"Jüdisches Leben gehört zu uns"

Kundgebung gegen Antisemitismus "Jüdisches Leben gehört zu uns"

Auf einer Kundgebung des Zentralrats der Juden in Berlin hat Bundeskanzlerin Merkel jede Form von Judenfeindlichkeit auf das Schärfste verurteilt. Diskriminierung und Ausgrenzung dürften in Deutschland keinen Platz haben. Jüdisches Leben sei Teil unserer Identität und Kultur.

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Bundeskanzlerin am Rednerpult

Merkel: "Juden sollen sich in Deutschland sicher fühlen."

Foto: Bundesregierung/Bergmann

Es sei ein "ungeheurer Skandal", wenn heute Menschen in Deutschland angegriffen würden, wenn sie sich als Juden zu erkennen gäben, so die Bundeskanzlerin in ihrer Rede. "Das nehme ich nicht hin. Und das nehmen wir alle nicht hin, die wir heute hierhergekommen sind."

Mit der Kundgebung wolle man unmissverständlich klar machen: "Jüdisches Leben gehört zu uns. Es ist Teil unserer Identität und Kultur."

Der Zentralrat der Juden hatte zu einer zentralen Kundgebung vor dem Brandenburger Tor eingeladen. Die Veranstaltung stand unter dem Motto "Steh auf! Nie wieder Judenhass!". Neben Bundeskanzlerin Angela Merkel hielten auch die höchsten Vertreter der beiden großen christlichen Kirchen in Deutschland Reden: der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, sowie der Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche Deutschlands, Nikolaus Schneider. Es sprachen auch der Präsident des World Jewish Congress, Ronald S. Lauder, und Bundespräsident Joachim Gauck.

Gegen Diskriminierung und Ausgrenzung

Merkel betonte, dass Diskriminierung und Ausgrenzung in Deutschland keinen Platz haben dürften. "Wer diskriminiert und ausgrenzt, hat mich und uns alle, hat die große Mehrheit der Menschen in Deutschland gegen sich", betonte sie.

Man wolle auch klarmachen: Deutschland sei sich der immerwährenden Verantwortung nach dem Zivilisationsbruch der Shoah bewusst, entschieden gegen Antisemitismus vorzugehen - und besser noch - ihm vorzubeugen.

"Wir durchschauen die perfide Absicht des Antisemitismus: Jüdische Menschen sollen in unserem Land zu Außenseitern gemacht werden. Und wir setzen dem unser klares Bekenntnis entgegen: Jüdische Freunde, Nachbarn, Kollegen - sie sind in Deutschland zuhause."

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EXTRA: "Steh auf! Nie wieder Judenhass"

Kampf gegen Antisemitismus ist unsere Pflicht

"Im Namen der ganzen Bundesregierung verurteile ich jede Form von Judenfeindlichkeit in Deutschland und Europa auf das Schärfste", sagte die Kanzlerin. Sie weise alle antisemitischen Äußerungen und Übergriffe entschieden zurück. "Nicht zuletzt jene, die jüngst auf propalästinensischen Demonstrationen als vermeintliche Kritik an der Politik des Staates Israel daherkamen, tatsächlich aber einzig und allein Ausdruck des Hasses auf jüdische Menschen waren."

Wer vollkommen legitime Kritik an politischem Handeln auf Demonstrationen nur als Deckmantel nutze, um seinen Hass auf Juden auszuleben, der missbrauche "unsere so wertvollen Grundrechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit".

Über Angriffe auf Juden könne man nicht hinwegsehen, mahnte Merkel. Deshalb sei man zusammengekommen. "Mehr noch: Der Kampf gegen Antisemitismus ist unsere staatliche und bürgerschaftliche Pflicht."

Deshalb nähmen die deutschen Sicherheitsbehörden jeden Übergriff auf Juden und jüdische Einrichtungen sehr ernst. Antisemitische Straftaten würden konsequent mit allen rechtsstaatlichen Mitteln verfolgt werden. Das gelte übrigens auch für Angriffe auf Moscheen, betonte die Kanzlerin.

Antisemitismus vorbeugen

Wichtig sei, dass es erst gar nicht zu Übergriffen komme, so die Kanzlerin. Eine Aufgabe, die jeden Einzelnen betreffe und Mut, Eigeninitiative, Solidarität und Toleranz erfordere. Das seien alles Werte, die eine Gesellschaft erst menschenfreundlich und zukunftsfähig machten und die immer wieder aufs Neue vermittelt werden müssten.

Die Bundesregierung unterstütze hierzu vielfältige Aktivitäten - gerade in der Eltern- und Jugendarbeit. "Denn wir müssen bereits in den Familien allen Formen extremistischer und weltanschaulicher Diskriminierung und Gewalt den Boden entziehen." Zudem investiere die Bundesregierung in Bildung und fördere Gedenkstätten.

Gemeinsame Heimat

Juden sollten sich in Deutschland sicher fühlen, so Merkel. "Sie sollen spüren, dass dieses Land unser gemeinsames Zuhause – unsere gemeinsame Heimat – ist, in dem sie wie alle Menschen, die hier leben, eine gute Zukunft haben."

Mit dieser Kundgebung würde gemeinsam ein wichtiges Zeichen gesetzt – ein Zeichen gegen Antisemitismus, gegen Extremismus und gegen Menschenfeindlichkeit. "Wir setzen ein Zeichen für Respekt: Respekt vor dem Glauben und der Kultur des jeweils anderen, sei er Jude, Muslim oder Christ – ein Zeichen für ein friedliches und gedeihliches Miteinander in unserem Land."