Rede von Bundeskanzlerin Merkel zum Sternsinger-Empfang am 7. Januar 2014

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Sehr geehrter Herr Prälat Krämer,
sehr geehrter Herr Pfarrer Rapp
und vor allem liebe Sternsinger,

ich freue mich, dass ihr auch in diesem Jahr wieder ins Kanzleramt gekommen seid. Und ich möchte mich ganz herzlich beim Kanzleramtsminister Peter Altmaier bedanken, der heute einen Teil des Programms übernommen hat, weil ich nicht ganz so gut stehen kann und mehr liegen soll, wie man ja gelesen und jetzt auch gesehen hat. Ich habe erfahren, dass Peter Altmaier früher selbst Sternsinger gewesen ist und immer den Balthasar gegeben hat. Insofern freut er sich, an seine eigene Kindheit erinnert zu werden.

Ich freue mich, dass ihr heute wieder stellvertretend für viele, viele Sternsinger in ganz Deutschland hierhergekommen seid. In den letzten Tagen war schon einiges über euch zu lesen. Ich habe zum Beispiel gelesen, dass Sternsinger Menschen in Deutschland helfen konnten, als es in einem Haus ein Feuer gab. Auch so zeigt sich, dass ihr sehr, sehr viel Wichtiges tut.

Aber ihr kümmert euch nicht nur um Deutschland, sondern ihr lasst euren Blick in die Welt hinaus schweifen – das haben wir soeben auch in einem Lied gehört. Ihr wollt – und das eint uns –, dass es vielen Menschen besser geht, dass es vor allen Dingen denjenigen Menschen besser geht, denen es wirklich an Elementarem, an ganz wichtigen Dingen fehlt. Dafür zu arbeiten, ist jede Anstrengung wert – für uns in der Politik, aber eben auch für viele Menschen in unserem Land. Ihr seid diejenigen, die an die Haustüren klopfen und fragen: Wollt ihr nicht auch etwas dafür tun, liebe Bürgerinnen und Bürger, dass es anderen besser geht?

Ziele, die man sich setzt, zu erreichen, ist aber oft gar nicht so einfach. Theoretisch kann man sich das alles gut überlegen; es sagt sich leicht: Wir wollen, dass Kinder überall auf der Welt genug zu essen haben, dass sie gesund aufwachsen können, dass sie zur Schule gehen können, dass sie lernen können. Das dann aber umzusetzen, bedeutet große Anstrengungen und viel Arbeit. Deshalb ist es segensreich, dass sich hunderttausende Mädchen und Jungen als Sternsinger auf den Weg machen. Ihr bringt Segen – und ihr seid ein Segen für die Welt.

Auch in diesem Jahr wollt und könnt ihr etwas tun. Es geht um Flüchtlingskinder. Wir haben in Deutschland das Glück, dass wir schon lange in Frieden und Freiheit leben können. Wir haben natürlich auch Probleme. Die Kinder hier haben auch vieles zu lösen. Aber wenn man sich damit befasst, wie es anderen Kindern auf der Welt geht, dann merkt man, was alles Schlimmes passieren kann.

Wir werden in diesem Jahr daran denken, dass vor 100 Jahren der Erste Weltkrieg begonnen hat. Das scheint euch natürlich lange her zu sein; wenn man acht, zehn oder zwölf Jahre alt ist, dann sind 100 Jahre eine lange Zeit. Aber so lange ist das noch gar nicht her; manch einer hat vielleicht Großeltern, die bald schon 90 oder 100 Jahre alt sind. Wir werden in diesem Jahr auch daran denken, dass vor 75 Jahren der Zweite Weltkrieg begonnen hat. Und dass ich hier stehe, hat damit zu tun, dass vor knapp 25 Jahren – auch daran werden wir dieses Jahr denken – die Mauer gefallen ist und deshalb wir alle aus Ost- und Westberlin und Ost- und Westdeutschland zusammen sein können.

Wenn ihr heute über Flucht und Vertreibung redet, dann ist das etwas, an das sich die älteren Menschen in Deutschland heute noch sehr, sehr gut erinnern. Da weiß man, was das bedeutet. Deshalb muss es auch besonders uns Deutschen ans Herz gehen, wenn wir an die 45 Millionen Menschen denken, die heute auf der Flucht sind, die ihre Heimat verlassen mussten, die nicht wissen, wo sie morgen schlafen können, die nicht wissen, ob sie Wasser bekommen, die nicht wissen, ob sie genug zu essen bekommen und ob sie ärztliche Behandlung und Medikamente bekommen – vom Lernen will ich erst gar nicht reden.

Wenn ich an Ärzte und Medikamente denke, fällt mir noch Staatsminister Helge Braun auf, der heute auch da ist. Er ist neu im Kanzleramt. Damit haben wir jetzt immer einen Arzt in unserer Nähe. Aber er ist schon lange in der Politik und wird hier die Arbeit von Kanzleramtsminister Peter Altmaier unterstützen.

Viele Krankheiten sind eine große Gefahr für Flüchtlingskinder. Viele von ihnen haben ihre Eltern verloren, sind von ihnen getrennt, wissen nicht, wo sie sind. Deshalb finde ich es sehr, sehr gut, dass ihr euch in diesem Jahr genau um diese Kinder kümmert.

Ich stelle mich sehr gerne in eine Reihe mit denen, die eine Spende geben – und zwar für ein Schulprojekt für syrische Flüchtlingskinder im Libanon. Wenn wir uns die Situation in Syrien anschauen, dann sehen wir: Sie ist so schwierig und so schlimm, dass man sich das gar nicht vorstellen kann. So ein kleines Land wie der Libanon, in dem sowieso schon so viele palästinensische Flüchtlinge seit Jahrzehnten leben, hat jetzt auch noch so viele Flüchtlinge aus Syrien dazubekommen. Daher wollen wir dieses Land und diese Flüchtlinge von Herzen gerne unterstützen.

Ich habe mich gestern mit unseren Soldaten unterhalten, die vor der Küste Libanons im Rahmen der Mission UNIFIL aufpassen. Sie haben auch noch einmal gesagt, dass im Augenblick im Libanon unglaublich viel zu tun ist, weil dieses kleine Land sozusagen auch immer wieder Zielscheibe aller Konflikte dort in der Region ist.

Ihr alle wisst, wie wichtig es ist, dass man etwas lernt. Ich vermute einmal, ihr geht vielleicht nicht jeden Tag gerne in die Schule. Aber wenn ihr überhaupt nicht mehr in die Schule gehen dürftet, dann würde euch garantiert etwas fehlen. Dass auch die Flüchtlingskinder im Libanon lesen lernen können, rechnen lernen können und vielleicht auch lernen können, wie man mit dem Internet umgeht – das alles werdet ihr unterstützen. Das ist eine sehr gute Sache.

Ihr habt mit der Aktion 2013 fast 44 Millionen Euro gesammelt. Damit kann man vielen, vielen Menschen helfen. Auch die neue Aktion ist ja schon in vollem Gange. Ich wünsche euch viel Freude beim Sammeln. Ich denke, ihr lernt dabei auch viele Menschen kennen. Vielleicht habt ihr ja aus der Adventszeit noch das Lied im Ohr: „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“. Ihr seid Sternsinger, ihr folgt dem „König aller Königreich’…, der Heil und Segen mit sich bringt“, wie es in dem Lied so schön heißt. In seinem Namen zieht ihr von Haus zu Haus. Ich hoffe, dass viele Menschen die Tore und die Türen geöffnet haben. Ich freue mich, dass ihr heute hier seid und jetzt auch diesem Haus den Segen erteilt.