Europa gemeinsam stärken

Kanzlerin in Tallinn und Prag Europa gemeinsam stärken

Kanzlerin Merkel hat in Prag die intensiven bilateralen Beziehungen mit Tschechien gelobt. Zuvor war Merkel in Estland. Dort gratulierte sie zum 25. Jahrestag der Wiedererlangung der Unabhängigkeit. Thema auf beiden Reisen war insbesondere die Situation in der EU nach dem Brexit-Votum.

Bundeskanzlerin Angela Merkel unterhält sich mit Estlands Ministerpräsident Taavi Rõivas.

Die Kanzlerin mit ihrem estnischen Amtskollegen in Tallinn. Anschließend reiste Merkel weiter nach Prag.

Foto: Bundesregierung/Bergmann

Bundeskanzlerin hat auf ihrer Reise in Prag die deutsch-tschechischen Beziehungen gelobt. Sie seien "in einem sehr guten Zustand", sagte Merkel bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem tschechischen Ministerpräsidenten Bohuslav Sobotka. Der habe sich persönlich in verbesserte deutsch-tschechische Beziehungen eingebracht. Das trage Früchte, was die Weiterentwicklung des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds anbelange, so Merkel.

Gemeinsam Erreichtes vertiefen

"Wir werden im nächsten Jahr 20 Jahre Gemeinsame Erklärung feiern und zwischen Deutschland und der Tschechischen Republik einen gemeinsamen Kulturfrühling begehen." Das zeige, dass die gemeinsamen gesellschaftlichen Projekte auch über die Wirtschafts- und Forschungsprojekte hinaus die Gesellschaften sehr stark verbinde.

Merkel hob auch das deutsch-tschechische Polizeiabkommen hervor, das am 1. Oktober in Kraft tritt. Das werde die Situation auch im grenznahen Bereich deutlich verbessern, so die Bundeskanzlerin.

Fokus auf Erfolge

Zudem gebe es eine sehr prosperierende Zusammenarbeit im Forschungsbereich und im wissenschaftlich-technischen Bereich. "Die Tatsache, dass die tschechische Regierung einen solchen Fokus darauf legt, spiegelt sich letztlich in den sehr guten Wirtschaftsdaten wieder", betonte die Kanzlerin. Sie erwähnte das vierprozentige Wirtschaftswachstum der Tschechischen Republik und dass es "so gut wie keine Arbeitslosigkeit" gebe.

Länder wie die Tschechische Republik oder auch Estland, wo Merkel zuvor war, sollen der Kanzlerin zufolge noch stärker darüber berichten, welche Erfolge sie erreicht haben. Auch im Hinblick auf den EU-Gipfel in Bratislava.

Die Kanzlerin sprach auch an, dass es in Fragen der Migration und der Verteilung innerhalb der EU eine unterschiedliche Meinung gibt. Dennoch: In vielen Bereichen überwiege die Gemeinsamkeit, betonte Merkel.

Industrie 4.0 und Präsidentenbesuch

Im Anschluss besuchte Merkel die Tschechische Technische Universität. Hier hat sie sich über deutsch-tschechische Projekte und Kooperationsvorhaben im Bereich Industrie 4.0 informiert.

Zudem traf sie den Präsidenten der Tschechischen Republik, Milos Zeman, zu einem Gespräch.

Die wichtigsten Grundlagen der deutsch-tschechischen Beziehungen sind der Vertrag über gute Nachbarschaft vom 27. Februar 1992 sowie die Deutsch-Tschechische Erklärung über die gegenseitigen Beziehungen und deren künftige Entwicklung aus dem Januar 1997. Im Jahr 2017 werden das 20. Jubiläum der Erklärung und der 25. Jahrestag des Nachbarschaftsvertrages gefeiert. Mit dem "strategischen Dialog" wurde auf Vorschlag der tschechischen Regierung ein neuer strategischer Rahmen für die bilateralen Beziehungen entwickelt.

In Estland - Glückwünsche zum 25. Jahrestag

Zuvor war Merkel in Estland. Die Kanzlerin beglückwünschte Estland zum 25. Jahrestag der Wiedererlangung seiner Unabhängigkeit. In diesen Jahren habe sich eine enge, freundschaftliche Beziehung zwischen beiden Ländern herausgebildet, so Merkel bei einer gemeinsamen Pressebegegnung mit dem estnischen Regierungschef Taavi Roivas.

Estland sei ein Vorbild bei der Digitalisierung, lobte Merkel. Sie dankte dem estnischen Ministerpräsidenten dafür, dass er im Frühjahr nach Meseberg gekommen war, um das Kabinett über die estnische digitale Agenda zu unterrichten. Ein vollständiger europäischen Binnenmarkt bedeute auch, einen digitalen Binnenmarkt zu haben. "Hierbei haben wir erste Erfolge durchgesetzt. Aber in Europa ist noch viel zu tun."

Man habe über die Situation in der Europäischen Union und die Vorbereitungen des Treffen der 27 Mitgliedsstaaten in Bratislava gesprochen. Beide Länder bedauerten das Ergebnis des Referendums der Menschen in Großbritannien. "Aber wir respektieren es natürlich", so Merkel. Ministerpräsident Rõivas sagte, die Entscheidung der Engländer, aus der EU auszutreten, "war ein Schock". In Bratislava werde man sich gemeinsam mit der Lösung brennender Probleme befassen. Darunter militärische Konflikte, Jugendarbeitslosigkeit und weitere Probleme, die den Menschen zu schaffen machten.

Innere und der äußere Sicherheit

Einig sei man sich, dass die innere und äußere Sicherheit, der Kampf gegen terroristische Bedrohungen eine gemeinsame Aufgabe der Europäischen Union seien. Man wolle hier zusammen weiterarbeiten.

"Deutschland ist für Estland ein überaus wichtiger Verbündeter und Partner", sagte Rõivas. Er betonte ebenfalls sie Gemeinsamkeiten beider Länder: Man habe über die Sicherheit gesprochen und werde noch weiter darüber sprechen. "Wir haben hierbei eine gemeinsame Sichtweise mit der Bundeskanzlerin", so der Ministerpräsident. Er betonte: "Unser gemeinsames Verständnis von der Sicherheit ist ein Grundstein der engen deutsch-estnischen Beziehungen."

Am 24. Mai 2016 hatte Ministerpräsident Rõivas an der Kabinettsklausur in Meseberg teilgenommen und das Kabinett über die estnische digitale Agenda unterrichtet.

Estland eines der innovativsten Länder

"Die konsequente Anwendung digitaler Technologien spart viel Zeit, viel Geld und ist wachstumsfördernd", sagte die Kanzlerin am zweiten Tag ihrer Estland-Reise. Begleitet vom estnischen Präsidenten Toomas Hendrik Ilves informierte sie sich über die Digitale Agenda der estnischen Regierung. Estland sei eines der innovativsten Länder der Welt, zeigte sich Merkel in ihrer Rede vor Vertretern der Digitalwirtschaft beeindruckt. Das rühre auch daher, dass digitale Optionen in der gesamten Bevölkerung verankert seien und damit zum Alltag gehörten.

Das Industrieland Deutschland und der digitale Pionier Estland könnten gemeinsam viel erreichen, unterstrich die Kanzlerin. Sie wolle sich dafür einsetzen, dass Austausch und Kooperation auf diesem Gebiet ausgebaut werden.

Durch die breite Anwendung habe Estland sehr früh die Gefahren erkannt hat, denen eine IT-basierte Gesellschaft ausgesetzt sei. Sicherheit sei hier von allergrößter Bedeutung. Es käme daher nicht von ungefähr, dass das Nato-Kompetenzzentrum für gemeinschaftliche Verteidigung im Cyberbereich in Estland angesiedelt sei. Der gestrige Besuch des Zentrums sei ihr eine große Freude gewesen, so Merkel.