Kommunizieren unter Wasser

Wehrtechnische Dienststelle für Schiffe und Marinewaffen, Maritime Technologie und Forschung - (WTD71) Kommunizieren unter Wasser

Weltweit verständigen wir uns oder orten mit elektromagnetischen Wellen, also Funkwellen oder Radar. Unter Wasser funktioniert das nicht. Dafür lässt sich mit Schallwellen orten und kommunizieren, was aber nicht einfach ist. Die Bundeswehr forscht dazu in ihrer "Wehrtechnischen Dienststelle 71".

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WTD 71.U-Boote und Schiffsverband.

Bei Übungen mit U-Booten interessiert sich die Marine auch für das Thema Schallwellen.

Foto: WTD 71

Der Untergang der Titanic nach der Kollision mit einem Eisberg zeigte, wie notwendig Ortungsmöglichkeiten unter Wasser sind. Resultat waren das Echolot und das Sonar, die nach dem Ersten Weltkrieg erfunden wurden. Sie nutzen Schallwellen, um die Wassertiefe zu vermessen oder Unterwasserhindernisse festzustellen.

Komplizierte Ausbreitung

Funkwellen wandern immer mit der gleichen Geschwindigkeit, mit Lichtgeschwindigkeit. Die Geschwindigkeit von Schallwellen dagegen variiert je nach dem Medium, in dem sie sich fortbewegen. Sie breiten sich im Wasser erheblich schneller aus als in Luft. Dabei ist die Geschwindigkeit abhängig von Wassertiefe, Temperatur und Salzgehalt. Um also etwa mit dem Echolot die Tiefe feststellen zu können, muss man nicht nur wissen, welche Zeit zwischen Aussenden des Signals und Auffangen der Reflektion vergangen ist. Man muss auch die anderen Merkmale des Wassers in die Rechnung einbeziehen, um zu einer exakten Messung zu kommen.

Schiff FS PLANET

Forschungsschiff Planet

Foto: Bundeswehr WTD71

Für Schallwellen im Meer und ihre technischen Möglichkeiten und Grenzen interessiert sich vor allem die Marine. Deshalb forscht die Wehrtechnische Dienststelle für Schiffe und Marinewaffen, Maritime Technologie und Forschung - kurz WTD71 - grundlegend auf dem Gebiet der Schallwellen und speziell an der Entwicklung von Ortungs- und Kommunikationsgeräten.

U-Boote tarnen

Insbesondere bei U-Booten ist die Tarnung wichtig. Die so genannte akustische Signatur, also das typische Geräusch der Motoren eines Schiffes, muss möglichst gering sein. Auch kann das U-Boot gezielt Positionen ansteuern, an denen Bodenstrukturen eine Ortung erschweren. Details für den Einsatz erarbeitet die WTD 71 im Rahmen ihres Forschungsprogramms.

Wehrtechnische Dienststelle für Schiffe und Marinewaffen, Maritime Technologie und Forschung

Gebäude der WTD71auf dem Marinearsenal Kiel

Foto: Bundeswehr WTD71

Dazu stehen ihr zahlreiche Einrichtungen zur Verfügung. Unter anderem mehrere moderne Erprobungsschiffe, darunter das Forschungsschiff "Planet". Das Doppelrumpfschiff mit unter der Wasseroberfläche liegenden Schwimmkörpern ist besonders geeignet für Studien bei rauer See.

Schiffbau und Waffentechnik

Neben Fragen der Hydroakustik – also dem Schall unter Wasser - befasst sich die WTD 71 mit Themen des Schiffbaus und der Waffentechnik. "Grundsätzlich wird nur dort Forschung durchgeführt, wo es außerhalb der Bundeswehr keine Einrichtungen gibt, die dies ausführen können, die WTD 71 also ein Alleinstellungsmerkmal besitzt", sagt Dr. Uwe Kretschmer, der Leiter Maritime Forschung an der WTD 71.

WTD71 Interview Dr. Uwe Kretschmer, GBL, Leiter Maritime Forschung und F&T Koordination der Wehrtechnische Dienststelle für Schiffe und Marinewaffen

Schall passiv zu orten ist ein Forschungsthema, ein anderes ist die aktive Suche mit Schall, die Suche nach U-Booten oder Minen. Beide Anwendungsfälle der Marine arbeiten unterschiedlich. Mit hochfrequentem Schall sucht man nach Minen. Dieser hat eine deutlich geringere Reichweite, dafür aber gestattet er eine detaillierte Erkennung von gefundenen Objekten. Mit ihm lassen sich auch sehr kleine Strukturen erkennen und daraufhin analysieren, ob es sich um eine Seemine handeln könnte.

U-Boote finden

bistatik

Bistatische Ortung von U-Booten

Foto: WTD 71

Bei U-Booten dagegen geht es eher darum, sie aus größerer Entfernung orten zu können. Bekannt ist, dass sich Wale über Tausende von Kilometern akustisch verständigen können. Sie tun dies mit niederfrequenten Schallwellen. Daher arbeitet auch die Marine mit niederfrequenten Wellen, um deren größere Reichweite zu nutzen. Um allerdings die Position eines U-Bootes genau bestimmen zu können, reicht das Aussenden von Schallwellen und Auffangen der reflektierten Wellen am gleichen Ort nicht aus.

Die WTD 71 entwickelt und erprobt daher ein System, bei dem mindestens zwei Kriegsschiffe beteiligt sind, ein bistatisches System. Ein Schiff sendet die Wellen aus. "Es knippst das Licht an", erläutert Kretschmer. Es selbst und andere Schiffe, die wiederum per Satellit miteinander verknüpft sind, registrieren die Wellen. Aus der Laufzeit der Schallwellen, ihrer Richtung und den Positionen des Senders und der Empfänger lässt sich dann das U-Boot sehr genau lokalisieren. Die WTD 71 entwickelt ein Gesamtsystem für die "U-Boot-Jagd im Verbund" auch unter Einbindung eines getauchten und damit verdeckt operierenden U-Bootes.

Immer mehr Lärm

Die Arbeit der WTD 71 ist auch für die zivile Nutzung der Meere wichtig. Auch wenn die Meere riesig sind, greift der Mensch doch immer stärker ein, indem er zunehmend Bodenschätze fördert oder einfach nur immer mehr und immer größere Handelsschiffe betreibt. Er macht immer mehr Lärm.

Besorgt sind Umweltschützer, dass dieser Lärm schädlich für die Tierwelt sein könnte. Dies gilt derzeit vor allem für den Bau von Offshore-Windparks. Die WTD 71 berät daher die Genehmigungsbehörden und versucht so, negative Auswirkungen auf die Meeresumwelt – dem übergeordneten Forschungsgebiet der WTD 71- zu verhindern.

Die Wehrtechnische Dienststelle für Schiffe und Marinewaffen, Maritime Technologie und Forschung (WTD 71) gehört zum Geschäftsbereich des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr. Sie befindet sich in Eckernförde (Schleswig-Holstein) und wurde 1957 gegründet. Sie deckt die gesamte Bandbreite maritimer Wehrtechnik in allen Phasen des Entstehungsganges von Wehrmaterial ab. Die Aktivitäten sind in erster Linie ausgerichtet auf das Gesamtsystem Schiff und das Zusammenwirken unterschiedlicher Komponenten auf und mit diesem System im maritimen Umfeld. Hauptthema sind Wasserschall und Geophysik.

Dazu verfügt die WTD71 über Anlagen für die magnetische Vermessung und Behandlung von Schiffen und Komponenten, Akustische Messstellen für Schiffe in Tief- und Flachwasser, Unter- und Überwasserbahnvermessungssysteme, Unterwassertestanlage, Torpedoschießstand und –bahn. Bei der WTD 71 sind derzeit zirka 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt.