Rede von Bundeskanzlerin Merkel beim Sommerempfang der IHK zu Rostock am 17. Juli 2017 in Stralsund

  • Bundesregierung ⏐ Startseite
  • Schwerpunkte

  • Themen   

  • Bundeskanzler

  • Bundesregierung

  • Aktuelles

  • Mediathek

  • Service

Sehr geehrter Herr Madsen,
sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin, liebe Frau Schwesig,
liebe Mitglieder der Landesregierung,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrter Herr Landrat – stellvertretend für alle anwesenden Kommunalpolitiker,
sehr geehrte Kollegen aus dem Deutschen Bundestag,
sehr geehrte Kollegen aus dem Europäischen Parlament – ich freue mich sehr, dass die Mitglieder des Fischereiausschusses heute hier sind,
sehr geehrte Kollegen aus dem Landtag, allen voran Frau Vizepräsidentin Schlupp,
meine Damen und Herren,

ich bin heute sehr gerne hier. Herr Madsen hat lange mit mir gesprochen und immer wieder gesagt, er würde sich freuen, wenn ich heute hier bin. Er hat dann auch gleich einmal die Veranstaltung nach Stralsund gelegt, weil er dachte, damit habe er vielleicht bessere Chancen. Ich war aber auch schon in Rostock-Laage bei ihm. Insofern kann man das nicht sagen. Aber natürlich bin ich auch sehr gerne hier bei den Brüdern Nordmann in der Störtebeker Brauerei. Ich habe dann geguckt, und in der Tat ist mein Büro so nett, mir den Geburtstag lange freizuhalten, sodass sich im Terminplan noch Lücken auftaten. Ich habe mir dann gedacht, bei so einem netten Angebot kannst du nicht nein sagen, also bin ich heute hierhergekommen.

Ich habe das gerne gemacht, weil die Wirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern Herausragendes leistet und auch weiter leisten wird. Ich weiß, dass dieses Bundesland es manchmal etwas schwerer hat als andere, und trotzdem ist in den letzten Jahren sehr viel entstanden. Das ist auch gerade der Wirtschaft zu verdanken. Dafür ein herzliches Dankeschön!

Wir sind heute an einem sehr traditionsreichen Ort, nämlich der Störtebeker Braumanufaktur. Sie ist ein Aushängeschild der Region, und Jahr für Jahr werden die Erfolge immer mehr. In diesem Jahr kann die Störtebeker Braumanufaktur aber neben vielen Preisen und Auszeichnungen, die sie immer verzeichnet, noch etwas anderes feiern, nämlich ihr 190-jähriges Bestehen. Die Wurzeln gehen bis in das Jahr 1827 zurück. Damals wurde nämlich die Stralsunder Vereinsbrauerei gegründet.

Die Geschichte des Brauereigewerbes reicht natürlich noch viel länger zurück. Bier war auch hier bereits im Mittelalter sehr beliebt, und da die Wasserqualität damals noch nicht der heutigen entsprach, war es wohl auch gesünder, Bier zu trinken, als Wasser zu trinken. Die Hansestädte trieben auch regen Handel mit Bier. Stralsund verdankt einen Teil seines Wohlstands diesem Getränk. Das Wichtigste aber war damals schon, Dinge überhaupt von A nach B zu liefern. Die schöne Altstadt von Stralsund zeigt uns ja eindrücklich, wie Wohlstand und freier Handel ganz eng zusammenhängen.

Ich erwähne das, weil in unseren Zeiten plötzlich wieder Abschottungstendenzen und nationale Denkmuster an Einfluss gewinnen. Deshalb hat das Thema freier Handel natürlich auch in der Freien und Hansestadt Hamburg beim G20-Gipfel eine große Rolle gespielt. Ich bin sehr froh, dass sich die 20 führenden Industrienationen nach harten Debatten dann doch darauf geeinigt haben, dass multilaterale Zusammenarbeit für uns alle von viel mehr Nutzen ist und dass jeder dadurch gewinnen kann. Wir haben daher in unserer Präambel verankert, dass wir gemeinsam mehr schaffen, als jeder für sich alleine.

Das Motto der deutschen G20-Präsidentschaft war: „Eine vernetzte Welt gestalten“. Wir hatten als Symbol einen Kreuzknoten ausgesucht, der den maritim Verbundenen hier natürlich bekannt ist. Damit wollten wir andeuten, dass unterschiedliche Stränge immer wieder zu verbinden sind und damit dann auch hohe Zugkraft ausgehalten werden kann.

Es ist wichtig, dass wir uns heute wieder des Konzepts der freien, offenen Systeme annehmen und damit auch erfolgreich sein wollen. Das ist daher mein erster Punkt: Offene Märkte sind gerade für die Exportnation Deutschland von dringender Bedeutung. Und natürlich sind auch hier im Ostseeraum Handel und Wandel von allergrößter Bedeutung. Wer internationale Wertschöpfungsketten behindert oder gar durchtrennt, der schadet letztlich allen Beteiligten.

Ein zweites Thema, das beim G20-Gipfel von großer Bedeutung war, ist das Thema Klimapolitik. Hier haben wir erreicht, dass sich nach dem bedauerlichen Beschluss der Vereinigten Staaten von Amerika, aus dem Pariser Rahmenabkommen auszuscheiden, alle anderen Beteiligten klar zu diesem Abkommen bekannt haben, es als irreversibel bezeichnet haben und sich auch verpflichtet haben, einen Aktionsplan, den wir vorgelegt haben und zusammen mit unserem Umweltministerium in der Bundesregierung verhandelt haben, auch durchzusetzen.

Meine Damen und Herren, das dritte große Thema war auch auf dem G20-Gipfel das Thema Digitalisierung. Es hat auch zum ersten Mal ein Treffen der Digitalminister gegeben. Es wird nicht nur wichtig sein, neue Geschäftsmodelle, Plattformen und den Umgang mit Daten völlig neu zu lernen und zu nutzen. Vielmehr werden wir, davon bin ich fest überzeugt, ähnlich wie auf den internationalen Finanzmärkten Schritt für Schritt auch Leitplanken für den Umgang mit der Digitalisierung brauchen. Ansonsten haben wir nämlich völlig unterschiedliche Regionen mit unterschiedlichen Rechtssetzungen, die uns auf Dauer behindern werden. Oder wir haben überhaupt keine Gesetze, und das wird auf Dauer auch zu nichts Gutem führen.

Deshalb ist hier als Erstes auch Europa gefragt. Eines der großen Projekte, die jetzt unter der estnischen Präsidentschaft nach vorne gebracht werden, ist die Schaffung eines digitalen Binnenmarkts. Ich habe mit Frau Schwesig schon kurz über die Datenschutz-Grundverordnung gesprochen, die nach langen Debatten in den europäischen Gremien verabschiedet wurde und im Mai nächsten Jahres in Kraft treten wird.

Ich möchte die Industrie- und Handelskammern im Land und auch die IHK Rostock bitten, dass wir darauf jetzt sehr zügig Augenmerk setzen. Denn diese Datenschutz-Grundverordnung, die wir als Bundesregierung auch schon in nationales Recht umgesetzt haben, wird viele neue Standards mit sich bringen, die zum Teil durch unbestimmte Rechtsbegriffe nicht so klar sind, wie es wahrscheinlich Mittelständler gerne hätten.

Deshalb haben wir beim deutsch-französischen Ministerrat mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron darüber gesprochen, und ich werde das auch mit Frau Zypries, unserer Wirtschaftsministerin, weiterführen, dass wir Musteranwendungen für bestimmte Bereiche festlegen. Gerade für den Mittelstand wird das von allergrößter Bedeutung sein. Denn wir spüren schon, wie sich Anwaltskanzleien mit der Frage beschäftigen, ob Sie vielleicht prozessieren können. Aber wir wollen ja keine Prozesslawine auslösen, sondern wir wollen, dass mehr und besser und sicherer mit Daten gearbeitet werden kann. Deshalb müssen wir uns dem widmen, damit wir ab nächstem Frühjahr nicht in die Anwendung dieser Standards hineinstolpern.

Meine Damen und Herren, ich bin beim digitalen Binnenmarkt dann auch bei etwas, was für diese Region von größter Bedeutung ist, nämlich bei der Frage der Zukunft Europas. Wir werden uns jetzt ziemlich intensiv mit den Austrittsverhandlungen Großbritanniens beschäftigen. Denn wir wollen auch nach dem Austritt weiter gute Beziehungen mit Großbritannien haben. Wir dürfen uns aber auf keinen Fall nur auf diese Austrittsverhandlungen konzentrieren. Vielmehr müssen sich die 27 übrigen Mitgliedstaaten auch mit ihrer eigenen Zukunft beschäftigen. Da ist der digitale Binnenmarkt nur eines der Themen.

Da ich nun gerade das Glück habe, Mitglieder des Fischereiausschusses vor mir sitzen zu haben, und da es nun zwar nicht gerade der Kernbereich der IHK Rostock ist, sich mit der Fischerei zu beschäftigen, dieses Thema die Region aber sehr berührt, habe ich eine Bitte: Versuchen Sie, Umweltschutz und nachhaltige Entwicklung auch mit dem Leben der Fischer zusammenzubringen. Sie wissen, da Sie im Fischereiausschuss sind, aus eigener Erfahrung, dass sich manches gerade für die kleinen Fischer sehr schnell zu einer unglaublichen Bürokratie entwickelt. Manch einer versteht die Welt kaum noch und fragt sich, warum man bestimmte Fischereimethoden, die man jahrhundertelang angewandt hat, heute nicht mehr anwenden können soll. Gerade für Menschen, die als Urlauber hierherkommen, ist die Verbundenheit mit den regionalen Produkten, mit den regionalen Traditionen wichtig. Deshalb setze ich in Ihren Besuch sehr große Hoffnung. Den Rest hat Ihnen Werner Kuhn sicherlich schon erzählt.

Wenn ich schon dabei bin, dann will ich auch sagen: Auch die zweite Säule der gemeinsamen Agrarpolitik kann sicherlich noch entbürokratisiert werden. Ich denke, das kann man sagen, wenn man sich einmal anschaut, was da heute alles nachzuweisen ist. Es ist wahrscheinlich fast gar nicht mehr notwendig, dass jedes Elternteil einen Entschuldigungszettel für ein Kind in der Schule schreibt. Frau Schwesig sagt: Doch, im Grundsatz ja. Aber inzwischen muss man auch Entschuldigungszettel für Kühe schreiben, die an einem bestimmten Tag nicht auf die Weide gehen. Das hat mir neulich einer der Bauern erklärt.

Nun aber komme ich zu den wirtschaftlichen Fragen. Sie wissen, dass die deutsche Wirtschaft im Augenblick recht gut dasteht. Das ist eine Momentaufnahme, aber eine positive. Wir haben die Zahl der Arbeitslosen seit 2005 halbieren können. In Mecklenburg-Vorpommern ist das sogar noch besser gelungen. Die Erwerbstätigenquote hier im Lande ist in den vergangenen zehn Jahren von rund 60 auf etwa 70 Prozent gestiegen. Wir können Schritt für Schritt darauf hinarbeiten, dass noch mehr Menschen Arbeit bekommen. Ich halte auch das Ziel der Vollbeschäftigung bis 2025 für möglich.

Dazu müssen wir drei Dinge tun: Wir müssen auf der einen Seite versuchen, die Langzeitarbeitslosen zu aktivieren, wo immer das möglich ist. Wir müssen zweitens die Fachkräftebasis stärken, wo immer das möglich ist. Wir müssen drittens die Vereinbarkeit von Beruf und Familie noch weiter verbessern, damit wir an dieser Stelle auch die Wünsche der Frauen, die gerne erwerbstätig sein wollen und das heute vielleicht noch nicht im ausreichende Maße sind, umsetzen können.

Wir brauchen natürlich auch die richtigen Rahmenbedingungen. Diese Rahmenbedingungen heißen einmal Verkehrsinfrastruktur, wozu Frau Schwesig schon einiges gesagt hat. Es stehen in diesem Jahr vonseiten der Bundesregierung 12,8 Milliarden Euro bereit, 2018 sogar 14 Milliarden Euro. Wir haben im Augenblick an manchen Stellen eher das Problem, dass es keine baureifen Vorhaben gibt, weil die Planungsvorgänge relativ kompliziert sind.

Mecklenburg-Vorpommern ist gut mit dabei. In die Bundesfernstraßen des Landes werden dieses Jahr 191 Millionen Euro investiert. Hier ist einmal die A14 von Magdeburg nach Schwerin zu erwähnen. Aber für uns hier in der Region ist die B96 auf Rügen natürlich ein wichtiger Investitionsschwerpunkt. Wir hoffen, dass alles nach Plan und natürlich im Rahmen des Finanzplans läuft.

Der zweite große Punkt ist die digitale Infrastruktur. Hier wurde schon gesagt, dass wir durch die Arbeit der Landesregierung und Herrn Minister Pegel, aber auf der anderen Seite auch der Landräte, die sehr schnell Anträge gestellt haben, zeitweise sogar schon einmal die Hälfte aller Fördermittel unter unsere Fittiche gebracht haben, wenn ich hier als Bundestagsabgeordnete aus der Region sprechen darf. Mit 820 Millionen Euro sind wir mit einem Drittel der ausgereichten Fördermittel immer noch sehr, sehr gut dabei. Dafür spricht natürlich auch, dass es bei uns viele ländliche Regionen gibt. Zwischen Köln und Düsseldorf ist sozusagen keine staatliche Bezuschussung notwendig, wenn man den Breitbandausbau fördern will. Wenn man in Vorpommern oder in einigen Regionen Mecklenburgs ist, dann sieht das ganz anders aus.

Wir wissen aber, dass Infrastruktur allein noch kein Selbstzweck ist. Deshalb habe ich auch, Herr Madsen, sehr aufmerksam zugehört, was die Vorstellungen angeht, die Sie haben, und was auch die Ansatzpunkte angeht, die wir mit Forschungsinstitutionen hier im Lande haben, um wirklich die Digitalisierung und ihre Anwendungen voranzubringen. Sowohl die Robotik als auch die Fragen der künstlichen Intelligenz werden auf Jahre hinaus zentral sein. Es wird dabei auch nicht darauf ankommen, wo das Forschungsinstitut steht, sondern es wird darauf ankommen, dass man vorne mit dabei ist.

Wir können vieles hier in den Regionen modellhaft voranbringen. Ich weiß, dass sich einige Landräte für neue Formen des Öffentlichen Personennahverkehrs interessieren, was für die ländlichen Regionen von allergrößter Bedeutung ist, um kundenbezogen und kosteneffizient Transportmöglichen zu eröffnen. Wir werden im Bereich E-Health, also zum Beispiel im Bereich der Telemedizin, alle Voraussetzungen erfüllen, um das umsetzen zu können. Wir können hier im Lande auch sehr gut Testfelder für autonomes Fahren entwickeln. Das muss nicht nur auf der A9 auf bayerischem Territorium sein, sondern das kann sehr gut auch in den ländlichen Regionen ausgetestet werden.

Alle Tore stehen noch offen, Frau Ministerpräsidentin, wenn es um Vorreiter bei den Fragen der Anwendung des Bürgerportals geht. Wir haben in der Bundesregierung dafür gesorgt, dass wir zusammen mit den Ländern unser Grundgesetz verändert haben. Wir haben damit die Möglichkeit eines einheitlichen Zugangs für jeden Bürger zu digitalen Dienstleistungen, sicherlich inklusive der Nutzung der Möglichkeiten der sozialen Sicherungssysteme. Wir werden hierbei sehr eng mit den kommunalen Spitzenverbänden zusammenarbeiten müssen.

Wir haben das sogenannte Internetzugangsbeschleunigungsgesetz schon sowohl in der Bundesregierung als auch im Bundestag verabschiedet. Ich denke, der Bundesrat stimmt dem auch zu. Damit werden wir alle rechtlichen Voraussetzungen haben, um dieses Bürgerportal einzurichten. Dann werden bestimmte Grundentscheidungen getroffen werden müssen. Davon wird abhängen, ob vieles zum Schluss dann auch funktioniert. Auf jeden Fall soll der Bürger nicht mehr zwischen kommunaler Dienstleistung, Landesdienstleistung oder Bundesdienstleistung unterscheiden müssen, sondern er soll alles von einem Zugang aus machen können.

Das Interessante ist, dass das nicht zu mehr Datenaufwand führen wird, sondern zu Datensparsamkeit, wie es im Übrigen auch im Grundgesetz vorgegeben ist, weil ich nicht bei jedem Antrag wieder angeben muss, wie viele Kinder ich habe, wie mein Familienstand ist usw., sondern dass das einmal festgelegt wird und von da an der einheitliche Zugang vorhanden ist.

Ich habe die Bitte an Sie, die Vertreter der Wirtschaft, dass Sie nicht nur die Möglichkeiten der digitalen Wirtschaft in Ihren eigenen Unternehmen nutzen, sondern dass wir uns in umfassender Weise den neuen Möglichkeiten stellen. Hier sehe ich, wenn ich über die Herausforderungen für die deutsche Wirtschaft spreche, noch am allerstärksten die Frage, dass wir schnell genug unsere Beziehungen seitens der Wirtschaft zu den Kunden neu ordnen. Ansonsten werden die großen Internetplattformen, meist in nicht-deutscher Hand, kommen und werden uns sozusagen als verlängerte Werkbank benutzen. Das wäre sehr misslich.

Das heißt, deutsche und auch europäische Unternehmen müssen sich zu Plattformangeboten zusammenschließen. Es wird nicht mehr die Autowelt, die Bahnwelt und die Fahrradwelt geben, sondern es wird eine Mobilitätswelt geben. Der Mensch wird sagen: Ich will von A nach B, wie geht das am schnellsten? Dazu müssen sich alle zusammenschließen.

Einen Punkt, den wir uns unbedingt in der neuen Legislaturperiode anschauen müssen, ist unser Kartellrecht. Unser Kartellrecht ist nicht darauf ausgerichtet, dass alle Anbieter gemeinsam eine Plattform gründen und miteinander Absprachen treffen. Sondern unser Kartellrecht aus der Zeit von Ludwig Erhard ist darauf ausgerichtet, dass es möglichst segmentierte Angebote gibt. Dazu, wie wir in geschickter Weise Plattformwirtschaft und die Stärkung des Mittelstandes zusammenbringen, brauche ich auch von Ihrer Seite Hinweise. Ansonsten werden wir das, wenn wir mit Ihnen nicht die Erfahrungswelt teilen können, rechtlich nur sehr, sehr schwer herausbekommen.

Richtig ist, dass die 50 Megabit pro Sekunde sozusagen ein Zwischenschritt sind. Wir wollen die Gigabit-Gesellschaft, und das nicht nur in der Anbindung des Haushalts oder der Schule oder des Gewerbegebiets, sondern möglichst entlang aller Autobahnen, um dann auch entlang aller Krankenhäuser und vieler anderen Dinge autonom fahren zu können. Das heißt also, hier stehen uns in den nächsten Jahren noch riesige Investitionen ins Haus.

Wir müssen den 5G-Standard ausrollen, was auch eine europäische Aufgabe ist. Die Bundesregierung hat in der letzten Woche bereits die 5G-Strategie entwickelt. Wir werden die entsprechenden Frequenzen versteigern, und daraus werden wieder Fördermöglichkeiten entstehen, mit denen wir auch die ländlichen Räume entwickeln können. Mecklenburg-Vorpommern kann sich schon einmal auf die nächste Ausschreibungswelle vorbereiten. Sie haben jetzt ja schon sehr gut gelernt.

Meine Damen und Herren, natürlich ist Mecklenburg-Vorpommern ein maritimer Standort. Deshalb ist die maritime Wirtschaft von zentraler Bedeutung. Stellvertretend für viele andere möchte ich neben der Landesregierung auch meinem Kollegen Eckhardt Rehberg ganz herzlich danken, der viel getan hat, um die maritime Dimension in den letzten Jahren auch wirklich weiterzuentwickeln. Wir stellen 64 Millionen Euro bereit, um Häfen mit innovativer Technik auszustatten. Es gibt ein Nationales Hafenkonzept, zu dem die Werftstruktur natürlich auch beiträgt. Wir freuen uns, dass in Mecklenburg-Vorpommern in den letzten Jahren, Minister Harry Glawe sei Dank, nach schwierigsten Zeiten viel vorangekommen ist. Ich hoffe, dass sich alles auch weiter gut entwickelt.

Dann ist natürlich der Tourismus zu erwähnen. Die Tourismuswirtschaft ist nicht das einzige, aber natürlich ein sehr wichtiges Standbein der Wertschöpfung in Mecklenburg-Vorpommern. Die Branche erwirtschaftet zwölf Prozent der gesamten Wertschöpfung im Bundesland. Man sieht daran, dass das ein wichtiges Standbein ist, aber auch wirklich nicht das einzige.

Angesichts von vielerlei Turbulenzen außerhalb der Europäischen Union profitiert natürlich auch der Tourismusstandort Deutschland. Unsere Hotel- und Gaststättenbetreiber haben sich darauf eingerichtet und freuen sich auch. Ich war in der letzten Woche in Kühlungsborn und Zingst, aber auch in den schleswig-holsteinischen und niedersächsischen Gebieten. Man hört keine Klagen, und das will ja in Deutschland schon was heißen. Insofern glaube ich einmal, dass es dort recht gut geht.

Aber auch hier sind natürlich die Breitbandanbindung, moderne Technologien und vieles andere von großer Bedeutung. Die Innovationskraft ist auch hier gefordert. Denn die Touristen werden eher anspruchsvoller. Deshalb ist die Kombination aus Hinterland- und Küstenangeboten sehr, sehr wichtig.

Lieber Herr Madsen, ich will noch ein Wort zum Thema Bürokratieabbau sagen. Wir haben uns in der Bundesregierung die „One in, One out“-Regel vorgenommen. Für jedes Gesetz, das Berichtspflichten für die Wirtschaft erfordert, wird auch wieder etwas abgeschafft. Das haben wir bis jetzt recht gut durchgehalten.

Für Sie sind berechenbare Rahmenbedingungen von Bedeutung. Es ist klar, dass in den Wahlkampfzeiten die Angebote der unterschiedlichen Parteien auf dem Tisch liegen. Ich persönlich sage: Wir haben gewisse Spielräume für Entlastungen. Ich glaube nicht, dass es richtig ist, Menschen zusätzlich zu belasten, weil letztlich manchmal übersehen wird, dass ein hochqualifizierter Ingenieur oder Unternehmensleiter mehrere einfache Arbeitsplätze schafft. Das heißt, wir müssen schauen, dass wir niemanden im Elan beschneiden und möglichst vielen Menschen Entfaltungsmöglichkeiten geben. Dass wir schrittweise den Solidaritätszuschlag abschaffen wollen, ist 27 Jahre nach der deutschen Einheit auch richtig und wichtig.

Wir haben also einiges zu tun. Ich will als letzten Punkt noch einmal die Energiewirtschaft nennen. Mecklenburg-Vorpommern profitiert massiv von der Energiewende. Wir haben es nicht nur geschafft zu regeln, dass wir schrittweise die Ost-West-Renten angleichen –auch eine lange Aufgabe, mit der wir uns viel beschäftigt haben –, sondern wir werden auch bundesweit die Netzentgelte umwälzen. Das war noch einmal ein großer Kraftakt, weil natürlich die neuen Länder und auch einige alte Länder gesagt haben: Das muss jetzt endlich passieren, weil wir völlig unterschiedliche Rahmenbedingungen haben. Auf der anderen Seite waren aber diejenigen, die jahrelang von den niedrigeren Netzentgelten profitiert haben und wenig Lust verspürt haben zu akzeptieren, dass auch sie solidarisch etwas mittragen. Wir haben das Ganze jetzt so geregelt, dass es über Stufen erfolgt und damit für alle vertretbar ist. Eines ist auch richtig: Die Mehrzahl der energieintensiven Industrien befindet sich nicht in Mecklenburg-Vorpommern. Trotzdem ist diese Angleichung von allergrößter Bedeutung.

Was wir jetzt brauchen, sind Stromleitungen. Was das angeht, ist Mecklenburg-Vorpommern eigentlich schon durch die Verbindung Schwerin Richtung Hamburg relativ gut dabei. Es gibt gerade in den westlichen Teilen Deutschlands von Nord nach Süd noch viel zu wenige Leitungen. Wenn die kommen und das der Fall ist, wird auch die Wirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern weiter davon profitieren können.

Wir reden ja oft darüber, dass uns in Bezug auf Europa etwas nicht gefällt. Aber ohne die Europäische Kommission wären wir wahrscheinlich in Deutschland nicht zu den Ausschreibungsmodellen übergegangen, was die erneuerbaren Energien angeht. Wir haben jetzt die ersten Ausschreibungen vorgenommen, und wir sehen, dass wir bei der Offshore-Windenergie zum Teil keinerlei Subventionen mehr brauchen, dass es riesige Preissenkungen durch diese Ausschreibungen gab, genauso wie auch im Bereich der Solarenergie. Eigentlich dachte man, dass Ausschreibungen hierbei gar nichts bringen werden. Sie haben aber dann doch einiges gebracht.

Meine Damen und Herren, wir haben also manches hinbekommen oder geschafft. Aber vieles liegt noch vor uns. Ich sage einmal: Für ein Land wie Mecklenburg-Vorpommern, für eine IHK wie die IHK Rostock ergeben sich da, wo alle wieder mit den gleichen Startbedingungen beginnen und sich Neues erobern müssen, natürlich gute Voraussetzungen. Wenn Sie neugierig sind, wenn Sie offen für Neues sind, wie Sie das in Bezug auf die Fördermittel im Zusammenhang mit dem Breitbandausbau waren, dann kann das eine Riesenchance für ein Bundesland wie Mecklenburg-Vorpommern sein. Deshalb lade ich alle Unternehmerinnen und Unternehmer ein: Machen Sie sich auf den Weg. Der Mittelstand ist hier natürlich die tragende Säule. Deshalb sind wir vonseiten der Bundesregierung und sicherlich auch vonseiten der Wirtschaft bereit, Ihnen alles, was noch im Zusammenhang mit der Digitalisierung zu erfahren und zu erlernen ist, zur Verfügung zu stellen und auch berechenbare Rahmenbedingungen zu bieten. Dabei freue ich mich auf die Zusammenarbeit.

Ich will noch einmal zurück zum Bier. Wir begehen dieses Jahr das Reformationsjubiläum. Deshalb möchte ich an einen Spruch von Martin Luther – nicht ganz Mecklenburg-Vorpommern, aber immerhin neue Bundesländer – erinnern: „Ich sitze hier und trinke mein gutes Wittenbergisch Bier und das Reich Gottes kommt von ganz alleine.“ Wenn Sie also gleich beim Störtebeker-Empfang sind und oben auf der Dachterrasse noch ein Bierchen trinken, dann denken Sie daran, dass wir erst einmal selbst für das Reich auf Erden verantwortlich sind, dass wir das gut formen können, dass das Land Mecklenburg-Vorpommern, der Bereich der IHK Rostock, ein wunderschönes Stück Erde ist und dass wir das Beste für die Menschen daraus machen wollen. In diesem Sinne alles Gute und herzlichen Dank, dass Sie mich eingeladen haben.