Gesundheitsreform

Gesundheitsreform

Am 1. April 2007 ist die Gesundheitsreform in Kraft getreten. Bundestag und Bundesrat haben dem Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung im  Februar 2007 mit breiter Mehrheit zugestimmt.

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Damit wurde der Weg für eines der wichtigsten Reformvorhaben der Bundesregierung in dieser Legislaturperiode frei: die nachhaltige Sicherung eines leistungsfähigen, solidarischen und finanzierbaren Gesundheitswesens.

„Die jetzt beschlossenen Reformen im Gesundheitswesen verändern unser Gesundheitssystem nachhaltig. Finanzierung, Organisation, die Strukturen und das Verhältnis von gesetzlicher zu privater Krankenversicherung werden reformiert. Für mich ist wichtig, dass einige hunderttausend Menschen, diejenigen, die aus verschiedenen Gründen den Schutz ihrer Krankenversicherung verloren haben, wieder aufgenommen werden. Und niemand wird in Zukunft diesen Schutz verlieren können,“ erklärte Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt, nachdem der Bundesrat der Gesundheitsreform am 16. Februar 2007 zugestimmt hatte.

Das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz hat grundlegende Reformen in der gesetzlichen und in der privaten Krankenversicherung gebracht. Das Gesundheitssystem wird auf allen Ebenen neu strukturiert und wettbewerbsorientierter ausgestaltet. Zum Nutzen aller Bürgerinnen und Bürger: Denn es gibt viel mehr Wahl- und Entscheidungsmöglichkeiten als bisher. Das sorgt für mehr Qualität, Transparenz und Wirtschaftlichkeit in der medizinischen Versorgung.

Gesundheitsfonds

Der Gesundheitsfonds startet zum 1. Januar 2009. In ihn fließen die Beiträge von Arbeitgebern und Mitgliedern der gesetzlichen Krankenkassen ein, außerdem Steuermittel. Die Krankenkassen-Beiträge werden in Zukunft im ganzen Bundesgebiet einheitlich festgesetzt.

Aus dem Fonds erhalten die Kassen künftig für ihre Versicherten eine Grundpauschale. Kassen mit überdurchschnittlich vielen älteren und kranken Versicherten bekommen außerdem einen Zuschlag. Damit haben sie im Wettbewerb keine Nachteile gegenüber anderen Kassen. 

Kommt eine Krankenkasse mit den zugewiesenen Fondsmitteln nicht aus, muss sie den Fehlbetrag ausgleichen. Sie wird sich zuerst bemühen, die Versorgung kostengünstiger zu organisieren.

Reicht auch dies nicht, kann sie von ihren Versicherten einen Zusatzbeitrag verlangen, der ein Prozent des beitragspflichtigen Einkommens nicht übersteigen darf (Überforderungsklausel). Zusatzbeiträge bis zu acht Euro werden ohne Einkommensprüfung erhoben. Für die Versicherten wird damit erkennbar, wie leistungsfähig die Krankenkasse ist.

Für gesamtgesellschaftliche Aufgaben kommen in Zukunft nicht nur die Beitragszahler auf. Diese Aufgabe muss von allen getragen werden. Deshalb werden diese Kosten auch und nach aus Steuermitteln bezahlt und so auf mehr Schultern verteilt. Das ist gerechter. Steuererhöhungen dafür hat die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode ausgeschlossen.

Medizinische Versorgung auf hohem Niveau

Jeder erhält auch künftig die notwendige medizinische Versorgung – unabhängig von Alter, Wohnort und Einkommen. Dabei kommt der medizinische Fortschritt allen zugute. Jeder und jede hat Anspruch auf Absicherung bei Krankheit.

Erstmals seit Jahren wird die Zuzahlung für die Versicherten nicht erhöht, Leistungen nicht gekürzt. Vielmehr wird die medizinische Versorgung dort, wo es notwendig ist, sogar ausgebaut.

  • Krankenhäuser übernehmen die ambulante Behandlung für Patienten mit seltenen oder schweren Krankheiten wie Krebs, Mukoviszidose oder Aids. Sie sind dafür oft besser ausgerüstet als die Arztpraxen.
  • Empfohlene Impfungen, Mutter- oder Vater-Kind-Kuren werden Pflichtleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung.
  • Sterbende und schwerstkranke Menschen sollen in Würde sterben können und möglichst wenig Schmerzen erleiden müssen. Deshalb werden für ihre Versorgung so genannte Palliativ Care Teams aus ärztlichem und pflegerischem Personal zugelassen. Insbesondere wird die Versorgung schwerst- und sterbenskranker Kinder in Kinderhospizen verbessert.
  • Vor allem ältere Menschen sollen nach einem Unfall oder einer Krankheit weiter nach ihren eigenen Vorstellungen den Alltag gestalten können. Wo es nur geht, soll ihnen das Pflegeheim erspart werden. Diese Menschen haben künftig einen Rechtsanspruch auf ambulante und stationäre Rehabilitation.
  • Die zumeist älteren Menschen, die in Wohngemeinschaften oder anderen neuen Wohnformen leben, erhalten einen Rechtsanspruch auf häusliche Krankenpflege.

Eigenverantwortung steigt

Für chronisch Kranke gilt:  Nur dann ist die Zuzahlung auf ein Prozent begrenzt, wenn vor der Erkrankung die Vorsorgeuntersuchungen regelmäßig wahrgenommen wurden.

Die Kosten von Folgeerkrankungen aufgrund nicht notwendiger medizinischer Eingriffe tragen die Krankenkassen nicht mehr. Dazu gehören Schönheitsoperationen oder Piercings.

Ressourcen im Gesundheitswesen bestmöglich einsetzen

Ziel ist es, Über-, Unter- und Fehlversorgung zu vermeiden. So sind Mehrfachuntersuchungen zu vermeiden.

Bei neuen Arzneimitteln erfolgt eine Kosten-Nutzen-Bewertung. Teure oder spezielle Arzneimittel dürfen Ärzte nur verordnen, wenn eine Zweitmeinung eingeholt wurde. Die zweite Meinung erteilen fachlich besonders ausgewiesene Kollegen oder Kolleginnen .

Den Apotheken wird die Abgabe von Einzeltabletten erleichtert. In Hospizen oder Pflegeheimen dürfen künftig nicht genutzte Betäubungsmittel für andere Patienten verordnet werden. Das bringt erhebliche Einsparungen, denn derzeit werden jedes Jahr Arzneimittel im Wert von Milliarden weggeworfen.

Mehr Wettbewerb

Die Versicherten können künftig wählen: die leistungsfähigste Krankenkasse, den günstigsten Tarif, die beste Versorgung, die geeignete Behandlung in Kliniken und bei Ärzten. Die Krankenkassen bieten Hausarztmodelle und kostengünstigere Tarife an. Das wird zu mehr Wettbewerb zwischen Kassen, Ärzteschaft und Apotheken führen.

Integrierte Versorgung, Hausarztmodelle, Chronikerprogramme und medizinische Versorgungszentren werden ausgebaut. Das bringt mehr Behandlungsqualität für die Patientinnen und Patienten sowie mehr Wirtschaftlichkeit im Gesundheitssystem.

Das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz eröffnet den gesetzlichen Krankenkassen vielfältige Möglichkeiten, ihren Versicherten Wahltarife anzubieten und so stärker als bisher im Wettbewerb agieren zu können. Das bedeutet erweiterte Möglichkeiten, um den Versicherten entsprechend ihren unterschiedlichen Präferenzen differenzierte und qualitativ hochwertige Angebote zu machen.

Der Gesetzgeber sieht verschiedene Arten von Wahltarifen vor. Die meisten von ihnen kommen bereits seit dem 1. April 2007 den Versicherten zugute. Viele Kassen haben sich bereits auf die neu geschaffenen Möglichkeiten eingestellt. Ab dem 1. Januar 2009 werden die Wahltarife noch weiter ausgebaut.

Die Krankenkassen müssen seit 1. April 2007 Tarife für die Teilnahme der Versicherten an folgenden besonderen Versorgungsformen anbieten:

- integrierte Versorgung,

- besondere ambulante ärztliche Versorgung,

- strukturierte Behandlungsprogramme bei chronischen Krankheiten (DMP),

- Modellvorhaben und

- hausarztzentrierte Versorgung.

Die Kassen können anbieten:

- Selbstbehalttarife,

- Tarife für Nichtinanspruchnahme von Leistungen,

- Variable Kostenerstattungstarife und

- Tarife, die die Übernahme der Kosten für von der Regelversorgung ausgeschlossene Arzneimittel der besonderen Therapieeinrichtungen beinhalten.

Für alle Tarife, die die Kasse freiwillig anbieten kann, gilt eine Mindestbindungsfrist von drei Jahren. Das heißt, die Versicherten legen sich für diesen Zeitraum auf einen solchen Tarif gegenüber ihrer Krankenkasse fest. Die Krankenkasse kann vor Ablauf dieser Zeit auch nur in Härtefällen gewechselt werden.

Viele gesetzliche Krankenkassen nutzen die neuen Regelungen und bieten verschiedene Wahltarife an. Danach können die Versicherten beispielsweise ihren Beitragssatz verringern, wenn sie eine höhere Eigenbeteiligung an ihren Behandlungskosten wünschen.

All das bringt mehr Behandlungsqualität für die Patientinnen und Patienten. Und sorgt für mehr Wirtschaftlichkeit im Gesundheitssystem.

Wettbewerb innerhalb der privaten Krankenversicherung (PKV)

Die Gesundheitsreform sieht auch für die private Krankenversicherung (PKV) wesentliche Veränderungen vor. Die Reform sorgt dafür, dass auch nicht (mehr) versicherte Personen, die der PKV zuzuordnen sind, künftig (wieder) über einen Versicherungsschutz im Krankheitsfall verfügen. Diese Personen müssen in einem bezahlbaren Tarif aufgenommen werden, auch wenn sie bereits krank sind. Der Wechsel von einer Versicherung zur anderen ist künftig einfacher und finanziell günstiger möglich.

Bereits ab 1. Juli 2007 können sich Menschen ohne Absicherung im Krankheitsfall, die früher privat versichert waren oder die bisher weder gesetzlich noch privat krankenversichert waren und, zum Beispiel wegen selbständiger Berufstätigkeit, der PKV zuzuordnen sind, im PKV-Standardtarif ohne Risikozuschläge oder Leistungsausschlüsse versichern. Diese Versicherten wechseln zum 1. Januar 2009 automatisch in den neuen Basistarif. Gleichzeitig wird der neue Standardtarif verbessert.

Ab 1. Januar 2009 unterliegen auch Personen, die der PKV zuzuordnen sind, einer Pflicht zur Krankenversicherung. Sie müssen dann einen Vertrag abschließen, der mindestens die Absicherung ambulanter und stationärer Heilbehandlung vorsieht. Diese Personen können sich auch im neuen PKV-Basistarif versichern, müssen es aber nicht.

Der Basistarif muss ab dem 1. Januar 2009 von allen privaten Krankenversicherungsunternehmen neben den bestehenden Tarifen angeboten werden. Der Tarif steht allen neu PKV-Versicherten, freiwillig GKV-Versicherten für die Dauer von sechs Monaten sowie Personen ohne Versicherungsschutz offen, die ehemals PKV-versichert waren oder der PKV systematisch zuzuordnen sind.  

Der Leistungsumfang dieses Tarifs wird sich an dem der GKV orientieren. Das Basistarif sieht einen Aufnahmezwang vor; die Versicherungsunternehmen können also niemanden mehr zurückweisen, der sich in diesem Tarif versichern darf. Risikozuschläge oder Leistungsausschlüsse sind hier nicht erlaubt. Die Bezahlbarkeit wird gewährleistet. Die Versicherten werden finanziell nicht überfordert.

Die Gesundheitsreform sorgt für deutlich verbesserte Wahl- und Wechselmöglichkeiten auch für privat Krankenversicherte. Künftig sollen die Versicherten den größten Teil ihrer Altersrückstellungen beim Wechsel in ein anderes Unternehmen mitnehmen können. Für das Wechselrecht 2009 gibt es Vorkehrungen, um einem Missbrauch vorzubeugen. Die Übertragbarkeit der Altersrückstellungen macht erstmals einen echten Wettbewerb zwischen den Versicherungsunternehmen möglich. Davon profitieren alle Krankenversicherten.