Merkel: Abschottung ist keine Option

Regierungserklärung der Kanzlerin Merkel: Abschottung ist keine Option

Kein europäisches Land könne die aktuellen Herausforderungen allein bewältigen. Dies betonte Kanzlerin Merkel in ihrer Regierungserklärung im Vorfeld des Europäischen Rates. Gerade Deutschland habe eine besondere Verantwortung, sich für den europäischen Zusammenhalt einzusetzen.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel gibt im Bundestag eine Regierungserklärung zum bevorstehenden Europäischen Rat.

Merkel: Unsere Art zu leben, unsere Freiheit, unser Rechtstaat sind so viel stärker als jeder Terror.

Foto: Bundesregierung/Kugler

"Abschottung ist im 21. Jahrhundert keine vernünftige Option", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer Regierungserklärung vor dem Deutschen Bundestag. Keinem Land werde es allein gelingen, sich etwa im internationalen wirtschaftlichen Wettbewerb, in der Flüchtlingskrise oder bei der Terrorismusbekämpfung allein zu behaupten. "Deshalb dürfen wir gerade in schwierigen Zeiten nicht der Versuchung erliegen, in nationalstaatliches Handeln zurückzufallen."

Offene Binnengrenzen und die gemeinsame europäische Währung zählten zu den wichtigsten europäischen Errungenschaften, von denen Deutschland besonders profitiere. Diese gelte es zu wahren und zu schützen, so die Kanzlerin

Solidarität mit Frankreich – Kampf gegen den IS

Merkel erinnerte an die schrecklichen Terroranschläge von Paris. Es sei "selbstverständlich, dass wir nach den schrecklichen Anschlägen von Paris fest an der Seite unserer französischen Nachbarn stehen."

Der IS sei eine globale Bedrohung für Frieden und Sicherheit. Man müsse sich der gemeinsamen Bedrohung auch gemeinsam entschlossen entgegen stellen. Bei dem militärischen Engagement Deutschlands in Syrien und dem Einsatz für eine politische Lösung gelte aber immer: "Assad kann niemals Teil einer langfristigen Lösung sein", so die Kanzlerin.

Nicht erst seit dem Entschluss für ein militärisches Engagement gegen den IS stehe Deutschland im Fadenkreuz des internationalen Terrorismus. Doch "unsere Art zu leben, unsere Freiheit, unser Rechtstaat – sie sind so viel stärker als jeder Terror", betonte Merkel.

Der Europäische Rat am 17. und 18. Dezember werde sich mit gemeinsamen Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung befassen. Wichtig sei die europäische Zusammenarbeit: Der Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten soll verbessert und die Finanzierung terroristischer Organisationen erschwert werden, erläuterte Merkel. Die Einigung auf die Speicherung von Fluggastdaten trage zu mehr Sicherheit bei.

Video Regierungserklärung von Bundeskanzlerin Angela Merkel zum EU-Rat am 17. und 18. Dezember

Ukraine-Konflikt: Sanktionen verlängern

Mit Blick auf den Ukraine-Konflikt sagte die Bundeskanzlerin, das Minsker Maßnahmenpaket vom Februar habe immerhin zu einer Beruhigung der Lage, wenn auch nicht zum völligen Erliegen der Kampfhandlungen beigetragen.

Sie betonte: "Eine mögliche Aufhebung der Sanktionen gegen Russland ist mit der vollständigen Umsetzung des Minsker Pakets verknüpft – das haben wir noch nicht erreicht." Deshalb werde sie sich gemeinsam mit Außenminister Steinmeier dafür einsetzen, dass die bestehenden Sanktionen verlängert und die Minsker Vereinbarungen auch in vollem Umfang eingehalten werden.

Großbritannien: aktiver Partner in einer starken EU

Die Kanzlerin ging in ihrer Rede auch auf die Reformwünsche Großbritanniens ein. Die Bundesregierung beteilige sich konstruktiv an den Verhandlungen, sagte sie. Jedoch "wollen und werden wir die grundlegenden Errungenschaften der europäischen Integration nicht in Frage stellen."

Die Freizügigkeit und die Nichtdiskriminierung anderer EU-Bürger würden nicht zur Disposition stehen. Deutschland wünsche sich, dass Großbritannien ein aktiver Partner in einer starken EU bleibe. Ohne Großbritannien würde die EU deutlich an Gewicht verlieren.

Merkel weiter: "Europa muss auf einem soliden wirtschaftlichen Fundament stehen, um auch alle anderen Herausforderungen überhaupt bewältigen zu können." Daher sei es elementar, dass der EU-Binnenmarkt gestärkt werde. Der digitale Binnenmarkt, aber auch die Energieunion müssten vorangetrieben werden.

Schutz der EU-Außengrenzen elementar

Zur Flüchtlingskrise sagte die Kanzlerin, dass die bereits beschlossenen Maßnahmen konsequent umgesetzt werden müssten. Vor allem die EU-Außengrenzen müssten geschützt werden. Die Europäische Kommission habe wichtige Vorschläge für einen europäischen Grenz- und Küstenschutz gemacht.

Die Vorschläge würden nicht nur in die richtige Richtung gehen, sondern seien "in ihrer Reichweite noch vor einem Jahr kaum vorstellbar gewesen". Sie werde sich dafür einsetzen, dass diese "möglichst rasch beraten und verabschiedet" werden könnten. Weiter forderte die Kanzlerin einen dauerhaften Verteilungsmechanismus für Flüchtlinge in Europa.

In der Flüchtlingskrise bleibe die Türkei ein Schlüsselpartner, so Merkel. Hier sei es wichtig, die vereinbarte Bereitstellung von drei Milliarden Euro durch die EU voranzubringen. Denn je besser die Lebensbedingungen für Flüchtlinge in der Türkei seien, desto weniger Flüchtlinge würden sich auf den Weg nach Europa machen.

Angesichts der bevorstehenden Syrien-Konferenz in London erklärte die Kanzlerin: "Der britische Premierminister, meine norwegische Kollegin, der Emir von Kuwait und ich werden am 4. Februar eine Konferenz durchführen, bei der wir versuchen werden, möglichst viel Geld zusammen zu bekommen, das für UNHCR und Welternährungsprogramm für 2016 notwendig ist, damit nicht von Monat zu Monat wieder das Fragezeichen besteht: Haben wir genug Geld oder haben wir nicht genug Geld?" Dieser Zustand sei nicht zumutbar, so Merkel.