Pressekonferenz von Bundeskanzler Scholz und dem Ministerpräsidenten von Nordmazedonien Kovačevski am 11. Juni 2022 in Skopje

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MP Kovačevski: Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Scholz, sehr geehrte Vertreter der Medien, sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger! Ich habe heute die Ehre, Bundeskanzler Olaf Scholz und die hohe Delegation der Regierung der Bundesrepublik Deutschland willkommen zu heißen. Innerhalb kurzer Zeit ist das der zweite Besuch eines deutschen Bundeskanzlers in unserem Land, und das ist ein Zeichen der außerordentlich guten Beziehungen zwischen Nordmazedonien und Deutschland. Ich heiße Sie im Namen der Regierung, in meinem Namen und im Namen der Bürgerinnen und Bürger herzlich willkommen!

Die Unterstützung, die wir seitens der Bundesrepublik Deutschland erhalten, ist unzweifelhaft eine Unterstützung unseres Weges, der sich auf Werte der EU und der Bundesrepublik Deutschland stützt. Wenn Sie Verbündete haben, die die gleichen Werte haben, und eine politische Partnerschaft haben, dann können Sie sicher sein, dass der gemeinsame Weg Sie ohne Herausforderungen sicher ans Ziel bringen wird.

Eines dieser Ziele ist die gemeinsame Haltung über die europäische Politik der Verurteilung der Aggression auf die Ukraine. Dieser Besuch ist wichtig auch wegen seines Zeitpunkts vor dem Juni-Gipfel der EU, und wir erwarten dort einen verdienten Schritt und den Beginn der Beitrittsverhandlungen unseres Landes. Der Besuch von Bundeskanzler Scholz ist ein starkes Zeichen der Unterstützung, dass wir die Kriterien für den Beginn der Beitrittsverhandlungen erfüllt haben.

Ein gemeinsames Ziel Nordmazedoniens und der Bundesrepublik ist, dass unser Land EU-Mitglied wird. Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Scholz, Ihre Anwesenheit ist ein Zeichen dafür, dass die Bundesrepublik Deutschland unseren EU-Weg unterstützt. Während der EU-Präsidentschaft und heute zeigt Berlin, dass es unsere Reformen als erreicht ansieht, und wir meinen, dass wir ein grünes Licht zum EU-Beitritt brauchen.

Heute feiern wir 29 Jahre Aufnahme der diplomatischen Beziehungen unserer beiden Länder. In diesen drei Jahrzehnten zeigte sich die Bundesrepublik Deutschland als unser erster Handelspartner mit einem Handelsvolumen von 4,2 Milliarden Euro. 45 Prozent des Exports Mazedoniens endet in Deutschland. 200 Unternehmen sind Partner mazedonischer Unternehmen und haben hier 20 000 Arbeitsplätze geschaffen. Sie machen ihre Arbeit gut, und wir erwarten eine erhöhte Produktion.

Viele deutsche Unternehmen - DRÄXLMAIER, Marquardt, ODW-ELEKTRIK, Kromberg & Schubert, Technical Textiles, KOSTAL Gruppe, Gerresheimer - haben hier Unternehmen gegründet. DRÄXLMAIER hat im April letzten Jahres neue Kapazitäten in Kumanovo eröffnet. Wir setzen gerade eine strategische Investition im Land um, nämlich für den Bau von Windrädern mit einer Leistung von 415 Megawatt im Wert von 500 Millionen Euro durch wpd. Im Treffen mit Bundeskanzler Scholz möchten wir deutsche Unternehmen dazu aufrufen, in unser Land zu investieren und auch unsere strategische Partnerschaft zu unterstützen.

Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger, Nordmazedonien schätzt die starke Unterstützung durch Deutschland. Das war schon während unseres Nato-Beitritts so, aber auch jetzt bei der Anerkennung des Verhandlungsrahmens und dem Beginn der Verhandlungen über den EU-Beitritt. Das wird eine Geste der Anerkennung unserer Bemühungen und unserer Ergebnisse sein, mit denen bestätigt wird, dass wir uns diese Zukunft, die Zukunft Nordmazedoniens als Mitgliedstaat der EU, verdient haben.

Vielen Dank!

BK Scholz: Lieber Herr Ministerpräsident, vielen Dank für den herzlichen Empfang heute hier in Skopje und das gute Gespräch, das wir miteinander hatten! Es ist wirklich schön, hier zu sein, und ein Zeichen unserer guten Zusammenarbeit.

Der westliche Balkan ist für Deutschland von strategischer Bedeutung. Ich befürworte seine Aufnahme in die Europäische Union. Seit bald 20 Jahren ist den Staaten des westlichen Balkans eine europäische Perspektive versprochen worden. Es wird Zeit, dass diesem Versprechen Taten folgen. Daher möchte ich Folgendes bereits zu Beginn ganz klar sagen: Deutschland meint es ernst mit der EU-Integration für die Staaten der Region, und das gilt natürlich ganz besonders für Nordmazedonien. Die EU steht besonders gegenüber Nordmazedonien im Wort, das alle Voraussetzungen für den Beginn der Beitrittsverhandlungen erfüllt hat.

Ich will hier ausdrücklich sagen: Ich habe die politische Kraft bewundert, die es möglich gemacht hat, dass die Verständigung mit Griechenland gelungen ist. Deshalb sollte uns der Rest der Aufgaben auch noch gelingen, und das ist in der Tat etwas, an dem die Bürgerinnen und Bürger Nordmazedoniens und Ihre Regierung sehr hart gearbeitet haben und wo jetzt auch für diese ganze Anstrengungen die Ernte anstehen sollte. Die vor zwei Jahren fest zugesagten Beitrittsverhandlungen müssen jetzt beginnen. Ich werde mich jedenfalls dafür stark machen.

Ich möchte auch meine Anerkennung dafür ausdrücken, dass Nordmazedonien die EU-Position und Maßnahmen gegenüber Russland voll mitträgt. Das ist ein weiterer Beleg dafür, wie fest Nordmazedonien auf dem Grund europäischer Werte steht und dass es auch bereit ist, dafür einzustehen.

Aus meiner Sicht ist es auch ganz wichtig, dass wir hier zusammenstehen; denn Russlands verbrecherischer Angriffskrieg gegen die Ukraine hat auch dazu geführt, dass die Europäische Union einiger geworden ist. Wir sind zusammengewachsen bei unserem gemeinsamen Bemühen, die Ukraine zu unterstützen und zu verteidigen, ihr die Möglichkeit zu geben, ihr Land zu verteidigen und ihre Integrität und Souveränität zu sichern, und wir werden das alle auch weiter tun - mit allen unseren Möglichkeiten.

Gleichzeitig ermuntere ich Nordmazedonien, den eingeschlagenen Reformpfad engagiert weiterzugehen. Je schneller Sie jetzt vorankommen, desto schneller können die Beitrittsverhandlungen voranschreiten, sobald sie denn begonnen haben.

Die bilateralen Beziehungen zwischen Nordmazedonien und Deutschland sind nicht nur auf politischer, sondern auch auf wirtschaftlicher, kultureller und menschlicher Ebene vielfältig und sehr, sehr eng. Deshalb unterstützt Deutschland Nordmazedonien auf seinem Weg in die EU nicht nur europapolitisch, sondern auch ganz praktisch bilateral, beispielsweise durch Berater in Ministerien und durch finanzielle Projektförderung.

Insbesondere - das belegen die Zahlen - sind unsere Wirtschaftsbeziehungen eine Erfolgsgeschichte. Von 2014 bis 2021 konnten wir unseren gemeinsamen Handelsumsatz mehr als verdoppeln, von knapp 2,2 auf über 4,7 Milliarden Euro.

Am schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien haben wir gemeinsam ein großes Interesse. Deutschland möchte dabei helfen, dass die Energiewende in Nordmazedonien auf den Weg gebracht werden kann.

Ein wichtiger Schritt für die Entwicklung der gesamten Region ist, dass wir die wirtschaftliche Integration vorantreiben - zum Nutzen der Bürgerinnen und Bürger der Staaten des westlichen Balkans. Alle Länder des westlichen Balkans profitieren von besserer regionaler Kooperation. Diese stärkt die Wirtschaft, verbessert die guten nachbarschaftlichen Beziehungen und beschleunigt die Annäherung an die Europäische Union.

Wir haben seit vielen Jahren einen Prozess auf den Weg gebracht, der diesen Weg unterstützen soll. Das ist der sogenannte Berliner Prozess. Er hat seit 2014 gezeigt, welches Potenzial in der Zusammenarbeit der sechs Länder des westlichen Balkans steckt. Ich will diesen Berliner Prozess wiederbeleben. Wichtig sind jetzt Fortschritte bei der Umsetzung des Aktionsplans für einen Gemeinsamen Regionalen Markt, der vor zwei Jahren in Sofia beschlossen worden ist. Die Schaffung und Gewährleistung der vier Grundfreiheiten - freier Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr - ist für die Region von allergrößter Bedeutung.

Dafür, was regionale Kooperation erreichen kann, gibt es eine Reihe von inspirierenden Beispielen, etwa die Austauschprogramme und die grenzüberschreitenden Jugendprojekte, ganz praktisch die Abschaffung von Roaminggebühren in der Region und auch die Vereinfachungen beim grenzüberschreitenden Güterverkehr. Dieser Geist ist für mich Ausdruck dessen, was europäische Integration, ja was die Europäische Union ausmacht.

Ich freue mich jedenfalls auf die weitere Intensivierung unserer Beziehungen zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger Nordmazedoniens, des gesamten Westbalkans und Deutschlands. Noch einmal herzlichen Dank für die freundliche Einladung!

Frage: Herr Premierminister Kovačevski, es ist offensichtlich, dass sich die Aufmerksamkeit der ganzen Öffentlichkeit in Mazedonien auf die Ergebnisse vom 23. Juni richtet. In der Zwischenzeit hat sich einiges in Bulgarien verkompliziert. Ein Koalitionspartner hat die Koalition verlassen, und Premierminister Petkov hat Bedingungen für unseren EU-Beitritt gestellt. Bundeskanzler Scholz ist persönlich hier und hat ein starkes Signal gesendet, dass er uns in diesem Konflikt unterstützt. Hat er Sie überzeugt, dass es am 23. Juni eine Wende geben wird? Wird es eine Deblockierung geben? Was können wir als Land hinsichtlich dieser Bedingungen tun?

MP Kovačevski: Danke für die Frage. Ich beginne mit dem Teil der Frage, der sich auf unseren Gast bezieht.

30 Jahre hat die Bundesrepublik Deutschland ihre Freundschaft gezeigt. In diesen 30 Jahren hat Nordmazedonien viele schwierige Entscheidungen getroffen und viele Reformen umgesetzt. Die Bundesrepublik Deutschland und die Institutionen haben zusammengearbeitet. Er hat uns klar seine Meinung hinsichtlich einer schnellen EU-Mitgliedschaft gesagt.

Was die Frage in Bezug auf die Republik Bulgarien angeht, stimmt das, was wir in den Medien sehen. Es gibt politische Turbulenzen, aber wir können in dieser Hinsicht nichts tun, nichts kommentieren oder irgendwie deuten, denn wir sind ein Staat, der aktiv Gespräche mit Bulgarien führt, und zwar prinzipiell und basierend auf europäischen Werten. An den Verhandlungen nehmen das Außenministerium und der Sektor auf Grundlage einer Resolution teil, die unser Parlament verabschiedet hat.

Hinsichtlich der Verhandlungen habe ich schon betont: Voraussetzung ist, dass es Vertrauen zwischen den Verhandlungspartnern gibt, dass man wirklich eine Lösung finden möchte. Wir möchten eine Lösung finden; ich habe Ihnen die Prinzipien schon genannt. Auch Bulgarien muss bereit sein, das zu tun.

Es gibt einen großen Unterschied zwischen uns und Bulgarien. Dies war für uns eine Frage in den Verhandlungen und dem Beginn der Beitrittsgespräche. Als Regierung und Regierungskoalition haben wir diese Frage nie instrumentalisiert und politisiert, um innenpolitische Punkte zu erlangen. Aber in Bulgarien wurde diese Frage zu einer innenpolitischen Frage und oft einseitig instrumentalisiert und politisiert. Das ist nicht gut. Deswegen möchte ich nicht das kommentieren, was ich in den Medien gesehen habe, nämlich Vermutungen über bestimmte Forderungen Bulgariens. Denn das alles ist Thema der Außenministerien. Wenn die Ministerien gemeinsam eine akzeptable Lösung finden, werden diese Dokumente mit den Institutionen in beiden Ländern geteilt. In diesem Moment gibt es so ein gemeinsames akzeptables Dokument nicht.

Frage: Herr Bundeskanzler, der Ministerpräsident hat jetzt eine sehr klare Erwartung an den EU-Gipfel am 23. und 24. Juni geäußert, dass dann nämlich schon eine Entscheidung für die Beitrittsverhandlungen fallen sollte. Halten Sie das für realistisch?

Eine zweite Frage, wenn Sie erlauben: Nordmazedonien ist schon seit 17 Jahren EU-Beitrittskandidat. Halten Sie es im Rückblick für richtig, dass so frühzeitig die Entscheidung für den Kandidatenstatus gefallen ist?

Was lernen Sie aus dem Verlauf des Beitrittsprozesses Nordmazedoniens für die Entscheidung in Sachen Kandidatenstatus für die Ukraine?

Herr Ministerpräsident, an Sie die Frage: Die EU-Kommission wird sich voraussichtlich in der nächsten Woche in Sachen Kandidatenstatus für die Ukraine positionieren. Wenn Sie eine Empfehlung abgeben könnten, würden Sie der Kommission empfehlen, der Ukraine den Kandidatenstatus zu verleihen?

BK Scholz: In der Tat ist es so, dass in Thessaloniki vor knapp 20 Jahren, im Jahr 2003, den Ländern des westlichen Balkans sehr weitreichende Zusagen gemacht worden sind, was die EU-Mitgliedschaft betrifft. Wenn man sich an die Zeit zurückerinnert, wird es wahrscheinlich so gewesen sein, dass viele der damals Beteiligten gedacht haben, dass das viel schneller geht, als dass es nach 20 Jahren immer noch nicht passiert ist. Insofern haben wir als Europäische Union hier auch eine Verpflichtung, unsere eigenen Versprechungen glaubwürdig umzusetzen und zu realisieren.

Das gilt natürlich ganz besonders für Nordmazedonien. Ich habe es eben schon gesagt: Es sind große weitreichende politische Entscheidungen, die hier getroffen worden sind. Hier hat es auch das gegeben, was in der Politik oft vermisst wird, nämlich politische Führung und die Bereitschaft, etwas zu wagen. Deshalb werde ich mich jedenfalls und wird sich Deutschland sehr dafür einsetzen, dass jetzt der Weg für konkrete Gespräche hinsichtlich konkreter Eröffnungen von Verhandlungen freigemacht wird, weil das jetzt notwendig ist. Wir jedenfalls sind bereit, eine solche Entscheidung zu treffen und werben auch bei vielen anderen dafür, dass sie stattfinden kann.

Dass wir nicht alleine sind, ist ja bekannt. Insofern geht es jetzt darum, den Raum zu sondieren und möglich zu machen, dass wir dort weitere Fortschritte erreichen. Ich finde, sie sind auf der Tagesordnung und sie müssen jetzt auch realisiert werden.

Ihre Frage im Hinblick auf die lange Zeit des Kandidatenstatus ist natürlich sehr interessant. Wenn man sich damit beschäftigt, stellt man fest: Es hat nicht immer den Status Beitrittskandidat gegeben. Der kam irgendwann neu in die Welt. Vorher wurde miteinander gesprochen, und irgendwann war es so weit. Jetzt haben wir diese Strukturen so verändert, dass es plötzlich diesen Beitrittskandidatenstatus gibt, und der bekommt plötzlich eine ganz neue Bedeutung. Aber was Nordmazedonien betrifft, ist es so, dass hier nun wirklich alle Voraussetzungen erfüllt sind. Deshalb werde ich mich jedenfalls dafür einsetzen, dass jetzt der nächste Schritt passiert.

MP Kovačevski: Danke für die Frage. - Hinsichtlich der Einleitung Ihrer Frage und der Erwartungen: Die Republik Nordmazedonien hat alles getan, damit die erste Interregierungskonferenz beginnen kann. 45 Prozent unserer Gesetzgebung ist an die EU angeglichen. Wenn wir uns die Kapitel anschauen, dann sieht man aus den Berichten der europäischen Institutionen, dass es in den Ländern, die schon mehr als zehn Jahre mit der EU verhandeln, eine Harmonisierung in bestimmten Kapiteln gibt. Es handelt sich um ein System, das auf Verdiensten basiert, und Mazedonien verdient zu 100 Prozent die erste Regierungskonferenz.

Die mazedonischen Bürgerinnen und Bürger feiern ihre Unabhängigkeit am 8. September. Wir können nicht ständig Opfer der Gipfel der EU sein. Wird es ein Datum geben oder nicht? Erwartungen daran, was bei einem EU-Gipfel passieren wird, hängen nicht von uns ab, sondern ausschließlich davon, ob sich die 27 Mitgliedstaaten einigen und ob es die erste Regierungskonferenz gibt. Im Moment hängt das von einem EU-Mitgliedstaat ab. Es hält zwei Kandidaten als Geiseln auf dem Weg zur EU. Wir danken für die Unterstützung seitens der Bundesrepublik, was den Beginn der Beitrittsverhandlungen angeht.

Hinsichtlich der Ukraine: Das ist meiner Meinung nach eine politische Botschaft. Wenn wir über die Verdienste sprechen, dann gibt es Länder wie uns. Wir sind vollständig bereit für den Start der Verhandlungen. Aber andererseits sendet die EU Signale an die Ukraine und andere Länder, die den Wunsch und auch das absolute Recht haben, die EU-Werte zu teilen und ihren eigenständigen Weg der EU-Integration zu wählen. Diese politische Entscheidung wird aber die Europäische Union auf ihrem nächsten Gipfel treffen.

Frage: Herr Scholz, Sie sagten, Mazedonien sei oft versprochen worden, dass die Beitrittsgespräche beginnen werden. Aber wir haben viel getan und auch unseren Landesnamen geändert. Was ist Ihrer Meinung nach der Zeitrahmen für den Beginn der Verhandlungen?

Zweitens. Macron hat eine neue EU-Gemeinschaft vorgeschlagen. Ist das ein Trostpreis für uns, die schon lange auf die EU-Integration warten und vielleicht auch noch Jahre warten werden?

BK Scholz: Ich wiederhole gerne, was ich eben schon gesagt habe: Aus meiner Sicht kann die erste Beitrittskonferenz sofort beginnen. Die Voraussetzungen dafür sind vorhanden. Deshalb ist es ja auch mein Anliegen, das politische Umfeld ein bisschen zu begleiten, damit wir diesen Fortschritt auch tatsächlich erreichen. Ich wiederhole, was Sie in Ihrer Frage gesagt haben: Hier sind viele, viele Anstrengungen unternommen worden, und Nordmazedonien genauso wie Albanien haben es sich verdient, dass diese konkreten Gespräche und Verhandlungen jetzt auch aufgenommen werden und nicht immer weiter verschoben werden. Jedenfalls werden wir uns sehr unermüdlich dafür einsetzen, dass das möglich wird.

Was das Zweite betrifft, möchte ich den französischen Präsidenten zitieren, der für sich sagt: Nein, so sei es nicht gemeint.

Frage: Auf der ersten Station Ihrer Reise, in Pristina, haben Sie gesagt, zwei Staaten, die sich gegenseitig nicht anerkennen, könnten nicht Mitglieder der EU sein. Kurz darauf hat Ihnen und uns der serbische Präsident Vučić erklärt, das habe er zum ersten Mal gehört, das sei etwas ganz Neues. Ist die Botschaft von Ihnen an Ihre heutigen Gesprächspartner insofern adressiert gewesen? Gilt sie jenseits von völkerrechtlicher, staatlicher Anerkennung auch für die Anerkennung historischer kultureller und sprachlicher Eigenständigkeit, etwa von Nordmazedonien?

Herr Ministerpräsident, wenn Sie erlauben, stelle ich eine Frage an Sie als Regierungschefs eines Nato-Mitgliedstaates: Wie sollte die Nato auf das jüngste Sprechen und Handeln des türkischen Staatspräsidenten Erdoğan reagieren, was die Blockade des Beitritts von Schweden und Finnland angeht, aber auch die jüngsten Drohungen, die er gegen Griechenland ausgesprochen hat?

BK Scholz: Das ist eine lange Frage, auf die es eigentlich nur eine kurze Wiederholung der schon gegebenen Antwort geben kann: Ich finde, dass es selbstverständlich so weit ist, dass Nordmazedonien den nächsten Schritt machen kann, genauso wie Albanien. Die Voraussetzungen dafür liegen vor. Deshalb ist es natürlich die Sache von allen, die Mitglieder der Europäischen Union sind, ihren Beitrag dazu zu leisten, dass das auch möglich wird. Eine solche Gemeinschaft lebt davon, dass man sie auch als Gemeinschaft begreift und dass man akzeptiert, dass es eben notwendig ist, sich immer selbst einen Ruck zu geben, damit das jetzt für alle 27 und später ja dann noch mehr Länder funktioniert. Deshalb ist mein Wunsch: Das soll jetzt klappen.

MP Kovačevski: Hinsichtlich der Nato: Wir sind der jüngste Mitgliedstaat. Wegen der Politik der offenen Tür der Nato und auch der schweren Entscheidungen, die wir im Land getroffen haben, sind wir Mitglied der Nato. Im Rahmen der Integration in die Nato haben wir gezeigt, dass wir ein Land sind, dass sich sehr schnell in das politische und militärische System integriert hat. Wir unterstützen die Politik der offenen Tür bezüglich aller Länder, die die Werte der Nato-Allianz und des Washingtoner Vertrags teilen. Wir haben schon entschieden und unseren Botschafter entsprechend beauftragt, nachdem Schweden und Finnland kandidiert haben. Ich hoffe nur, dass im weiteren Verfahren alle Mitgliedstaaten eine gemeinsame Haltung hinsichtlich der positiven Nato-Erweiterung haben werden.

Zu den weiteren Treffen: Am Treffen in Madrid werden wir teilnehmen, und dort wird unser Botschafter unsere Meinung hinsichtlich der weiteren Entscheidungen der Nato mitteilen.