Europa auf Digitalkurs bringen

Digitale Wirtschaft Europa auf Digitalkurs bringen

Deutschland und Frankreich wollen Europas Wirtschaft fit für das digitale Zeitalter machen. Wenn die Digitalisierung der Produktion nicht gelinge, "werden wir abgehängt", warnte Bundeskanzlerin Merkel auf einer Konferenz zur digitalen Wirtschaft in Paris.

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Merkel, Juncker, Hollande (von links)

Merkel: Wir tagen in diesem Jahr zweimal, weil wir die Dringlichkeit des Handelns spüren.

Foto: Bundesregierung Steins

Europa habe bei der Entwicklung des Internets selbst und bei der Entwicklung der Konsumentenanwendungen "eher nicht immer die Nase vorn", räumte Merkel in ihrer Rede ein. Beide Länder wollen deshalb enger zusammenarbeiten - beim Breitbandausbau ebenso wie beim Datenschutz oder bei den Finanzierungsmöglichkeiten für Start-ups.

Zu einem Zeitpunkt, da die technologischen Neuerungen auch Eingang in die wirtschaftliche Welt fänden, "haben wir noch einmal eine Chance, aus unseren starken Industriestandorten Deutschland und Frankreich mit Hilfe der Digitalisierung die Unternehmen der Zukunft zu machen“, sagte sie. "Nennen wir es Industrie der Zukunft oder Industrie 4.0."

Merkel: "Sonst werden wir abgehängt"

"Wenn wir die Vorgaben der Kommission, unseren Anteil an der industriellen Wertschöpfung zu halten oder zu erhöhen, wirklich in Europa realisieren wollen, dann müssen wir die Digitalisierung der Produktion schaffen", verlangte die Kanzlerin und warnte: "Sonst werden wir abgehängt, und sonst werden wir diese Zukunft nicht mitmachen."

An die Kommission richtete Merkel die Bitte, "uns die Eroberung des digitalen Zeitalters einfach" zu machen. Unter anderem sei es sehr wichtig, bei der Finanzierung der Start-ups Lösungen zu finden. Auch habe man ein großes Interesse daran, dass "Standardisierungen von zwei oder mehr Mitgliedstaaten zu Standardisierungen aller 28" werden. 

Für einen europäischen digitalen Binnenmarkt

"Je mehr Einheitlichkeit wir in Europa haben, desto mehr wird der Binnenmarkt auch ein digitaler Binnenmarkt sein", betonte Merkel in der anschließenden Pressekonferenz mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, Staatspräsident François Hollande und Benoît Potier, dem Präsidenten des European Round Table of Industrialists (ERT).

Der 1983 gegründete European Round Table of Industrialists (ERT) ist ein einflussreicher politischer Interessenverband der führenden transnationalen Konzerne Europas. Ziel des Forums ist es, den europäischen Binnenmarkt weiterzuentwickeln und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft auf den Weltmärkten zu stärken.

Aus diesem Grunde hat die EU-Kommission Anfang Mai ihre Strategie für den europäischen digitalen Binnenmarkt vorgestellt. Diese soll bis Ende des kommenden Jahres umgesetzt werden und verfolgt im Wesentlichen drei Ziele: 

  • Verbrauchern und Unternehmen einen besseren Zugang zu digitalen Waren und Dienstleistungen in ganz Europa ermöglichen,
  • ein verbessertes Umfeld für digitale Netze und innovative Dienste schaffen und
  • das Wachstumspotenzial der europäischen digitalen Wirtschaft ausschöpfen.

Digitale Zusammenarbeit stärken

Zuvor hatten Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel und sein französischer Amtskollege Emmanuel Macron in Paris eine gemeinsame Erklärung zur "Beschleunigung des digitalen Wandels in der Wirtschaft" verabschiedet. Zentrale Punkte des Papiers sind die Digitalisierung der Industrie, die Förderung von Innovationen und Start-ups sowie die "digitale Souveränität" des europäischen Binnenmarktes.

So vereinbarten beide Länder unter anderem eine stärkere Förderung von Zukunftssektoren wie Cloud Computing und Big Data sowie steuerliche Anreize für junge Unternehmen. Eine deutsch-französische Akademie soll zudem zielgerichtete Bildungsangebote im Bereich digitaler Innovationen schaffen. Die Akademie ist eine Kooperation der TU München mit dem Pariser Institut Mines-Telecom, zu dem mehrere französische Bildungseinrichtungen gehören.

Die deutsch-französische Konferenz zur digitalen Wirtschaft geht auf eine Vereinbarung von Bundeskanzlerin Merkel und Staatspräsident Hollande anlässlich des deutsch-französischen Ministerrats im März 2015 zurück.