Rede der Kulturstaatsministerin Monika Grütters zur Verleihung des deutsch-französischen Franz-Hessel-Preises für Literatur

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Im Wortlaut Rede der Kulturstaatsministerin Monika Grütters zur Verleihung des deutsch-französischen Franz-Hessel-Preises für Literatur

Bei der Verleihung des Franz-Hessel-Preises hat Kulturstaatsministerin Grütters die beiden ausgezeichneten Autoren Christine Wunnicke und Philippe Forest als Vermittler zwischen unterschiedlichen Sprachwelten gewürdigt. Die Kraft der Worte, die Denk- und Vorstellungsräume erweitern und das Vertraute im Fremden sichtbar machen, seien gerade dann nötig, wenn kulturelle Vielfalt und Weltoffenheit angegriffen würden.

Mittwoch, 11. Oktober 2017 in Frankfurt am Main

Wenn Politiker das Wort ergreifen, kommen Freundinnen und Freunde der Poesie im Allgemeinen selten auf ihre Kosten – allein schon deshalb, weil Verständigung im prosaischen Alltag der Politik die nüchterne Sprache der Diplomatie erfordert. Wenn allerdings auf der Buchmesse gleich zwei Kulturpolitikerinnen das Wort ergreifen, dann darf das Publikum zumindest davon ausgehen, dass Sprachkunst und Poesie ein Wörtchen mitzureden haben – so wie heute in Gestalt Franz Hessels, an dessen Vermächtnis der Preis erinnert, den wir in diesem Jahr auf der Frankfurter Buchmesse verleihen. Die Sprache der Kunst, der Literatur, schafft Verbundenheit auch über Interessengegensätze hinweg – selbst dort, wo Politik und Diplomatie an ihre Grenzen stoßen. Dafür steht das Lebenswerk Franz Hessels: seine Übersetzungen literarischer Meisterwerke aus dem Französischen ins Deutsche wie auch sein eigenes, von der Liebe zu Paris und Berlin geprägtes literarisches Schaffen.

Wenn wir heute den nach ihm benannten Preis an Christine Wunnicke und Philippe Forest, verleihen, dann würdigen wir zwei Sprachkünstler, die mit ihrer Fantasie und Experimentierfreude nicht nur die Grenzen dessen erweitern, was sich mit Worten ausdrücken und teilen lässt, sondern die damit auch zwischen unterschiedlichen Sprachwelten zu vermitteln vermögen. Die Auszeichnung soll dazu beitragen, dass ihre Worte in ihrem Heimatland wie auch im jeweiligen Nachbarland Aufmerksamkeit finden und Verbundenheit über nationale Grenzen hinweg schaffen. Mit der Kraft ihrer Worte sind Schriftstellerinnen und Schriftsteller wie Christine Wunnicke und Philippe Forest Hoffnungsträger: Denn gerade dort, wo Rechtspopulisten gegen Europa, gegen kulturelle Vielfalt und Weltoffenheit zu Felde ziehen und mit der Verrohung der Sprache den Boden für Hass und Hetze bereiten, gerade dort brauchen wir die Kraft jener Worte, die Denk- und Vorstellungsräume erweitern und die im Fremden das Vertraute, im Trennenden das Verbindende sichtbar machen – eben die Kraft der Literatur.

Nicht zuletzt deshalb liegt mir - wie auch Ihnen, verehrte Frau Ministerin - die Förderung der literarischen und verlegerischen Vielfalt ganz besonders am Herzen. Ich bin dankbar, Frankreich an der Seite Deutschlands zu wissen, wo immer es darum geht, diese Vielfalt zu schützen - beispielsweise im Engagement für den Erhalt der Buchpreisbindung, die (in Deutschland) seit einem Jahr ausdrücklich auch für elektronische Bücher gilt. Die Bereitschaft Frankreichs, sich auf der diesjährigen Buchmesse in Frankfurt schon zum zweiten Mal als Gastland zu präsentieren, unterstreicht die Wertschätzung Frankreichs für das Kulturgut Buch und stärkt den literarischen und verlegerischen Austausch zwischen unseren Ländern. Auch darüber freue ich mich sehr.

Literarische Texte, die über nationale Grenzen hinweg gelesen und geliebt werden, schaffen Verbundenheit und machen ein Europa sichtbar und spürbar, das mehr ist als eine Freihandelszone. Dafür einzutreten, ist alle politische Anstrengung wert, und ich hoffe, dass dazu auch der deutsch-französische Franz-Hessel-Preis einen kleinen Beitrag leisten kann. Herzlichen Glückwunsch, Christine Wunnicke und Philippe Forest!