Im Wortlaut
in Washington D.C.
5 Min. Lesedauer
- Mitschrift Pressekonferenz
- Freitag, 9. Februar 2024
BK Scholz: Guten Tag! Der Besuch in Washington findet zu einem sehr entscheidenden Zeitpunkt statt. Unverändert findet der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine in der Ukraine statt. Wir sehen viele Tote. Wir sehen die unglaublichen Anstrengungen der Ukrainerinnen und Ukrainer, sich zu verteidigen. In dieser Zeit haben wir jetzt ein Interview des russischen Präsidenten erlebt, das, ehrlich gesagt, nur verhöhnt, was an realen Taten von Russland in der Ukraine begangen worden ist, und eine völlig absurde Geschichte über die Ursachen für diesen Krieg erzählt. Es gibt eine ganz klare Ursache. Das ist der Wille des russischen Präsidenten und Russlands, sich einen Teil der Ukraine einzuverleiben, und alle Geschichten, die dazu erzählt werden, ändern nichts daran, dass genau das der Zweck seiner imperialistischen Bestrebungen ist.
Deshalb ist für uns klar: Wir werden jetzt, in diesem Moment, weiter klar unsere Solidarität mit der Ukraine nicht nur bekunden müssen, sondern das auch durch Taten unterlegen, und zwar in Europa, wo wir jetzt eine Entscheidung der Europäischen Union getroffen haben, den Haushalt der Ukraine die nächsten Jahre mit 50 Milliarden Euro zu unterstützen, in Europa, indem wir die Anstrengungen zur Unterstützung der Ukraine ausweiten und mehr für die Möglichkeiten der Ukraine tun, sich zu verteidigen. Deutschland hat mit seinen Entscheidungen dazu einen ganz entscheidenden Beitrag geleistet. Jetzt muss das auch in ganz Europa erfolgen.
Das Gleiche gilt auch hier, für die USA. Ich bin ganz froh darüber, dass es jetzt ein gutes Zeichen gibt, dass der amerikanische Senat möglicherweise bald eine Entscheidung für ein Paket treffen wird, das die finanzielle Grundlage dafür schafft, die Ukraine mit Waffen aus den USA zu unterstützen. Ich hoffe, dass dann der gesamte Kongress diese Entscheidung auch treffen wird.
In dem Moment findet jetzt eben auch mein Gespräch mit dem amerikanischen Präsidenten statt. Ich will sehr dabei helfen, dass hier in den USA eine solche Entscheidung stattfindet, aber ich will auch dabei helfen, dass wir gemeinsam klarmachen, dass Putin nicht damit rechnen kann, dass unsere Unterstützung für die Ukraine nachlassen wird. Das ist die Botschaft, die jetzt dringend erforderlich ist, weil er ein bisschen darauf zählt, dass unsere Bereitschaft, die Ukraine zu unterstützen, nachlassen wird, und wenn wir klarmachen, dass das eine Fehlkalkulation ist, dann ist das der beste Beitrag für eine friedliche Entwicklung.
Der Krieg kann jederzeit enden, aber nicht so, wie sich das der russische Präsident vorstellt, indem die Ukraine kapituliert, sondern indem er den Krieg seinerseits beendet und die Voraussetzungen dafür schafft, dass eine friedliche Lösung möglich wird. Davon ist er leider noch weit entfernt. Umso wichtiger sind unsere Solidarität und unsere Klarheit in Wort und Tat.
Das Gleiche gilt natürlich auch für viele andere Fragen, die wir hier zu erörtern haben. Wir werden über viele ökonomische Fragen sprechen. Deshalb war es gut, dass ich heute Morgen die Gelegenheit hatte, mit vielen Vertretern amerikanischer Unternehmen zu sprechen und mich intensiv über die Möglichkeiten für Investitionen in Deutschland auszutauschen. Wir wissen, dass gerade aus den USA große Investitionen in Deutschland getätigt worden sind oder getätigt werden, etwa wenn es darum geht, die Halbleiterproduktion, die Batterieproduktion und die Produktion von Elektrofahrzeugen in Deutschland auszuweiten. Ford und Tesla sind zwei Beispiele dafür, die in Deutschland sehr erhebliche Investitionen tätigen, was Elektromobilität betrifft. Intel hat große Investitionen im Bereich der Halbleiter angekündigt. Amerikanische Pharmaunternehmen investieren in Deutschland. Diesen Trend wollen wir natürlich verstärken, weil er dazu beiträgt, dass sich die ökonomischen Beziehungen zwischen unseren Ländern noch verstärken.
Noch einmal zurück zum großen Thema der Ukraine: Ich fand es wichtig, gestern die Gelegenheit genutzt zu haben, mit Vertretern insbesondere des Senats über die Notwendigkeit der Unterstützung der Ukraine zu sprechen. Denn das ist ganz klar: Europa kann einen großen Beitrag leisten. Deutschland leistet definitiv einen großen Beitrag. Aber ohne den Beitrag der Vereinigten Staaten von Amerika wäre die Situation für die Ukraine sehr, sehr schwierig. Das wollen und werden, das müssen wir unbedingt gemeinsam vermeiden.
Das Gespräch, das ich heute mit dem amerikanischen Präsidenten führe, wird all diese Themen zum Gegenstand haben. Es wird die sehr gute transatlantische Zusammenarbeit vertiefen und die Zusammenarbeit zwischen dem amerikanischen Präsidenten und mir bekräftigen. Sie ist ganz wichtig, gerade in dieser Zeit. Wir haben die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass Frieden und Sicherheit in der Welt gewährleitstet bleiben. Das können wir nur gemeinsam.
Schönen Dank.
Frage: Herr Bundeskanzler, eine Nachfrage zur Ukraine: Sollte sich bewahrheiten, dass das Ramstein-Format tatsächlich unter den Schirm der Nato gestellt … (ohne Mikrofon, akustisch unverständlich) Wie sehen Sie das? Wie blicken Sie darauf? … (ohne Mikrofon, akustisch unverständlich)
BK Scholz: Aus meiner Sicht geht es jetzt darum, dass wir hier alles dafür tun, dass die Beiträge der USA wie auch der Europäischen Union für eine militärische Absicherung der Ukraine verstärkt werden. Dabei geht es um Waffen- und Munitionslieferungen. Das werden wir hier besprechen. Alles andere sind Themen, die nicht im Mittelpunkt der Diskussion hier stehen.
Frage: Herr Bundeskanzler, haben Sie gestern eine Zusage der republikanischen Senatoren bekommen, dass diese für das Ukrainehilfspaket stimmen wollen?
Eine zweite Frage: Herr Putin hat gestern vorgeschlagen, den amerikanischen Journalisten gegen den Tiergartenmörder auszutauschen … (ohne Mikrofon, akustisch unverständlich) Ist das für Sie denkbar?
BK Scholz: Zunächst einmal habe ich ja schon oft und wiederholt mit Vertretern des amerikanischen Kongresses gesprochen, sowohl des Repräsentantenhauses als auch des Senats, und jetzt auch noch einmal sehr intensiv mit vielen Senatoren aus beiden Parteien. Alle Gespräche in der Vergangenheit - auch jetzt war das nicht sehr anders - haben doch immer meinen Eindruck verstärkt, dass diejenigen, die sich im Kongress um Außen- und Sicherheitspolitik in den USA kümmern, wissen, dass es eine weitere Unterstützung für die Ukraine geben muss und dass das auch einen substanziellen amerikanischen Beitrag genauso wie einen starken europäischen Beitrag voraussetzt. Ich bin aus dem Gespräch eigentlich mit der Erkenntnis gegangen, dass sich das bis heute nicht geändert hat. Deshalb sind solche Entwicklungen, wie wir sie gegenwärtig im Senat beobachten, ein Zeichen für die Zuversicht, die jetzt notwendig ist, dass es bald eine Entscheidung geben wird.
Ich will nicht darüber spekulieren, wie lange es noch dauert und ob es noch ein paar weitere Anläufe braucht. Aber es wäre schon gut, wenn es sehr bald erfolgte, weil es, wie gesagt, um eine große, wichtige, klare Botschaft an den russischen Präsidenten geht und um eine sehr tatkräftige Hilfe für die Ukraine.
Solche delikaten Fragen, wie Sie sie zuletzt angesprochen haben, müssen, denke ich, sehr vertraulich und an vielen Stellen erörtert werden, aber nicht hier.
Schönen Dank.