Pressestatement von Bundeskanzler Scholz anlässlich des Besuchs des Hauses der Wannsee-Konferenz am 12. September 2022 in Berlin

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BK Scholz: Dies ist ein furchtbarer Ort, hier ist ein furchtbares Verbrechen geplant worden ‑ der Holocaust ‑, und wie wir aus den Protokollen und Berichten genau wissen: bürokratisch, pedantisch, mit Präzision. Die Ungeheuerlichkeit des Verbrechens wird umso größer, wenn man weiß, auf welche Art und Weise das geschehen ist. Hier haben nicht welche zusammengestanden und geschrien und gebrüllt, wie auf den Marktplätzen das Hitlerregime und die Nazis gebrüllt haben, sondern hier ist pedantisch, bürokratisch vorgegangen worden.

Das zeigt, welch ungeheuerliches Verbrechen der Holocaust gewesen ist ‑ das Morden an Millionen europäischer Juden, das hier geplant und verabredet wurde. Deshalb ist es wichtig, dass dies eine Gedenkstätte ist ‑ nach vielen Jahren, in denen das nicht so war ‑, und deshalb ist es sehr, sehr wichtig, dass wir immer wieder die Erinnerung pflegen, dass wir nicht zulassen, dass das verblasst, was hier an Verbrechen aus Deutschland und von Deutschen verübt worden ist, und dass wir auch der jungen Generation helfen, dass sie dieses Verbrechen versteht und sich selber deshalb verpflichtet fühlt, alles dagegen zu tun, dass ein solches grausames Verbrechen wieder möglich wird.

Das bedeutet auch ganz konkret, dass wir uns verpflichtet fühlen, jedem Antisemitismus entgegenzutreten; denn er ist die eine Grundlage für dieses Verbrechen, und es kann nicht hingenommen werden, wenn hierzulande oder in anderen Ländern antisemitische Propaganda vorangebracht wird. Ich bin deshalb sehr froh, dass Israel und Deutschland zusammen in den Vereinten Nationen eine Initiative ergriffen haben, um das aufzuhalten und gemeinsam dagegen vorzugehen. Aber es bleibt eine immerwährende Verpflichtung.

Es bleibt auch eine Verpflichtung, dass wir unsere Unterstützung der Jewish Claims Conference fortsetzen, die in den letzten Jahren viel Hilfe organisiert hat und auch weiter organisiert. Es ist aber mindestens so wichtig, dass wir sagen: Jetzt geht es auch darum, die Aufgaben allmählich neu auszurichten, auch in die Bildungsarbeit, in die Erinnerungsarbeit, in die Erziehung, damit wir aus der Erinnerung für die Zukunft lernen und dafür Sorge tragen, dass es auch für künftige Generationen eine wichtige Aufgabe bleibt, gegen solche Verbrechen aufzustehen und gegen den Antisemitismus anzutreten.

Besonders bedrückend ist in dieser Zeit, dass in der Ukraine Überlebende des Holocaust sich nun vor den Bomben und dem Terror Russlands fürchten und dass schon einige, die die Lager der Nazis überlebt haben, jetzt diesen Bomben zum Opfer gefallen sind. Ich bin sehr berührt davon, dass einige von ihnen jetzt Schutz in Deutschland finden und dass wir das möglich machen können. Das ist auch ein ganz besonderes Zeichen, das ich mit aller Demut zur Kenntnis nehme.

Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie hier sind, dass Sie mit mir sprechen und dass wir gemeinsam über das reden können, was diese furchtbare Vergangenheit uns für die Zukunft an Aufgaben hinterlässt.

Schönen Dank!