch der Minister bereits im Interview gesagt. Zu welchem Zeitpunkt das geschehen wird, kann ich Ihnen aber nicht sagen. Einer der maßgeblichen Aspekte dabei wird sicherlich sein, dass wir die Menschen zu einem Großteil aufgrund der hohen Energiepreise unterstützen wollen.