Schimmelpilze, die in Nahrungsmitteln wie Mais oder Hirse wachsen, sind in Afrika verantwortlich für häufig auftretende und kaum heilbare Leberkrebserkrankungen. Wie sich die Entstehung des Pilzgiftes verhindern lässt, untersuchen Experten des Max Rubner-Instituts.
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Aflatoxine sind natürlich vorkommende Pilzgifte, die durch die Schimmelpilze Aspergillus flavus und Aspergillus parasiticus gebildet werden. Schon geringe Mengen gelten als krebserregend, weshalb Nahrungsmittel bei uns genau kontrolliert werden. Beide Pilze kommen unter den klimatischen Bedingungen in Europa selten vor, da sie zum Wachsen Feuchtigkeit und Wärme brauchen.
Ganz anders ist dies in Afrika. Hier finden die Pilze ideale Wachstumsbedingungen. Darum ist das wichtige Grundnahrungsmittel Mais nicht selten mit Aflatoxin belastet. Eine systematische Kontrolle der Lebensmittel ist dort bislang eher die Ausnahme.
Forscherinnen und Forscher im Max Rubner-Institut (MRI) haben sich zur Aufgabe gemacht, zunächst festzustellen, unter welchen Bedingungen es zur Bildung des Giftes kommt. Mit Hilfe von speziell entwickelten molekularen Methoden können diese Bedingungen sehr genau ermittelt werden.
Dabei gibt es ganz verschiedene Aspekte: Zunächst sind verschiedene Pflanzensorten – etwa unterschiedliche Maissorten – mehr oder weniger anfällig für die Ausbreitung der Pilze. Auch gibt es Pilze, die nur in geringen Mengen das Gift produzieren. Besonders stark beeinflussen die Lagerungsbedingungen, wie Temperatur und Feuchtigkeit die Giftbildung. In Afrika wird die Lagerung häufig wenig kontrolliert. Darum konzentriert sich die Forschung am Max Rubner-Institut besonders auf diesen Aspekt.
Sind die Bedingungen, die zur Giftproduktion führen, bekannt, können Wege zur Vermeidung gesucht werden. Hier experimentieren die Forscher unter anderem mit Licht verschiedener Wellenlängen. Beim Blaulicht zeigen sich schon Erfolge: Die Bildung von Schimmelgift kann verzögert und in manchen Fällen auch ganz verhindert werden.
Schließlich ist es von entscheidender Bedeutung, die afrikanischen Landwirte über die Gefahr durch unsachgemäße Lagerung zu informieren. Das ist eine Aufgabe des mit deutscher Unterstützung aufgebauten Netzwerks "AflaNet". Es bietet Informationen, insbesondere zu Maßnahmen, die sich auch in weniger entwickelten Regionen umsetzen lassen.
Als Soforthilfe werden am Max Rubner-Institut zudem verschiedene Schnelltests geprüft, die die Praktiker vor Ort selbst anwenden können. Nicht zuletzt wird auch am Übergang des Giftes vom Futter in die Milch von Kühen geforscht.
Das Thema ist ein Beispiel für Forschungsaufgaben des MRI. An seinen vier Standorten forschen etwa 200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu unterschiedlichsten Fragen rund um Ernährung und Lebensmittel. Forschungsschwerpunkt ist der gesundheitliche Verbraucherschutz bei Ernährungsfragen.
Das Institut hat sogar die Möglichkeit, Ernährungsstudien mit Versuchspersonen unter ärztlicher Kontrolle im eigenen Institut durchzuführen. Dafür gibt es Labore für chemische und biologische Untersuchungen von Lebensmitteln, die mit dem neuesten Stand der Technik ausgestattet sind.
Ganz wesentlich ist für das Institut, Fragestellungen aufzugreifen, die in der Zukunft an Bedeutung gewinnen könnten. Der Präsident des MRI, Professor Pablo Steinberg, erläutert: "In der Vorlaufforschung übernehmen wir Forschungsaufgaben, um kurz- oder mittelfristig Antworten zu geben für die Politik, um Entscheidungen zu treffen und neue Gesetze zu entwerfen. Diese Vorlaufforschungen dauern oft Jahre, sind aber wichtig sind für bestimmte Entscheidungen, die dann auch die Gesellschaft betreffen."
Wir essen zu wenig pflanzliche Lebensmittel wie Gemüse und Obst und zu viel tierische Lebensmittel wie Fleisch, Fleischerzeugnisse und Wurstwaren. Dabei essen Männer doppelt so viel Fleisch wie Frauen. Das sind zentrale Ergebnisse der Nationalen Verzehrstudie II, die das MRI zwischen 2005 und 2007 durchführte.
Etwa 20.000 repräsentativ ausgewählte Personen in Deutschland gaben Auskunft über ihr Ernährungsverhalten. Dabei kamen unterschiedliche Erhebungsmethoden zum Einsatz, darunter ein computergestütztes persönliches Interview und zwei 24-Stunden-Recalls. Bei dieser Erhebungsmethode wurde der gesamte Lebensmittelverzehr des vorangegangenen Tages erfragt. Dies geschah unangekündigt – zu zwei jahreszeitlich unterschiedlichen Terminen, da man im Sommer andere Lebensmittel isst als im Winter.
Die Studie zeigte auch eine deutliche Abhängigkeit der Ernährung vom sozialen Status, also der Ausbildung, der beruflichen Stellung und dem Haushaltsnettoeinkommen. So konsumieren Personen aus der oberen Schicht weniger Limonaden, aber mehr Obst, Gemüse-Rohkost und Milchprodukte als Personen aus der mittleren oder unteren sozialen Schicht.
In 2018 startet wieder eine nationale Verzehrstudie, zum ersten Mal in Zusammenarbeit mit dem Robert-Koch-Institut: die Gesundheits- und Ernährungsstudie in Deutschland. Hier werden neben Befragungen von rund 10.000 Personen auch Blut- und Urinproben untersucht.
Eine der Fragestellungen der Studie bezieht sich darauf, ob wir ausreichend Vitamine und Mineralstoffe zu uns nehmen und wie der tatsächliche Ernährungsstatus der Bevölkerung aussieht. Dadurch erzielt das MRI Ergebnisse, die für Wissenschaft und Politik von großer Bedeutung sind, aber vor allem für uns alle zum Überdenken unseres Ernährungsverhaltens führen sollten.
Das Max Rubner-Institut berät das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft auf dem Gebiet des gesundheitlichen Verbraucherschutzes im Bereich Ernährung. An seinem Hauptsitz in Karlsruhe und den Standorten in Kiel, Detmold und Kulmbach arbeiten rund 650 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Vier der acht Institute des MRI arbeiten produktübergreifend, vier befassen sich mit besonderen Lebensmittelkategorien wie Getreide, Fette, Öle oder Milch, Gemüse und Fleisch.