Gemeinsamer Beschluss der Bundeskanzlerin und der Regierungschefs der Länder zur Asyl- und Flüchtlingspolitik am 28. Januar 2016

1. Für diejenigen, die ein Bleiberecht haben, gilt es, Integration aktiv zu gestalten. Denn eine erfolgreiche Integration ist auch im Hinblick auf den demografischen Wandel eine Chance für alle und wird von vielen gesellschaftlichen Verantwortungsträgern unterstützt. Die Bundeskanzlerin und Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder sprechen sich deshalb für ein zwischen Bund und Ländern abgestimmtes Integrationskonzept für Flüchtlinge mit Bleibeperspektive aus. Es bedarf dazu einer kontinuierlichen Anpassung der Regelsysteme und der Infrastruktur, vor allem in den Bereichen Sprachförderung, Integrationskurse, Bildung, Ausbildung, Studium und Arbeitsmarkt sowie beim Wohnungsbau. Sie werden sich zügig über die erforderlichen Schritte verständigen; hierzu wird eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe gebildet, die bis Ende Februar 2016 erste Eckpunkte und bis Ende März 2016 ein Konzept unterbreitet.

Das Gelingen der Integration einer so großen Zahl von Menschen, die aus anderen Kulturen und Rechtssystemen kommen, setzt unabdingbar ein deutliches Eintreten für die Werte und Verfassungsnormen unseres Rechtsstaates voraus. Unser demokratisches Gemeinwesen basiert auf den Menschen- und Bürgerrechten des Grundgesetzes. Bürgerinnen und Bürger setzten sich auf ihrer Grundlage mit vorbildlichem demokratischem Engagement für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft ein. Diese Werte gilt es zugleich wirksam zu schützen. Auch vor dem Hintergrund der stärkeren Inanspruchnahme von Polizei und Ländern bleibt der Staat Garant für die öffentliche Sicherheit in unserem Land. Sicherheitslücken dürfen nicht entstehen.

2. In Anbetracht der erheblich gestiegenen und voraussichtlich weiter steigenden Zahl von ausreisepflichtigen Ausländern werden Bund und Länder ihre Maß­nahmen im Bereich der Rückführung weiter verstärken. Nötig ist eine intensivere Kooperation zwischen den beteiligten Stellen ebenso wie eine zusätzliche Erhöhung der Anstrengungen aller beteiligten Akteure. Wer keinen Schutzbedarf geltend machen kann, muss das Land so zügig wie möglich verlassen.

Alle staatlichen Ebenen bauen ihre administrativen und personellen Kapazitäten aus. Die Förderung freiwilliger Rückkehr soll verstärkt werden. Angebote zur Rückkehrhilfe sollten aktiv an Zuwanderer ohne Bleibeperspektive herangetragen werden. Für den Fall, dass Ausreisepflichten nicht freiwillig erfüllt werden, wird entschlossen von gesetzlich eröffneten Handlungsmöglichkeiten im Bereich der Abschiebung Gebrauch gemacht. Nötig ist eine weitergehende Zentralisierung der Rückführungs­prozesse mit einheitlichen Ansprechpartnern überall dort, wo Bund und Länder unmittelbar zusammenarbeiten. Wo nötig, sollen verbleibende gesetzliche Rückführungshindernisse beseitigt werden.

Der Bund wird seine Rückführungspolitik gegenüber wichtigen Herkunftsstaaten fortentwickeln. Die Akzeptanz von EU-Laissez-Passer-Dokumenten bleibt gegen­über allen Herkunftsstaaten ein prioritäres Ziel. Bei der Zusammenarbeit mit den Herkunftsstaaten muss im Rahmen eines umfassenden Ansatzes in allen Politik­bereichen verstärkt berücksichtigt werden, in welchem Umfang diese Staaten bei Rückführungen kooperieren. Vonnöten ist darüber hinaus eine Verschlankung der bilateralen Rückführungsprozesse im Verhältnis zu Herkunftsstaaten.

Bund und Länder bitten die Bund-Länder-Koordinierungsstelle Asyl die Rückführung zu koordinieren und

Fortschritte bei Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen zu messen,

Handlungsdefizite zu identifizieren,

weitere Handlungserfordernisse festlegen und konkrete Handlungs­empfehlungen zu geben,

die Kooperation zwischen allen beteiligten Stellen zu verbessern,

das aktuelle Migrationsgeschehen zu beobachten und hieraus abgeleitet rückführungspolitische Prioritäten festzulegen,

ein rückführungspolitisches Meldesystem einzurichten.

Hierbei wird auf die Arbeit der Bund-Länder-Koordinierungsstelle „Integriertes Rückkehrmanagement“, die Bund-Länder-AG Rückführung und die Organisationseinheit Passersatzbeschaffung beim Bundespolizeipräsidium aufgebaut.

Protokollerklärung Thüringen

Die Beschleunigung der Asylverfahren neu ankommender Menschen ist richtig und verschafft klare Perspektiven. Für die Menschen, die durch die viel zu langen Verfahren der Vergangenheit keinen gesicherten Aufenthaltsstatus haben (Kettenduldungen, ohne legalen Status, unentschiedene Fälle), aber bereits seit Jahren in Deutschland sind und sich bereits integriert haben, können beschleunigte Rückführungen nicht mehr greifen. Diese Menschen brauchen ‎ein sicheres Bleiberecht über eine Altfallregelung.