Rede von Kulturstaatsministerin Grütters auf der Stiftungsfachtagung der Sparkassen-Finanzgruppe

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- Es gilt das gesprochene Wort.-

Wer sich, wie Sie, schon seit längerem mit der Herausforderung wachsender Aufgaben bei niedrigen Zinsen konfrontiert sieht, tut möglicherweise gut daran, sich zur Erhöhung des Spendenaufkommens mit Erkenntnissen der Evolutionspsychologie zu befassen. Sie könnten sich damit, sagen wir es mal so, gewisse Schwächen des männlichen Geschlechts zunutze machen. Britische Forscher haben nämlich herausgefunden, verehrte Herren, dass Männer mehr Geld spenden, wenn sie mitbekommen, dass andere Männer sich bereits großzügig gezeigt haben und gleichzeitig eine attraktive Frau als Spendensammlerin auftritt. So stand es im Fachjournal "Current Biology". Im Wettbewerb um den dicksten Geldbeutel will man(n) offenbar ganz vorne mit dabei sein. Wissenschaftler nennen das "kompetitives Balzverhalten".

Ein Blick in Ihr Programm sagt mir aber, dass Sie dank der hier vertretenen Expertise nach zwei Konferenztagen sicherlich mit Alternativen zum evolutionsbiologischen Ansatz nach Hause fahren werden. Zu den Impulsen für Ihre Stiftungsarbeit will ich gerne einige Überlegungen und Anregungen aus kulturpolitischer Sicht beisteuern. Vielen Dank für die Einladung, lieber Herr Fahrenschon, die ich sehr gerne angenommen habe. Schließlich war ich selbst lange Vorsitzende des Vorstandes der Stiftung „Brandenburger Tor“, einer Sparkassenstiftung, die dankenswerterweise die Herbsttagung des von mir ins Leben gerufenen Deutschen Zentrums Kulturgutverluste unterstützt hat. Auch bei der Präsentation der Villa Massimo-Stipendiaten in Berlin können wir seit vielen Jahren auf die Unterstützung des Sparkassen-Kulturfonds zählen. Vielen Dank für dieses Engagement des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands, lieber Herr Fahrenschon!

Darüber hinaus habe ich, wie auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meines Hauses, über viele Jahre außerordentlich positive Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit privaten Stiftungen gemacht, mit der Deutschen Stiftung Musikleben etwa: Mit dieser Stiftung hat der Bund 1994 einen Deutschen Musikinstrumentenfonds gegründet, der die Entwicklung vieler junger Ausnahmekünstler begleitet. Ein weiteres Beispiel ist die gemeinsame Projektförderung der von meinem Haus institutionell unterstützten Kulturstiftung des Bundes und der Ostdeutschen Sparkassenstiftung im so genannten Fonds Neue Länder für die Weiterentwicklung der Kulturarbeit in Ostdeutschland. Was Stiftungen leisten, erlebe ich im Übrigen auch bei meinen zahlreichen Besuchen in Kultureinrichtungen in ganz Deutschland, zum Beispiel beim Festakt zum 200jährigen Jubiläum des Städel-Museums im vergangenen Jahr - ein Haus von Weltrang, über viele Jahrzehnte getragen von der Tradition des bürgerschaftlichen Engagements und des Mäzenatentum im Geiste der 1815 gegründeten Stiftung.

Dass Stiftungen in diesem Maße zum Erhalt des kulturellen Reichtums in Deutschland und auch zur Förderung der künstlerischen Avantgarde beitragen, ist keineswegs selbstverständlich - allein schon deshalb, weil es hierzulande eine langen Tradition der öffentlichen Kulturförderung gibt, die weltweit ihresgleichen sucht. Um die Freiheit der Kunst zu gewährleisten, um die künstlerische Avantgarde zu fördern und unser kulturelles Erbe zu sichern, finanziert der deutsche Staat seine Kultur mit ca. 9,4 Milliarden Euro jährlich. Nach dem Grundgesetz gilt, was wir "Kulturhoheit der Länder" nennen, dass nämlich für die Kulturförderung primär die Länder verantwortlich sind. Diese finanzieren folglich auch einen Großteil der öffentlich geförderten Kultur mit 41,9 Prozent, aber die Kommunen tun sogar noch mehr: Mit 44,8 Prozent liegen sie trotz der Wirtschafts- und Finanzkrise, die die Städte und Gemeinden ja ordentlich mitgenommen hat, noch vor den Ländern. Der Bund konzentriert sich mit einem Anteil von 13,3 Prozent auf Aufgaben von überregionaler, gesamtstaatlicher Bedeutung. Dafür stehen mir als Kulturstaatsministerin des Bundes in diesem Jahr 1,4 Milliarden Euro zur Verfügung.

Deutschland, das Land der Dichter und Denker, ist nicht zuletzt dank dieser auskömmlichen Finanzierung nach wie vor das Land mit der höchsten Theaterdichte der Welt, und das gilt ebenso für die Museen, Orchester, Literaturhäuser, Archive, Bibliotheken, Festivals. Die Hälfte aller Opernhäuser weltweit steht auf deutschem Boden. Rund 116 Millionen Menschen kamen 2013 in deutsche Museen und Ausstellungshäuser, das sind beinahe 10mal so viele Gäste wie alle Fußball-Bundesligaspiele der Saison Besucher hatten. Knapp 35 Millionen Zuschauer aller Altersgruppen besuchen in Deutschland Jahr für Jahr fast 105.000 Theateraufführungen und 7.400 Konzerte.

Jedes zweite Profiorchester der Welt spielt auf deutschem Boden, und allein Berlin hat mehr Museen als Regentage.

Zu unserem Selbstverständnis als Kulturnation gehört neben der staatlichen Kulturförderung aber auch eine lange Tradition bürgerschaftlichen und privaten Engagements für Kunst und Kultur, die sich nicht nur in den Kunst- und Kultureinrichtungen vor Ort zeigt. Über 21.000 zivilrechtliche Stiftungen gibt es in Deutschland - etwa doppelt so viele wie 2001, und über 30 Prozent dieser Stiftungen haben sich (auch) die Kultur als Stiftungszweck auf die Fahnen geschrieben. Es ist beeindruckend, welche Vielzahl und Vielfalt an Stiftungen allein unter dem Dach der Sparkassen-Finanzgruppe gedeihen und wie diese Stiftungen mit Verantwortungsbewusstsein und Ideenreichtum ihren Beitrag zum Gemeinwohl leisten. Was für ein Reservoir an Engagement, Know-how und Kreativität für das kulturelle Leben in Deutschland! Und was für ein Gewinn für unsere Gesellschaft!

Dieses bürgerschaftliche Engagement lässt sich natürlich nicht staatlich verordnen oder gar politisch steuern. Die Politik kann dafür aber den Boden bereiten. Sie kann durch geeignete rechtliche Rahmenbedingungen dafür sorgen, dass Menschen sich für den Zustand und die Entwicklung unserer Gesellschaft verantwortlich fühlen und - so beschreiben viele Stifterinnen und Stifter ihr Motiv - ihrem Land etwas zurückgeben wollen. Aus diesen Überlegungen heraus sind die zahlreichen Privilegierungen des gemeinnützigen Sektors insbesondere im Steuerrecht entstanden. Und aus eben diesen Überlegungen heraus haben Union und FDP in der vergangenen Legislaturperiode das Gesetz zur Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements beschlossen, an dessen Vorbereitung ich damals noch als Vorsitzende des Kulturausschusses intensiv beteiligt war. Seit 2013 treten die Änderungen stufenweise in Kraft; sie entfalten sich also gerade erst vollständig und erleichtern Ihnen sicherlich die Stiftungsarbeit, etwa durch die Flexibilisierung der Mittelverwendung oder die Anhebung der Übungsleiter- und Ehrenamtspauschalen.

Im aktuellen Koalitionsvertrag haben Union und SPD vereinbart, darüber hinaus auch die Voraussetzungen für ehrenamtliches Engagement weiter zu verbessern - ein Thema, das für die Stiftungsarbeit ja ebenfalls eine wichtige Rolle spielt. Zu diesen Voraussetzungen gehören die öffentliche Anerkennung und Wertschätzung des ehrenamtlichen Engagements. In diesem Sinne setze ich mich dafür ein, dass ehrenamtlich Engagierte über so genannte Ehrenamtskarten ermäßigten Eintritt oder andere Vergünstigungen in öffentlich geförderten Kultureinrichtungen erhalten, so wie aktuell bereits in Einrichtungen der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten und der Stiftung Jüdisches Museum Berlin. Vor kurzem haben auch die Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland in Bonn und die Deutsche Nationalbibliothek entsprechende Vergünstigungen eingeführt.

Erwähnen will ich noch die avisierte Reform des Stiftungsrechts, auch wenn ich Ihnen dazu leider noch nichts Konkretes sagen kann. Wie Sie sicherlich wissen, befasst sich derzeit eine Arbeitsgruppe von Bund und Ländern mit dem Reformbedarf; auch mein Haus ist beteiligt. Ihr Auftrag ist, ergebnisoffen zu prüfen. Im vergangenen Herbst hat sie einen Zwischenbericht vorgelegt, der die Handlungsfelder benennt. Die AG widmet sich intensiver unter anderem der Möglichkeit von Satzungsänderungen oder auch den Zu- und Zusammenlegungen von Stiftungen und ergänzenden Regelungen zum Stiftungsvermögen. Jede Überlegung zur Liberalisierung des Stiftungsrechts muss sorgfältig abgewogen werden mit dem hohen Gut der dauerhaften Selbständigkeit einer „Stiftung“. Auch ist es keine leichte Aufgabe, nachvollziehbare Bedürfnisse der Stiftungsorgane in eine Balance mit der Überordnung des Stifterwillens und der Ewigkeit einer Stiftung zu bringen und diese Balance schließlich im Gesetz abzubilden.

All das braucht leider seine Zeit, auch wenn Ihnen diese Themen angesichts der strukturell schwierigen Lage in der nun so lange andauernden Niedrigzinsphase verständlicherweise unter den Nägeln brennen. Gerade habe ich eine Studie gelesen, wonach 82 Prozent der Stiftungsverantwortlichen angesichts rückläufiger Einnahmen in den nächsten vier bis fünf Jahren mit einem Rückgang ihrer Fördermöglichkeiten rechnen und eine Mehrheit davon ausgeht, dass es künftig häufiger zu Abwicklungen und Zusammenlegungen von Stiftungen wird kommen müssen. Keine Frage: Es ist ein harter Boden, den Sie im Moment beackern. Die aktuelle Situation verlangt ein enormes Maß an Kreativität, Spürsinn und Mut: Kreativität bei der Suche nach neuen Betätigungsfeldern im Rahmen des Stiftungszwecks; Spürsinn bei der Suche nach neuen Finanzquellen; dazu den Mut, neue Wege einzuschlagen, etwa was die Vermarktung oder die Wahl der Kooperationspartner angeht. Dabei können neben guten rechtlichen Rahmenbedingungen auch staatliche Kooperationsangebote unterstützen. Mir ist es jedenfalls vor dem Hintergrund der guten Erfahrungen, die wir in der Vergangenheit im Miteinander von staatlichem und privatem Engagement gemacht haben, ein dringendes Anliegen, Projekte zu initiieren und zu fördern, an die private Initiativen andocken können. Zukunftsperspektiven dafür sehe ich vor allem mit Blick auf drei Entwicklungen, die unsere Gesellschaft langfristig prägen und verändern werden: erstens, im Zusammenhang mit der Integration geflüchteter Menschen; zweitens, in Folge des demografischen Wandels; und drittens, im Kontext der Digitalisierung.

Am offensichtlichsten ist der Bedarf gemeinsamer Anstrengungen sicherlich in der Flüchtlingspolitik. Über eine Million Menschen haben im vergangenen Jahr Zuflucht gesucht in Deutschland - über eine Million Menschen, die mit nicht viel mehr als mit ihrer Hoffnung auf Sicherheit und Frieden bei uns angekommen sind. Ich persönlich gehöre zu denen, die Angela Merkel sehr dankbar sind, dass sie die europäischen Menschenrechtsstandards angesichts einer drohenden humanitären Katastrophe im September 2015 zum Leitbild ihrer Flüchtlingspolitik gemacht hat - bei allen Risiken und Unwägbarkeiten, mit denen eine Entscheidung dieser Tragweite verbunden ist, und auch, wenn die Mühen des Helfens unser aller Kraft und Engagement erfordern, dazu langwierige und schwierige Verhandlungen auf allen politischen Ebenen, national und international. Schlimmer als daran zu scheitern wäre aber, es nicht einmal versucht zu haben!

Geflüchtete Menschen aufzunehmen, sie menschenwürdig unterzubringen und zu versorgen, ihnen Zugang zu verschaffen zu Bildung, zu Arbeitsplätzen - das ist nicht nur eine innenpolitische, sozialpolitische und bildungspolitische Aufgabe. Es ist in besonderem Maße auch eine kulturpolitische Herausforderung: zunächst einmal, weil kulturelle Teilhabe eine grundlegende Voraussetzung dafür ist, dass Zuwanderer in der Fremde heimisch werden - aber auch, weil die Angst vor dem Fremden, wie wir sie mancherorts erleben, das große Bedürfnis nach Vergewisserung unserer eigenen kulturellen Identität offenbart. Mehr denn je rückt die Frage in den Mittelpunkt, wie Politik und Zivilgesellschaft den Zusammenhalt in einer pluralistischen Gesellschaft zielgerichtet fördern können. Deshalb habe ich den Kulturförderfonds des Bundes, zu denen auch die Stiftung Kunstfonds gehört, gerade Sondermittel in Höhe von bis zu einer Million Euro für kulturelle Projekte mit Flüchtlingen zur Verfügung gestellt. Durch die vielfältigen Kooperationen der Kulturförderfonds wird dieser finanzielle Beitrag meines Hauses auch die Stiftungsarbeit weiter stärken.

Als Angebot der Zusammenarbeit habe ich darüber hinaus die Initiative "Kultur öffnet Welten" ins Leben gerufen. Im Rahmen einer Aktionswoche, die erstmals im Mai 2016 stattfindet, werden Kultureinrichtungen in ganz Deutschland - Museen, Theatern, Konzerthäuser usw. - ihre Türen und Tore öffnen. Es geht mir dabei um den Beitrag, den Kultureinrichtungen zum Gelingen kultureller Vielfalt leisten können - und den sie de facto vielfach auch bereits leisten. Es geht mir darum, diesen Beitrag sichtbar zu machen - als Ausdruck des Selbstverständnisses einer weltoffenen Gesellschaft und als Einladung für interkulturelle Begegnungen vor Ort. Diese Idee braucht viele Mitstreiterinnen und Mitstreiter, um am Ende zu einer großen, möglichst flächendeckenden, deutschlandweiten Aktion zu werden. Deshalb habe ich mich sehr gefreut, dass sich sowohl der Kulturausschuss der Kultusministerkonferenz der Länder (KMK) als auch der des Städtetages dieses Themas intensiv angenommen und sehr schnell ihr grundsätzliches Interesse signalisiert haben, diese Initiative mitzugestalten. Nicht weniger wichtig ist die Unterstützung der künstlerischen Dachverbände, in denen sich die Museen, Theater und Orchester zusammengeschlossen haben, sowie der bundesweit maßgeblichen Akteure der Zivilgesellschaft. Auch hier zähle ich auf die Unterstützung privater Stiftungen, die sich vielfach schon lange auf vorbildliche Weise für integrative Projekte engagieren.

Nebenbei bemerkt: Auch an guten Ideen seitens der deutschen Wirtschaft mangelt es nicht - wie beispielsweise die neu geschaffene Plattform "Wir zusammen" zeigt, auf der Unternehmen ihre Integrationsinitiativen vorstellen. Gerade sie haben angesichts des Fachkräftemangels ein vitales Interesse an der Integration der Menschen, die als Flüchtlinge nach Deutschland kommen, und es freut mich, wenn daraus solche Initiativen entstehen.

Mit dem Stichwort "Fachkräftemangel" bin ich auch schon bei der zweiten gesellschaftlichen Herausforderung, aus der sich Perspektiven für die Zusammenarbeit von Staat und privaten Stiftungen im kulturellen Bereich ergeben - beim demographischen Wandel, der gerade in den ländlichen Regionen Veränderungen in der Kulturentwicklungsplanung erfordert. Dazu gehören konkrete Schwerpunkte, neue Ideen der Publikumsgewinnung und das heißt auch: innovative Ansätze kultureller Bildung und Vermittlung. Zur Entwicklung neuer Strategien für die kulturelle Infrastruktur im ländlichen Raum wird mein Haus in diesem Jahr in Kooperation mit den Ländern Brandenburg, Hessen und Sachsen ein Pilotprojekt fördern. Es freut mich sehr, lieber Herr Fahrenschon, dass wir in den ländlichen Regionen auch auf das Engagement der Sparkassen-Finanzgruppe zählen können, die hier eine Vielzahl von Stiftungen unterhält. Viele dieser Sparkassenstiftungen fördern vor Ort das bürgerschaftliche Engagement für Kunst und Kultur und sind verlässliche Partner, wenn es um den Erhalt der kulturellen Infrastruktur in Zeiten des demographischen Wandels geht.

Neue Perspektiven der Stiftungsarbeit ergeben sich schließlich, damit bin ich beim dritten Punkt, im Zuge der Digitalisierung. Die Digitalisierung eröffnet Stiftungen nicht nur neue inhaltliche Betätigungsfelder; sie kann ihnen auch die Arbeit erleichtern. Allein die Tatsache, dass es dank digitaler Kommunikationswege so einfach ist wie nie zuvor, eine Vielzahl an Menschen anzusprechen und um Unterstützung zu werben, macht Stiftungen zu Profiteuren des digitalen Wandels. Stiftungen können heute über die sozialen Netzwerke mit wenig Aufwand auf sich aufmerksam machen und das Interesse potentieller Geldgeber wecken. Und während die niedrigen Zinsen Stiftungsverantwortlichen die Arbeit schwer machen, entwickeln sich im Internet neue Möglichkeiten der Finanzierung. Mit der Schwarmfinanzierung, dem Crowdfunding, gibt es eine vielversprechende Form des digitalen Mikro-Mäzenatentums, und erste erfolgreiche Beispiele etwa im Medienbereich zeigen, was für ein enormes Potential sich hier auftut.

Das Internet bietet neue Chancen im Übrigen nicht nur für die Stiftungsfinanzierung, sondern auch für die Vernetzung mit geeigneten Kooperationspartnern. Mein Haus arbeitet bei der Digitalisierung von Kulturgut bereits hervorragend mit Stiftungen zusammen und investiert hier erhebliche finanzielle Mittel - sei es für die Digitalisierung des nationalen Filmerbes (2016 fließen für Digitalisierungsvorhaben je 250.000 Euro an die Stiftung Deutsche Kinemathek, die DEFA-Stiftung, die Murnau-Stiftung und das Deutsche Filminstitut), sei es für die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB), das gemeinsam von Bund und Ländern betriebene Zugangsportal zu digitalen Objekten aus Kultur und Wissenschaft in Deutschland. Dafür haben wir bis Ende 2015 knapp 30 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Trotz der öffentlichen Grundfinanzierung ist die DDB offen für Kooperationen mit privaten Partnern.

Welche Strategien und Perspektiven auch immer Sie heute und morgen für Ihre Stiftungsarbeit diskutieren, meine Damen und Herren: Sie können sicher sein, dass Stiftungen im Zeitalter der Digitalisierung an Bedeutung gewinnen. Denn unabhängig vom Stiftungszweck motivieren sie Menschen, aktiv zu werden und Verantwortung für unser Gemeinwesen zu übernehmen statt sich auf digitale Aktivitäten, auf Posts, Tweets und Likes für Kampagnen im Netz, zu beschränken. "Ich kann die Welt nicht verändern, aber einen einzelnen Menschen, mich selber" - im Sinne dieser berühmten Worte eines berühmten Stiftungsgründers, nämlich Karlheinz-Böhms, der heute seinen 88. Geburtstag gefeiert hätte, tragen Stiftungen dazu bei, dass Menschen sich als gesellschaftliche Mitgestalter im Kleinen wie im Großen verstehen. Die Verleihung des DAVID-Nachwuchspreises - besonders engagierten und insbesondere kleinen Stiftungen gewidmet - präsentiert uns dafür sicher überzeugende Beispiele. Die Kulturnation Deutschland braucht diesen Willen zur Mitgestaltung, braucht eine starke Bürgergesellschaft, braucht Stiftungen und braucht Unternehmen, die sich als gute Bürger - als "Corporate Citizens", wie man auf neudeutsch so schön sagt - verstehen und die in ihrem Engagement für die Kultur ja auch von der Strahlkraft der Kultur profitieren. Kultur ist - das sollte uns immer bewusst sein - nicht das Ergebnis von wirtschaftlichem Wohlstand; sie ist vielmehr dessen Voraussetzung. In diesem Sinne, verehrte Damen und Herren, wünsche ich Ihnen zwei inspirierende Konferenztage mit wertvollen Impulsen für Ihre Arbeit, die Ihnen nicht nur durch die Niedrigzinsphase helfen, sondern weit in eine gute Zukunft weisen!