Ein Mandat für junge Menschen

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Interview mit UN-Jugenddelegierten Ein Mandat für junge Menschen

Jugendpartizipation auf internationaler Ebene umsetzen: Das ist das Ziel des Programms der UN-Jugenddelegierten, das vom Auswärtigen Amt und vom Bundesfamilienministerium unterstützt wird. Ab sofort können sich Jugendliche zwischen 18 und 25 Jahren wieder dafür bewerben. Im Interview berichten Franka Weckner und Ruszlan Biwoino über Ihre Arbeit und Erfahrungen als UN-Jugenddelegierte.

5 Min. Lesedauer

UN-Jugenddelegatoin

Franka Weckner und Ruszlan Biwoino haben Deutschland als junge Delegierte bei den Vereinten Nationen vertreten.

Foto: Biwoino/Weckner.

Ab sofort können sich Jugendliche wieder für das Programm der UN-Jugenddelegierten bewerben. Warum ist es so wichtig, sich für die Interessen junger Menschen einzusetzen?

Ruszlan: In einer demokratisch organisierten Gemeinschaft brauchen alle Bevölkerungsgruppen die Möglichkeit, ihre Interessen einzubringen. Im Jahr 2017 waren gut 42 Prozent der Weltbevölkerung jünger als 25 Jahre, in Deutschland war zum Jahresende 2020 laut Erhebungen des Statistischen Bundesamts etwa jeder vierte Mensch unter 25 Jahren. Politik, die gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen gestaltet wird, hat am Ende eine stärkere Legitimation und bessere Aussichten auf Erfolg.

Franka: Im Übrigen dürfen wir den handfesten Beitrag von jungen Menschen zur Verwirklichung der Ziele der Vereinten Nationen – Weltfrieden, Menschenrechte und nachhaltige Entwicklung – nicht unterschätzen. Sie gestalten bereits heute die Gegenwart von morgen. Letztlich sind Jugendliche Experten in den Politikbereichen, die sie betreffen, und sie haben das größte Interesse an effektiven und nachhaltigen Lösungen. Besonders bei Klima- und Umweltfragen geben junge Menschen neue und notwendige Impulse. Und auch beim technologischen Wandel oder Fragen des sozialen Miteinanders ist es entscheidend, junge Menschen mitzunehmen, um Erfolge nachhaltig zu sichern.

Welche Aufgaben haben Jugenddelegierte?

Franka: In der Rolle als deutsche Jugenddelegierte verstehen wir uns als Intermediäre zwischen jungen Menschen in Deutschland und den Vereinten Nationen. Wir versuchen, beide Seiten miteinander zu vernetzen. Gleichzeitig haben wir ein klares Mandat: Jugendliche bei den Vereinten Nationen vertreten und die vereinten Nationen mithilfe unserer Erfahrungen erlebbar machen.

Ruszlan: In Vorbereitung auf unsere Vertretungsarbeit bei den Vereinten Nationen treten wir das ganze Jahr über mit jungen Menschen in den Austausch. In Workshops und Konsultationen mit Schulklassen, Jugendverbänden oder Jugendgruppen diskutieren wir über aktuelle Krisen und Herausforderungen. Wir machen uns ein Bild vom Engagement junger Menschen und sammeln Ideen und Empfehlungen, die wir in Verhandlungen und Gesprächen platzieren. Zugleich vermitteln wir die Werte der Vereinten Nationen und werben für allumfassenden Frieden und internationale Sicherheit, Völkerverständigung auf Augenhöhe, grenzübergreifende Zusammenarbeit in allen Lebensbereichen und einen starken Multilateralismus.

Welche konkrete Aufgabe übernehmen Sie bei der Generalversammlung der Vereinten Nationen?

Franka: Als Teil der deutschen Delegation nehmen wir als Jugendvertreter an der Generalversammlung teil. Vor Ort beraten wir Diplomatinnen und Diplomaten sowie Mitarbeitende der Vereinten Nationen und halten eine Rede im dritten Ausschuss, in dem es um soziale, humanitäre und kulturelle Fragen geht.

Zum Schluss unserer Amtszeit teilen wir unsere Erfahrungen und Ergebnisse mit den Mitgliedern des Unterausschusses „Vereinte Nationen, Internationale Organisationen und Globalisierung“ des Deutschen Bundestags. Dieser setzt sich für die Empfehlungen und Anregungen der Jugenddelegierten ein.

Seit 1981 empfehlen die Vereinten Nationen, Jugendvertreterinnen und Jugendvertreter in ihre Delegation zur Generalversammlung aufzunehmen, um eine direkte Form der Beteiligung junger Menschen an globalen Prozessen zu ermöglichen. Jede Regierung entscheidet eigenständig darüber, ob sie Jugenddelegierte ernennt und welches Mandat sie erteilt. Die Bundesregierung ermächtigt zwei zivilgesellschaftliche Akteure, das deutsche Programm auszugestalten.

Konnten Sie neben der Aufgabe als Jugenddelegierte auch andere Tätigkeiten wahrnehmen oder ist das ein Vollzeitjob?

Franka: Wir engagieren uns bei den Vereinten Nationen und als Teil der deutschen Regierungsdelegation ehrenamtlich für die Belange der in Deutschland lebenden Jugend. Trotzdem ist es eine zeitintensive Tätigkeit.

Ruszlan: Das Programm erlaubt uns, die Arbeitszeiten frei einzuteilen. Wenn wir aber für die Teilnahme an einer Versammlung verreisen oder eine Deutschlandtour planen, widmen wir uns weitestgehend unserem Mandat. Besonders im September bzw. Oktober und Februar bleibt dann wenig Zeit für andere Aufgaben. Zwischen Jugendkonsultationen, der Teilnahme an Versammlungen und der Hospitationen bei ministeriellen Programmpartnern versuchen wir aber noch zu studieren.

Franka: Hoch- und Tiefphasen wechseln sich also regelmäßig ab, ein Minimum an Aufgaben fällt aber immer an. Und obwohl uns die Trägerorganisationen keine feste Wochenarbeitszeit vorschreiben, motivieren die Möglichkeiten dieses Ehrenamts natürlich dazu, jede Chance gewinnbringend zu nutzen.

Welche besonderen Erfahrungen haben Sie in diesem Jahr gesammelt?

Franka: Als wir das Amt von unseren Vorgängern übernommen haben, blickten wir mit großer Freude, aber auch mit ein bisschen Ehrfurcht auf die kommenden Monate. Für unser Mandat waren wir beide zum ersten Mal nach New York gereist. Das überschaubare Gelände der Vereinten Nationen beherbergt bekanntermaßen mächtige Einrichtungen: die Generalversammlung, den Weltsicherheitsrat, den Wirtschaft- und Sozialrat — alles Organe und Gremien, die man meistens aus dem Politik-Schulbuch, von Bildern oder aus Medienberichten kennt. Da wussten wir nicht so ganz, wie wir uns verhalten und orientieren sollen.

Ruszlan: Sobald wir aber unsere Zugangspässe als Delegierte erhalten und die Schwelle zur internationalen Politik im wahrsten Sinne überschritten hatten, um der Generaldebatte beizuwohnen oder an Verhandlungen teilzunehmen, trat das öffentliche Ansehen und die Geschichte dieser Institution weitestgehend in den Hintergrund. In diesem Moment waren die Vereinten Nationen nicht mehr, aber auch nicht weniger als ein Ort der Zusammenkunft und des Austausches. Eine Erkenntnis, die bei Verhandlungen immens weiterhilft. Das erste Mal bei einer solchen Verhandlung teilzunehmen und ernstgenommen zu werden, ist ein bleibendes und anspornendes Erlebnis.

Was haben Sie nach dem Jahr vor, wie geht es für Sie weiter und was würden Sie ihren Nachfolgern mitgeben?

Ruszlan: Ich werde mich stärker meinem Studium widmen, ehrenamtlich wende ich mich wieder intensiver meiner Rolle als Jugendbotschafter der Globalen Partnerschaft für Bildung zu. Außerdem sind Franka und ich aufgrund des deutschen G7-Vorsitzes 2022 in die Durchführung des diesjährigen Y7-Jugendgipfels eingebunden. Unseren Nachfolgern möchte ich empfehlen, stets einen kühlen Kopf zu bewahren und nicht im Dschungel der Interessen und vielseitigen Aufgaben verloren zu gehen. Die Möglichkeiten des Ehrenamts sind schier unendlich, aber mit ein bisschen Abstand lassen sich gute Schwerpunkte setzen und alle Herausforderungen bewältigen.

Franka: Ich werde im April meine Staatsexamensvorbereitung beginnen und mich weiterhin ehrenamtlich für die Interessen junger Menschen einsetzen. Interessierten lege ich noch ans Herz, sich zu bewerben. Und unseren Nachfolgern kann ich nur mitgeben, dass sie ihr Jahr als Jugenddelegierte genießen sollen. Die zwölf Monate eröffnet viele Chancen — weitaus mehr, als zwei Menschen am Ende tatsächlich ergreifen können. Außerdem sollten sie wissen, dass es keinen typischen Jahresablauf gibt und Jugenddelegierte ihre Schwerpunkte frei setzen dürfen. Das Amt ist am Ende also das, was sie daraus machen wollen.

Bis zum 30. Januar 2022 können sich Interessierte zwischen 18 und 25 Jahren für das Programm der UN-Jugenddelegierten bewerben . Das Jugenddelegiertenprogramm zur UN-Generalversammlung bietet die Chance, sich für mehr Jugendbeteiligung bei den Vereinten Nationen einzusetzen.