Digitale Hilfe besser vernetzen

Angebote für Flüchtlinge Digitale Hilfe besser vernetzen

Ein Smartphone ist für viele die wichtigste Informationsquelle - auch für Flüchtlinge. Umso wichtiger sind digitale Angebote, die Hilfe bieten: vom Kinderwagen bis zur Wohnungsvermittlung. Was fehlt, ist die Vernetzung. Beim "Digitalen Flüchtlingsgipfel" forderte Innenminister de Maizière mehr Kooperationen.

4 Min. Lesedauer

Ein Flüchtling mit Applikation 'Ankommen' auf seinem Handy (arabisch).

Eine von vielen digitalen Hilfen bei der Integration: die App "Ankommen".

Foto: Burkhard Peter

Der Strand von Dschibuti in Ostafrika, mitten in Nacht: Auf der Suche nach Handyempfang hält eine Gruppe somalischer Flüchtlinge mehrere Smartphones in die Höhe. Die jungen Männer wollen noch einmal SMS von ihren Angehörigen lesen. Und ihrer Familie ein Selfie schicken, bevor sie sich mit einem Boot Richtung Europa auf den Weg machen. Die erleuchteten Displays sind in diesem Moment die einzigen Lichtblicke weit und breit.

An dieses Motiv eines preisgekrönten Bildes des vergangenen Jahres erinnerte Bundesinnenminister Thomas de Maizière am Dienstag beim "Digitalen Flüchtlingsgipfel" in Berlin. Für ihn zeige die Szene die Bedeutung der Digitalisierung und der Smartphones - gerade auch für Flüchtlinge. "Bei vielen Flüchtlingen ist das Handy oft das einzige Gepäckstück, das sie dabei haben", so der Innenminister. Das Smartphone stehe für eine "Verbindung nach Hause, eine Verbindung untereinander, einen Blick zurück, und hoffentlich auch für Hilfe beim Ankommen."

Smartphone ist wichtigste Informationsquelle

Das Handy ist für Geflüchtete die Informationsquelle schlechthin. Flüchtlinge beim Ankommen in Deutschland mit Smartphone-Angeboten zu unterstützen und diese besser zu koordinieren: Darum ging es bei dieser "Welturaufführung", wie Moderatorin Andrea Thilo den "Digitalen Flüchtlingsgipfel" bezeichnete. Unzählige Menschen helfen Flüchtlingen dabei, in Deutschland die ersten Schritte zu gehen. Bund, Länder und Kommunen engagieren sich auf vielfältige Weise.

Ein Beispiel ist die App "Ankommen": Welche Schritte durch das Asylverfahren muss ich beachten? Wann muss mein Kind in die Schule? Wie erhalte ich eine Arbeitserlaubnis? Fragen wie diese beantwortet die gemeinsame App des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, der Bundesagentur für Arbeit, des Goethe-Instituts und des Bayerischen Rundfunks.

Ehrenamtliches Engagement notwendig

"Der Staat vermag vieles, aber nicht alles", sagte Thomas de Maizière. Umso wichtiger seien die zahlreichen Angebote von Ehrenamtlichen, die beispielsweise mit Sachspenden, Nachhilfeunterricht, Begleitung bei Arztbesuchen oder einfach mit ihrer Zeit und einem Gespräch Flüchtlinge unterstützten.

Immer häufiger wird diese Hilfe digital vermittelt. In der Praxis meist einfach und häufig vergleichbar mit Kleinanzeigen im Internet wie bei e-Bay. Wer beispielsweise eine Sachspende leisten möchte, stellt diese online ein, interessierte Flüchtlinge oder Hilfsinitiativen können dann per Mausklick ihr Interesse anmelden. Wird etwas nicht angeboten, kann auch ein Gesuch aufgegeben werden. Der Kontakt läuft über den Betreiber der Seite. Ganz wichtig: Die Kontaktdaten sind in einem geschützten Internetbereich abgelegt, damit niemand unerwünschten Besuch erhält.

Ein solches Online-Angebot ist die Seite "Helpto". Daniel Wetzel, Mitgründer des Portals, berichtete auf dem "Digitalen Flüchtlingsgipfel", dass es schon im vergangenen Jahr auf dem Höhepunkt des Flüchtlingsansturms vor allem um Koordination gegangen sei. "Wir haben uns in Potsdam ganz schnell mit Verantwortlichen der Stadt, mit Betreibern von Unterkünften, mit Unternehmern und mit Freiwilligen zusammengesetzt." Alle aus diesem Netzwerk hätten damals schnell etwas unternehmen wollen. Neben der Vermittlung von Sachspenden gehe es insbesondere auch um Sprachkurse, Tipps für freie Wohnungen oder Unterstützung beim ersten Schritt in den Arbeitsmarkt. Nach dem Start des Portals ausschließlich für Potsdam gibt es "Helpto" mittlerweile mit Angeboten in elf Bundesländern.

Das Ziel: mehr Koordination und Abstimmung

Bundesinnenminister de Maizière lobte solche Initiativen. Er machte aber auch deutlich, wo seiner Meinung nach Verbesserungen nötig seien. So gebe es noch relativ wenig Kooperationen und Zusammenschlüsse, an der ein oder anderen Stelle werde "das Rad auch neu erfunden". So unterstützten staatliche Stellen als auch Unternehmen und Stiftungen Angebote der digitalen Flüchtlingshilfe. In der Regel verlaufe dies ohne nennenswerte Abstimmung. "Das wollen wir mit dem heutigen Tag ändern", betonte de Maizière.

So gehe es um das Erkennen von gemeinsamen Schnittstellen. Gezielte Zusammenschlüsse von digitalen Hilfsangeboten könnten beispielsweise bewirken, dass Fördergelder bedarfsgerechter und nicht im "Gießkannen-Prinzip" verteilt würden. Der Innenminister appellierte an die rund 150 Teilnehmer des Gipfels, sich intensiv auszutauschen.

Dabei besonders im Fokus: Wie kann die Zielgruppe der Nutzer, sprich Geflüchtete und Hilfsinitiativen, am besten erreicht werden? In sogenannten Barcamps, einem offenen Veranstaltungsformat, wird auch darüber diskutiert, wie die digitalen Angebote nachhaltig entwickelt werden können. Denn eines schien allen klar, sowohl dem Minister als auch den Teilnehmern: Auch wenn die Flüchtlingszahlen deutlich zurückgehen, der Bedarf an digitaler Hilfe wird weiter steigen. Das Smartphone bleibt die Informationsquelle Nummer eins. Ob in Deutschland oder am Strand von Dschibuti.

Von der Ankommen-App bis zur webbasierten Arbeits- und Wohnungsvermittlung sind 2015 zahlreiche Angebote der digitalen Flüchtlingshilfe entstanden. Um diese Angebote durch ein "Mehr" an Koordination und Zusammenarbeit zu stärken, hat das Bundesinnenministerium mit seinen Programmpartnern "betterplace lab", die "Initiative D 21" und "Open Transfer" zum "Digitalen Flüchtlingsgipfel" nach Berlin geladen.