"Wollen nicht im Technikmuseum landen"

Merkel im Bundestag "Wollen nicht im Technikmuseum landen"

Die Kanzlerin hat trotz guter Wirtschaftslage weitere Kraftanstrengungen angemahnt. "Wir müssen jetzt die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Deutschland auch in zehn, fünfzehn Jahren noch wirtschaftlich erfolgreich und sozial gerecht ist", so Merkel im Bundestag. Zu Nordkorea warb Merkel für eine diplomatische Lösung.

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Bundeskanzlerin Merkel im Bundestag

Was den digitalen Fortschritt angehe, sei Deutschland "nicht in allen Bereichen Spitze", so Merkel.

Foto: Bundesregierung/Kugler

Zu Beginn ihrer Rede im Deutschen Bundestag hob Bundeskanzlerin Angela Merkel hervor, dass es Deutschland in vielen Bereichen unbestritten gut gehe. "Wir sind heute Wachstumsmotor. Wir sind heute ein Land mit der höchsten Beschäftigung, die wir jemals hatten. Und in Europa erfahren wir dafür sehr viel Anerkennung", betonte Merkel. "Wir dürfen uns auf diesen Erfolgen jedoch keinesfalls ausruhen", so die Kanzlerin.

"Neue Entwicklungsetappe"

Sie sei der tiefen Überzeugung, dass "wir an der Schwelle zu einer neuen Entwicklungsetappe stehen." Diese habe ganz wesentlich mit dem Treiber der heutigen Entwicklung zu tun, dem digitalen Fortschritt. Wie in einem Brennglas zeigten sich die Herausforderungen in der Automobilindustrie. Diese sei eine der Säulen des wirtschaftlichen Erfolgs.

Vertrauensverlust in Autoindustrie

Die deutsche Automobilindustrie sei weltweit anerkannt, die Produkte verkörperten das, was weltweit unter "Made in Germany" verstanden werde. Umso wichtiger sei es, dass der von den Führungen der Automobilkonzerne verursachte aktuelle Vertrauensverlust nicht auf die Beschäftigten zurückfalle. "Hier haben wir eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, Fehler beim Namen zu nennen, aber gleichzeitig die Zukunft der deutschen Automobilindustrie auch sichern zu helfen."

Merkel will Fahrverbote verhindern

Es würden noch auf Jahrzehnte Verbrennungsmotoren gebraucht, zeigte sich Merkel überzeugt. "Und trotzdem werden wir gleichzeitig den Weg hin zu neuen Antriebstechnologien gehen müssen". Merkel sprach sich ausdrücklich gegen Fahrverbote aus. "Wir werden alle Kraft darauf lenken, dass es zu solchen Verboten nicht kommt." Gegen den Diesel vorzugehen bedeute gleichermaßen auch gegen die CO2-Ziele, die wir uns gesetzt haben, vorzugehen.

"Und das darf nicht passieren. Deshalb brauchen wir saubere Diesel-Autos. Und wir brauchen den Übergang zu einer modernen Mobilität", betonte die Kanzlerin. Sie machte deutlich: In der Automobilindustrie seien "unverzeihliche Fehler" gemacht worden. Dennoch dürfe nicht die ganze Branche ihrer Zukunft beraubt werden. Es gelte, mit Maß und Mitte die richtigen Wege zu finden. "Dafür steht diese Bundesregierung", so Merkel.

In der Frage des Autos zeigten sich die ganzen Herausforderungen der Zukunft: Autonomes Fahren, neue Antriebe und der Klimaschutz. Merkel sagte, dass der Klimaschutzplan spezifiziert werden müsse. Dabei sei es wichtig, mit den Betroffenen, zum Beispiel in der Braunkohle-Industrie, direkt zu reden.

"Die Welt entwickelt sich in rasantem Tempo"

Was den digitalen Fortschritt angehe, sei Deutschland "nicht in allen Bereichen Spitze". Bei der Wirtschaft sei viel erreicht worden. So habe die Bundesregierung mittelständischen Unternehmen viel Hilfestellung gegeben. Konkret habe die Regierung Startups gefördert.

"Aber die Welt schläft nicht, die Welt entwickelt sich in rasantem Tempo", so Merkel. Deshalb sei es wichtig, neue Güter und neue Produktionsmöglichkeiten zu entwickeln. "Wir haben früher das MP3 erfunden, wir haben den ersten Computer gebaut." Daran gelte es anzuknüpfen. "Wir wollen nicht im Technikmuseum landen", so die Kanzlerin.

Auch im Bereich Digitalisierung der Verwaltung müsse Deutschland vorangehen. "Die Bürger müssen spüren, dass auch ihre Beziehungen zum Staat endlich dem digitalen Fortschritt entsprechen", stellte Merkel klar.

Nordkorea: Diplomatische Lösung nötig

Außenpolitisch ging Merkel auf die Nordkorea-Krise ein. Das Verhalten Nordkoreas sei eine "flagrante Verletzung aller internationalen Gegebenheiten". Hier könne es nur eine "friedliche, diplomatische Lösung" geben. Laut Merkel müsse sich Europa um eine friedliche Lösung des Konflikts bemühen. "Europa hat eine wichtige Stimme in der Welt". Die gelte es zu nutzen. Sie verwies zudem auf ihre Gespräche mit dem südkoreanischen Präsidenten Moon Jae In und US-Präsident Trump. Beide unterstützten die europäischen Anstrengungen für eine friedliche Lösung.

Merkel kündigte ferner an, dass die EU-Außenminister in Kürze über die Nordkorea-Krise beraten. Das Treffen im informellen Rahmen findet am 7. und 8. September in der estnischen Hauptstadt Tallinn statt. Die Kanzlerin hält es des Weiteren für richtig, dass der UN-Sicherheitsrat eine klare Position in diesem Konflikt bezieht.

Türkei: Inhaftierte freilassen

Zur Lage in der Türkei sagte Merkel, die Entwicklung in dem Land sei mehr als besorgniserregend. "Die Türkei verlässt immer mehr den Weg der Rechtsstaatlichkeit und das zum Teil in einem sehr schnellen Tempo", erklärte die Kanzlerin. Erneut forderte Merkel die Freilassung der in der Türkei aus politischen Gründen inhaftierten Deutschen. "Wir wollen alles in unserer Macht stehende tun und Tag für Tag versuchen, um diese Menschen, die unschuldig in Untersuchungshaft sitzen, nach unserer Überzeugung, freizubekommen".