Marie Juchacz: Erste Rednerin im Parlament

Vor 100 Jahren Marie Juchacz: Erste Rednerin im Parlament

Es ist ein historischer Moment, als Marie Juchacz am 19. Februar 1919 ans Rednerpult der Weimarer Nationalversammlung tritt und das Wort ergreift. Zum ersten Mal spricht eine Frau in einem deutschen Parlament.

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"Meine Herren und Damen!": Mit diesen Worten eröffnete Marie Juchacz am 19. Februar 1919 ihre Rede in der Weimarer Nationalversammlung. Das Protokoll der damaligen Parlamentsdebatte vermerkt nach dieser ungewöhnlichen Begrüßung "Heiterkeit". Dabei haben die ausgesprochenen Worte einen ernsten und zugleich wegweisenden Hintergrund.

Die Sozialdemokratin Marie Juchacz ist die erste Frau, die in einem deutschen Parlament ans Rednerpult treten darf. Ein historischer Tag für Deutschland und eine wichtige Etappe auf dem Weg zu mehr Gleichberechtigung der Frauen.   

Wahlrecht für Frauen

Bis kurz zuvor hatten Frauen in Politik und Gesellschaft nur wenige Mitspracherechte. Erst mit der Verordnung über die Wahlen zur verfassunggebenden deutschen Nationalversammlung vom 30. November 1918 wurde das aktive und passive Wahlrecht eingeführt.

Dies war die Geburtsstunde des Frauenwahlrechts. Somit konnten Frauen in Deutschland bei der Wahl zur Nationalversammlung am 19. Januar 1919 erstmals auf nationaler Ebene ihr neues Recht nutzen.

Rede als Frauenrechtlerin

Einen Monat später war es die Potsdamer Abgeordnete Marie Juchacz, die im Parlament ihr Wort erheben konnte:

"Es ist das erste Mal, dass in Deutschland die Frau als freie und gleiche im Parlament zum Volke sprechen darf. Ich möchte hier feststellen, und glaube damit im Einverständnis vieler zu sprechen, dass wir deutschen Frauen dieser Regierung nicht etwa in dem althergebrachten Sinne Dank schuldig sind. Was diese Regierung getan hat, das war eine Selbstverständlichkeit: sie hat den Frauen gegeben, was ihnen bis dahin zu Unrecht vorenthalten worden ist."

Gründerin der Arbeiterwohlfahrt

Ihre eigene größte sozialpolitische Leistung war die Gründung der Arbeiterwohlfahrt (AWO) im Dezember 1919. Tausende Kriegsversehrte, Witwen und Waisen standen nach Ende des Ersten Weltkriegs ohne soziale Hilfen da.

Auf Initiative von Marie Juchacz entwickelte sich rasch eine tragfähige Organisation mit Schulungseinrichtungen für Sozialarbeiter, Kindergärten und Erholungsheimen. Mehrere Städte in Deutschland benannten Straßen nach ihr, entweder als "Marie-Juchacz-Straße" oder "Marie-Juchacz-Weg".       

Die Sozialpolitikerin und Frauenrechtlerin – Marie Juchacz – ist am 15. März 1879 in Landsberg an der Warthe geboren und am 28. Januar 1956 in Düsseldorf verstorben. Sie war Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) und Gründerin der Arbeiterwohlfahrt (AWO). Ihr Engagement in der deutschen Frauenbewegung und im Kampf um die Gleichberechtigung der Frauen bleibt bis heute unvergessen.