Mut und Forschergeist für eine bessere Zukunft

56. Bundeswettbewerb „Jugend forscht“ Mut und Forschergeist für eine bessere Zukunft

Sonnenschutz aus Blütenpollen, Biokunststoffe statt Plastik, Löschigel als innovative Feuerbekämpfung - nur einige der Ideen, für die junge Menschen einen Preis im Bundeswettbewerb „Jugend forscht" erhalten haben. Wegen der Corona-Pandemie fand die Preisverleihung in diesem Jahr in digitaler Form statt. Die Siegerehrung wurde im Internet übertragen.

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Jakob Nolte

Jakob Nolte aus Hessen wurde für seine Studie zum Rückgang der heimischen Flora mit dem Preis der Bundeskanzlerin ausgezeichnet.

Foto: Stiftung Jugend forscht e. V.

Der „Sonderpreis der Bundeskanzlerin für die originelleste Arbeit“ ging in diesem Jahr an Jakob Nolte aus Hessen im Fachgebiet Biologie. Der 20jährige Schüler wies mittels einer Vergleichsanalyse nach, dass in der Region um Laubach in den vergangenen rund 130 Jahren bis zu 80 Prozent der Blütenpflanzenflora verschwunden sind.

Der Sonderpreis der Bundeskanzlerin beziehungsweise des Bundeskanzlers wurde 1971 erstmals ausgelobt. Er unterstreicht die große Bedeutung der Förderung des Forschungsnachwuchses und die Wertschätzung, die diesem bundesweiten Wettbewerb zukommt.

Dafür kartierte der Jungforscher drei Sommer lang die Flora in der Umgebung und verglich seine Erhebungen mit botanischen Aufzeichnungen in der Literatur. Diese zeigten eine massive Verarmung der Flora. Jakob Nolte setzt sich deshalb dafür ein, weniger zu düngen und mehr Wert auf Naturschutz zu legen – zugunsten der Artenvielfalt.

Seine Arbeit wird Jakob Nolte der Bundeskanzlerin persönlich vorstellen: Für Mittwoch, 8. September 2021, ist ein Empfang für ihn und alle Prämierten in Berlin im Bundeskanzleramt geplant. Ob und in welcher Form der Empfang stattfindet, hängt von der weiteren Entwicklung der Pandemie und des Infektionsgeschehens ab. Die Einladung aller Bundessieger und Platzierten zu einem Empfang im Bundeskanzleramt gehört seit 1981 zur Tradition des Wettbewerbs.

Online-Veranstaltung nach Corona-Pause

Nachdem in 2020 pandemiebedingt die 55. Wettbewerbsrunde ausfallen musste, präsentierten in diesem Jahr 169 Jugendliche insgesamt 113 Projekte in sieben Fachgebieten: Arbeitswelt, Biologie, Chemie, Geo- und Raumwissenschaften, Mathematik/Informatik, Physik und Technik. Die jeweils besten fünf Projekte pro Fachgebiet werden mit Geld- und Sachpreisen ausgezeichnet.

Eine Festschrift stellt alle Landessiegerinnen und Landessieger, die am Bundeswettbewerb teilnehmen, mit ihren Projekten vor. Darüber hinaus informiert sie über die Bundesjuroren, Preise, Preisstifter, Patenunternehmen sowie Förderer von Jugend forscht.

Der Bundeswettbewerb ist Höhepunkt und zugleich Finale der 56. Wettbewerbsrunde. Hier treten die Erstplatzierten der Landeswettbewerbe gegeneinander an. Das Online-Finale fand in diesem Jahr vom 26. bis 30. Mai in Heilbronn statt. Bundespate des Bundesfinales war das Science Center experimenta in Heilbronn.

Deutschlands beste MINT-Talente 2021

Bundessieger im Fachgebiet Arbeitswelt wurde Jan Heinemann (18 Jahre) aus Rheinland-Pfalz. Er konstruierte einen neuartigen Aufsatz für Feuerwehrschläuche. Die stachelartigen Düsen seines „Löschigels“ erzielen eine größere Wirkung, da sie das Wasser großflächig zerstäuben.

Bundessieger im Fachgebiet Biologie wurde Marik Müller (17 Jahre) aus Brandenburg. Er entwickelte eine innovative Methode, die das Antibiotikum Florfenicol spaltet und inaktiviert, bevor Reste davon nach der Anwendung in die Umwelt gelangen. So wird das Risiko der Entstehung resistenter Keime reduziert.

Bundessieger im Fachgebiet Chemie wurde Nikola Ristic (18 Jahre) aus Sachsen. Er optimierte ein wissenschaftliches Computerprogramm, um Dichte und innere Struktur von Molekülen und deren Hohlräumen berechnen und sichtbar machen zu können. Mit seinem Webtool analysierte der Jungforscher rund 160 000 Proteine und RNA-Moleküle.

Bundessieger im Fachgebiet Geo- und Raumwissenschaften wurde Lukas Weghs (17 Jahre) aus Nordrhein-Westfalen.  Er schrieb ein selbstlernendes Computerprogramm, mit dem Exomonde in den von Satelliten vermessenen Zeitreihen der Sternenhelligkeit herausgefiltert werden können.

Bundessieger im Fachgebiet Mathematik/Informatik wurde Jonathan Hähne (18) aus Bayern. Er entwarf den Prototyp einer neuartigen echtzeitfähigen Raytracing-Software, mit der sich besonders realistische Computeranimationen erstellen lassen.

Bundessieger im Fachgebiet Physik wurden Leonard Münchenbach (17 Jahre) und Leo Neff (17 Jahre) aus Baden-Württemberg. Beide untersuchten das Flugverhalten von Konfetti. Sie fanden unter anderem eine Formel, mit der sich beschreiben lässt, wie schnell Papierstreifen verschiedener Form und Größe in einer Phase des freien Falls rotieren.

Bundessieger im Fachgebiet Technik wurde Tobias Neidhart aus Baden-Württemberg. Der 18Jährige beschleunigte einen speziellen Typ 3-D-Drucker, bei dem zähflüssiges Harz mit UV-Licht belichtet wird. Das zum Patent angemeldete Gerät bestückte er mit einem Ultraschallsender, der das Kunstharz erwärmt, das so schneller aushärtet.

„Ausgezeichneter“ Forschernachwuchs

Als Schirmherr von "Jugend forscht" stiftet Bundespräsident Walter Steinmeier den "Preis für eine außergewöhnliche Arbeit". Er ging in diesem Jahr an drei Schüler aus Hamburg im Fachgebiet Mathematik/Informatik. Lennart Christian Grabbel (17 Jahre), Paul Siewert (18 Jahre) und Juri Kaganskiy (16 Jahre) gelang, ein Problem der theoretischen Informatik zu lösen, indem sie ein universelles FRACTRAN-Programm konstruierten, das gegenüber allen bislang bekannten Programmen um fast 40 Prozent kürzer ist.

Bundesforschungsministerin Anja Karliczek, zugleich Kuratoriumsvorsitzende der Stiftung Jugend forscht e.V., zeigte sich bereits im Vorfeld der Preisverleihung beeindruckt: "Sie haben sich nicht abschrecken lassen, sich etwas zugetraut und bereits jetzt viel erreicht. Sie haben bewiesen, dass Sie neugierig, kreativ und beharrlich sind und unbekannte Situationen als Chance wahrnehmen“.

Anja Karliczek freut sich darüber, dass Jugend forscht mit dem Motto der diesjährigen Wettbewerbsrunde ‚Lass Zukunft da.‘ Aufgaben in den Blick genommen hat, die über die aktuelle Krise hinaus reichen: „Wir brauchen den Mut und Forschergeist von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern nicht nur in Zeiten der Corona-Pandemie, sondern auch bei der Bewältigung langfristiger globaler Herausforderungen wie dem Klimawandel“.

Auch die Bundesforschungsministerin ehrt die Jungforscherinnen und Jungforscher mit einem Preis für die "beste interdisziplinäre Arbeit": Amon Schumann (16 Jahre) aus Berlin gewann mit seinem Konzept zur Optimierung üblicher Verfahren der Wetterdatenmessung im Fachgebiet Technik. Zum einen setzte der Schüler auf die umweltschonende Wiederverwendung gelandeter Wetterballons, zum anderen entwickelte er eine eigene Sonde, die extrem leicht ist und mit Solarstrom betrieben wird.

Die Ministerin gratulierte allen Finalistinnen und Finalisten der diesjährigen Wettbewerbsrunde herzlich zu ihrem Erfolg und wünscht ihnen, "dass die Erfahrung der Wettbewerbsteilnahme auf ihren weiteren Weg eine Kraft­ und Inspirationsquelle bleibt und sie zu neuen Zielen führt“.

Unter dem Motto "Lass Zukunft da." hatten sich für die 56. Wettbewerbsrunde rund 9.000 Jungforscherinnen und -forscher angemeldet und an den Regional- und Landesausscheidungen beteiligt. Darunter waren mehr als ein Drittel Mädchen und junge Frauen (3.567). Insgesamt wurden 5.095 Projektarbeiten zur aktuellen Wettbewerbsrunde angemeldet. Hier eine statistische Übersicht über die Anmeldezahlen.

Talentschmiede und Fachkräftesicherung

Die Vergangenheit von "Jugend forscht" hat gezeigt, dass die Teilnahme am Wettbewerb für die Kinder und Jugendlichen ein Schlüsselerlebnis ist und die späteren Interessen bis hin zur Studien- und Berufswahl nachhaltig prägt. Insbesondere in den MINT-Fächern  fördert "Jugend forscht" besondere Leistungen und Begabungen. Ziel ist es dabei, Jugendliche langfristig für diese Themen zu begeistern und sie über den Wettbewerb hinaus in ihrer beruflichen Orientierung zu unterstützen.

"Jugend forscht" ist daher nicht nur eine "Talentschmiede", sondern auch ein Meilenstein in der persönlichen Entwicklung der jungen Menschen. So kann die Teilnahme am Wettbewerb der Start in eine vielversprechende berufliche Karriere sein. Auf diese Weise leistet der Wettbewerb nicht nur einen wichtigen Beitrag zur Fachkräftesicherung in Deutschland. "Jugend forscht" trägt als Instrument zur Förderung junger Talente auch zum Erhalt der Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft bei.

„Wir suchen die Forscher von morgen!" - unter diesem Motto startete im Dezember 1965 der damalige "stern"-Chefredakteur Henri Nannen den Aufruf zur ersten Wettbewerbsrunde. Damals beteiligten sich 244 Mädchen und Jungen. Heute ist "Jugend forscht" Deutschlands bekanntester Nachwuchswettbewerb, zu dem sich regelmäßig jährlich mehrere tausend junge Menschen anmelden.

Den Wettbewerb „Jugend forscht" fördern Bundesregierung, Kultusministerien, Schulen, Wirtschaft und Wissenschaft. Neben Bundeskanzlerin, Bundespräsident und dem Bundesforschungsministerium stiften weitere Bundesministerien hochdotierte Sonderpreise beim Bundeswettbewerb. Bis heute haben sich über 280.000 junge Menschen an „Jugend forscht" beteiligt.

Neue Wettbewerbsrunde

Der Startschuss für die 57. Wettbewerbsrunde erfolgt am 1. Juli 2021. Anmeldeschluss ist der 30. November 2021. An über 100 Orten in Deutschland finden ab Februar 2022 Regional- und Landeswettbewerbe statt, bei denen Deutschlands beste MINT-Talente identifiziert werden. Den Bundeswettbewerb und damit Finale der 57. Runde richten das Forschungsforum Schleswig-Holstein und die Stadt Lübeck vom 26. bis 29. Mai 2022 aus.