Bilanz kann sich sehen lassen

Jahresbericht Deutsche Einheit 2015 Bilanz kann sich sehen lassen

Deutschland hat große Fortschritte bei der Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West gemacht. Die Wirtschaftsleistung hat sich in den neuen Ländern mehr als verdoppelt, die Zahl der Arbeitslosen sank auf ein Rekordtief.

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Schiff auf der Trogbrücke. Die vollständig aus Stahl konstruierte Trogbrücke stellt das Kernstück des Wasserstraßenkreuzes dar. Mit 918 m ist sie die längste Kanalbrücke Europas und führt den Mittellandkanal über die Elbe hinweg.

Viele Infrastrukturprojekte wurden bereits erfolgreich umgesetzt oder stehen kurz vor ihrer Vollendung.

Foto: Burkhard Peter

Die Bilanz aus 25 Jahren Deutsche Einheit kann sich sehen lassen, der Aufbau Ost ist insgesamt gelungen. Das belegt der Jahresbericht zur Deutschen Einheit 2015.

Neben der guten Entwicklung der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes ist auch die Haushaltskonsolidierung weiter vorangeschritten. Der Schuldenstand der neuen Länder ist sogar deutlich niedriger als in westdeutschen Vergleichsländern wie Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland oder Schleswig-Holstein. Die Verkehrsinfrastruktur ist grundlegend erneuert, die Wohnsituation hat sich spürbar verbessert und der Verfall der Innenstädte ist gestoppt. Gestoppt ist auch der Wegzug der Menschen aus dem Osten: 2014 kamen zum zweiten Mal in Folge mehr Menschen nach Berlin und in die neuen Länder als wegzogen. Wirtschaftlich attraktive Regionen und Universitätsstädte ziehen die Menschen besonders an.

Aufbau Ost ist gelungen

Seit der Wiedervereinigung haben die neuen Länder eine beachtliche Steigerung ihrer Wirtschaftskraft erreicht. Das reale Bruttoinlandsprodukt, das den Gesamtwert aller Wirtschaftsleistungen nach Abzug der Preissteigerung misst, hat sich seit 1991 mehr als verdoppelt und liegt heute bei 67 Prozent des Westniveaus. Nach dem Abklingen des Baubooms haben sich seit der Mitte der 1990er Jahre das Verarbeitende Gewerbe und der Dienstleistungssektor zu den wichtigsten Wachstumsmotoren der ostdeutschen Wirtschaft entwickelt.

Positiv auch die Situation auf dem Arbeitsmarkt: Zwar liegt die Arbeitslosenquote im Osten mit 9,8 Prozent immer noch über der im Westen (sechs Prozent). Allerdings hat sich die Arbeitslosenquote in den alten und neuen Ländern etwas angeglichen. Während in den Jahren 2001 bis 2003 die Quote in den neuen Ländern um rund zehn Prozent höher als in den alten ausfiel, waren es 2014 nur noch knapp vier Prozent mehr Arbeitslose. Außerdem hat die Langzeitarbeitslosigkeit im Osten zwischen 2008 und 2014 um rund 37 Prozent abgenommen und liegt damit auf demselben Niveau wie im Westen.

Verkehrsprojekte Deutsche Einheit fertiggestellt

Die 17 Verkehrsprojekte Deutsche Einheit sind größtenteils fertiggestellt: die sieben Autobahnprojekte sind weitgehend umgesetzt. Von den neun Schienenprojekten sind sechs in Betrieb. Der Ausbau der Wasserstraße Hannover – Magdeburg – Berlin geht voran und soll 2020 abgeschlossen sein.

Auch die Haushaltssituationen der ostdeutschen Flächenländer und Gemeinden verbessern sich stetig. Von 2011 bis 2014 konnten die ostdeutschen Flächenländer und ihre Gemeinden insgesamt Haushaltsüberschüsse erwirtschaften, 2014 waren das gut 1,9 Milliarden Euro beziehungsweise 153 Euro je Einwohner. Damit sind wichtige Weichen gestellt, dass die neuen Länder 2019, nach dem Auslaufen des Solidarpakts, die Vorgaben der Schuldenbremse erfüllen und ab 2020 ausgeglichene Haushalte vorlegen können.

Die Bewertung der Wiedervereinigung durch die Bevölkerung fällt in ganz Deutschland eindeutig positiv aus: 77 Prozent der Ostdeutschen und 62 Prozent der Westdeutschen haben die Wiedervereinigung auch für sich persönlich als vorteilhaft erlebt. Auch die allgemeine Lebenszufriedenheit ist im Osten (76 Prozent) und Westen (83 Prozent) hoch. Das zeigt die Studie "2014 – 25 Jahre friedliche Revolution", die die Bundesbeauftragte in Auftrag gegeben hatte.

Ziel ist die weitere Angleichung

Trotz aller Erfolge der vergangenen 25 Jahre besteht noch immer viel Handlungsbedarf bei der Angleichung von Ost- und Westdeutschland.

Die Ostbeauftragte der Bundesregierung, Iris Gleicke sagte, man habe in 25 Jahren unglaublich viel erreicht. "Heute steht Ostdeutschland gut da, aber es gibt noch immer viel zu tun. Angesichts der Tatsache, dass die ostdeutsche Wirtschaft der westdeutschen nach wie vor hinterherhinkt, muss vor allem die Wirtschaftskraft durch Förderung von Investitionen, Innovationen und Internationalisierung weiter gestärkt werden." Gleicke hob hervor, dass die im Koalitionsvertrag verankerte Rentenangleichung fahrplanmäßig erfolgen müsse, damit auch die soziale Einheit in Deutschland vollendet werde. Bei der Rentenberechnung soll daher - entsprechend der Koalitionsvereinbarung - mit Ende des Solidarpaktes II, wenn die Lohn- und Gehaltsangleichung weiter fortgeschritten sein wird,  in einem letzten Schritt eine vollständige Angleichung erfolgen.

Strukturschwache Regionen im Blick

Zugleich behält die Bundesregierung auch die Entwicklung strukturschwacher Regionen in den alten Ländern im Blick.

Deshalb will sie nach dem Auslaufen des Solidarpakts II ein weiterentwickeltes Fördersystem für strukturschwache Regionen in ganz Deutschland vorlegen. Ziel sind gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Deutschland. Bei der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzierungen wird deshalb auch beraten, ob und wie die speziellen Förderprogramme der neuen Länder nach und nach in ein gesamtdeutsches Fördersystem für strukturschwache Regionen überführt werden können.

Gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Deutschland bleiben weiter das Ziel der Bundesregierung.

Seit 1997 berichtet die Bundesregierung jährlich dem Deutschen Bundestag über den Stand der Deutschen Einheit. Mit dem Bericht kommt sie einer Aufforderung des Parlaments nach regelmäßiger Berichterstattung nach. Der aktuelle Jahresbericht wird jetzt dem Bundestag zugeleitet.