Siegerehrung im 58. Wettbewerb „Jugend forscht“
Bei der Preisverleihung des Bundeswettbewerbs „Jugend forscht“ sind die innovativen Ideen und Projekte junger Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler ausgezeichnet worden. Bundesforschungsministerin Stark-Watzinger würdigte vor allem die Beharrlichkeit der jungen Forscherinnen und Forscher.
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Innovative Ideen und spannende Forschungsprojekte: Bundesforschungsministerin Stark-Watzinger kürte beim 58. Bundesfinale des Wettbewerbs Jugend forscht die besten Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler. Mehr als 9.000 junge Menschen hatten sich mit mehr als 5.000 Projekten beteiligt. Ziel des Wettbewerbs: Jugendliche für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik begeistern, Talente finden und fördern.
„Wir suchen die Forscher von morgen!“ – So rief 1965 stern-Chefredakteur Henri Nannen zur ersten Runde von Jugend forscht aus. Das Thema hat seitdem nichts von seiner Aktualität verloren: Damals wie heute ist Deutschland darauf angewiesen, besondere Leistungen und Begabungen in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (MINT) zu fördern.
„Frühkindliche Bildung, in den Kitas, MINT-Cluster, außerschulische Lernorte – wir unterstützen in vielen Bereichen, dass die MINT-Bildung, dass diese tollen Fächer noch mehr in die Schulen, zu den Jugendlichen kommen“, so die Ministerin. Sie betonte: „Jede Investition in die Zukunft unserer Kinder ist die richtige Investion.“
Herausforderungen mit Energie und Optimus begegnen
Ihr Appell daher: „Früh anfangen und nie aufhören!“ Nicht jedes Hindernis als lähmend zu sehen, sondern als Herausforderung, nochmals nachzudenken, wie kann man es lösen, also Energie und Zukunftsoptimismus zu haben, „das könne man von den jungen Forscherinnen und Forschern lernen“.
In unserem Land werde immer viel über Defizite diskutiert, heute hätten wir gesehen: „The best is yet to come“, so die Ministerin während der Preisverleihung.
Preis des Bundeskanzlers für ein komplexes Thema
Auch dieses Jahr haben junge Menschen wieder eine große Bandbreite an kreativen und innovativen Forschungsprojekten entwickelt. Beim „Gipfeltreffen“ der besten Jungforscherinnen und Jungforscher Deutschlands in Bremen wurden die Siegerinnen und Sieger der 58. Wettbewerbsrunde „Jugend forscht“ ermittelt und geehrt.
So auch Charlotte Klar (18) und Katharina Austermann (18) aus Berlin. Die Jungforscherinnen gingen dem physikalischen Phänomen nach, dass pyrolytisches Grafit über schachbrettartig angeordneten Magneten schweben kann. Die beiden Gymnasiastinnen interessierte dabei besonders, ob sich der Schwebevorgang durch Zufuhr von Kälte oder Wärme manipulieren lässt. In mehreren experimentellen Versuchen gelang es ihnen nachzuweisen, dass die magnetischen Eigenschaften des Materials tatsächlich von der Temperatur abhängen.
Für das Engagement, sich Fachwissen für ein komplexes Thema anzueignen, das weit über den Schulstoff hinausgeht, erhielten sie den „Sonderpreis des Bundeskanzlers für die originellste Arbeit“.
Ihre Arbeit werden die beiden Jungforscherinnen Bundeskanzler Olaf Scholz persönlich vorstellen: Für für sie und alle Prämierten ist ein Empfang im Bundeskanzleramt in Berlin geplant. Die Einladung aller Bundessieger und Platzierten zu einem Empfang im Bundeskanzleramt gehört seit 1981 zur guten Tradition des Wettbewerbs.
Der Sonderpreis des Bundeskanzlers wurde 1971 erstmals ausgelobt. Er unterstreicht die große Bedeutung der Förderung des Forschungsnachwuchses und die Wertschätzung, die diesem bundesweiten Wettbewerb zukommt.
Viele Geld- und Sachpreise, Forschungspraktika und Stipendien
Für das Finale der 58. Wettbewerbsrunde von „Jugend forscht“ stellten sich 173 Jugendliche mit insgesamt 108 Projekten einer ausgewählten Fachjury. Die Finalisten setzen sich in insgesamt 120 Wettbewerbsveranstaltungen auf Regional- und Landesebene durch. Die Projekte teilen sich in sieben Fachgebiete auf: Arbeitswelt, Biologie, Chemie, Geo- und Raumwissenschaften, Mathematik/Informatik, Physik und Technik. Die jeweils besten fünf Projekte pro Fachgebiet werden mit Geld- und Sachpreisen wie beispielsweise Forschungspraktika und Stipendien ausgezeichnet.
Zum Abschluss jedes Wettbewerbs gehört die Siegerehrung. Um das Engagement aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu würdigen, waren zum Finale zahlreise Gäste aus ganz Deutschland angereist: Wettbewerbsleiterinnen und -leiter, Vertreterinnen und Vertreter der Patenunternehmen, Preisstifter, Repräsentanten von Stadt und Land, Projektbetreuerinnen und -betreuer, Eltern von Teilnehmenden und ehemalige Bundessiegerinnen und Bundessieger.
Der Bundeswettbewerb ist Höhepunkt und zugleich Finale der aktuellen Wettbewerbsrunde. Hier treten die Erstplatzierten der Landeswettbewerbe gegeneinander an. In diesem Jahr fand das Finale vom 18. bis 21. Mai in Bremen statt. Bundespatenunternehmen in diesem Jahr waren die Unternehmensverbände im Lande Bremen e.V.
Deutschlands beste MINT-Talente 2023
Seyma Celik (18), Anja Armstrong (18) und Jennifer Boronowska (19) aus Hessen entwickelten eine kompostierbare Bioeinwegtüte. Als Materialbasis verwendeten sie ein durch Hanffasern verstärktes Biopolymer aus Glycerin, Essigsäure, Stärke und Wasser. Versuche zeigten, dass die Tragetaschen aus umweltfreundlichem Plastik gut kompostierbar sind: Schon nach drei Wochen war der Stärkepolymer-Anteil zum größten Teil durch Mikroorganismen im Kompost abgebaut.
Emel Karahan (17) und Mert Kemal Uckan (16) aus Istanbul, die sich beim Landeswettbewerb in Hamburg für das Bundesfinale qualifiziert hatten, schrieben ein Computerprogramm, mit dem sich die Auswirkungen des Klimawandels auf die evolutionäre Entwicklung von Populationen simulieren lassen. Mithilfe eines statistischen Modells können sie so zeigen, wie sich genetische Veranlagungen am Beispiel wechselwarmer Tiere unter veränderten Temperaturbedingungen anpassen.
Nike Remde (18) und Maike Zöllner (18) aus Rheinland-Pfalz verglichen handelsübliche Deos und Lösungen verschiedener Salze im Hinblick auf ihre schweißhemmende Wirkung. Dazu imitierten sie die menschliche Achselhöhle. Auch wenn Aluminiumsalze im Deo zwar als gesundheitsgefährdend gelten, zeigte Aluminium im Vergleich mit Magnesium-, Zink- und Eisensalzen die weitaus besten Resultate.
Felix Hörner (17), Felix Makartsev (18) und Michel Weber (17) aus Baden-Württemberg konstruierten ein kompaktes, mobiles Messsystem zur Erfassung von Geodaten für das Fahrrad. Das kleine Gerät ermittelt während der Radfahrt kontinuierlich beispielsweise die Feinstaubbelastung einschließlich der betreffenden GPS-Koordinaten. Diese werden an einen Server übertragen und können bei künftigen stadtplanerischen Entscheidungen miteinbezogen werden.
Simon Rulle (16) und Arthur Achilles (17) aus Nordrhein-Westfalen entwickelten eine Software, die antisemitische Tweets oder Postings in sozialen Netzwerken in Echtzeit zuverlässig identifizieren kann – und diese so zuverlässig aus dem Internet herausfiltern kann. Mit dem Programm lässt sich auch rekonstruieren, wie die Zahl antisemitischer Tweets eines Accounts mit der Zeit zugenommen hat.
Anne Marie Bobes (16) aus Sachsen-Anhalt entwickelte die Idee, Straßenlaternen mit Solarmodulen und kleinen Windrädern auszustatten. Kommunen wären so unabhängig vom Stromnetz und steigenden Energiepreisen. Sogenannte Helix-Rotoren könnten dabei als dezentrale Stromquelle dienen. Um herauszufinden, welche Form sich am besten eignet, stellte die Gymnasiastin per 3D-Druck 24 Varianten dieser schraubenförmigen Windturbine her.
Tim Arnold (16) und Felix von Ludowig (17) aus Bayern programmierten eine Smartphone-App, mit der sich der Einsatz von Drohnen (zum Beispiel zum Aufspüren von Rehkitzen oder vermissten Personen) auf unkomplizierte Weise planen und durchführen lässt. Während des Flugs prüft die Software, ob die ferngesteuerten Drohnen den geplanten Strecken folgen und wertet die Kamerabilder aus. Darüber hinaus ermöglicht die Software sogar eine Zusammenarbeit im Team.
Unter dem Motto „Mach Ideen groß!“ hatten sich für die 58. Wettbewerbsrunde knapp 9.400 Jungforscherinnen und -forscher angemeldet und mit mehr als 5.000 Forschungsprojekten an den Regional- und Landesausscheidungen beteiligt. Der Mädchenanteil betrug 41,1 Prozent – gegenüber 40,5 Prozent im vergangenen Jahr.
Preis des Bundespräsidenten für „eine außergewöhnliche Arbeit“
Als Schirmherr von Jugend forscht stiftet Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier jedes Jahr den „Preis für eine außergewöhnliche Arbeit“. Er ging in diesem Jahr an Bastian Auer aus Bayern. Der 20-Jährige entwickelte ein patientenschonendes EKG-Konzept, bei dem nur noch vier von zehn Elektroden angelegt werden müssen. Neuronale Netzwerke rekonstruieren die fehlenden Signale. Der Ansatz ist die Kombination von maschinellem Lernen und künstlicher Intelligenz. Er zeigt großes Potenzial für einen nachhaltigen und sicheren Einsatz in der Notfallversorgung von Patientinnen und Patienten.
“Überall ist Wissenschaft gefragt“
Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger, zugleich Kuratoriumsvorsitzende der Stiftung Jugend forscht e.V., zeigte sich bereits im Vorfeld der Preisverleihung beeindruckt: „Glückwunsch den Besten, die es mit ihren Leistungen ins Finale geschafft haben und dazu, wie neugierig, kreativ und hartnäckig Sie die unterschiedlichsten Projekte verfolgt haben.“ Für die Ministerin käme es genau auf solche Eigenschaften an. Gerade das diesjährige Motto „Mach Ideen groß!“ passe für sie in diese Zeit: „Die Aufgaben, vor denen wir stehen, sind zweifellos groß.“
Ob es global um das Klima oder den Umweltschutz gehe, wir ob wir im eigenen Land die Digitalisierung vorantreiben oder auf den demografischen Wandel reagieren müssten: „Überall ist die Wissenschaft gefragt“, betonte die Ministerin. Umso wichtiger sei es daher, dass „junge Menschen früh die Freude am Forschen für sich entdecken und ihre Ideen in die Tat umsetzen können.“
Gewinn an Fachwissen
Doch auch die schönste Idee brauche Beharrlichkeit, um groß herauszukommen, sagte die Bundesforschungsministerin. „Dieser Erfahrung schon in jungen Jahren zu machen, ist genauso wertvoll wie der Gewinn an Fachwissen und an Kontakten, die Jugend forscht ermöglicht“.
Das Netzwerk, das zwischen Schulen, Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Medien entstehe, sei „ein wahrer Schatz“. Die Ministerin dankte dabei auch allen, die den Wettbewerb und damit die jungen Talente unterstützten: „Das sind die vielen Ehrenamtlichen ohne deren Einsatz Jugend forscht undenkbar wäre“.
Preis der Bundesforschungsministerin für die „beste interdisziplinäre Arbeit“
Auch die Bundesforschungsministerin ehrte die Jungforscherinnen und Jungforscher mit einem Preis für die „beste interdisziplinäre Arbeit“: Niklas Bennewiz (17) aus Berlin beschäftigte sich damit, wie sich das Fortschreiten von Alzheimer verlangsamen lässt. Er entwickelte eine KI-App, die die sogenannten Plaques, die sich bei an Alzheimer Erkrankten im Gehirn ablagern, in MRT-Aufnahmen zuverlässig erkennt – und damit die Diagnose von Alzheimer erleichtern soll.
Der Startschuss für die 59. Wettbewerbsrunde erfolgt am 1. Juli 2023. Bis zum 30. November 2023 können sich junge Menschen mit ihren Projekten bewerben.