Digitale Souveränität zurückgewinnen

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Dobrindt-Interview Digitale Souveränität zurückgewinnen

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt will für schnellen und intelligenten Zugang zu Datennetzen sorgen. Im Gespräch mit der Bild am Sonntag betont er: "Über den künftigen Wohlstand unserer Gesellschaft entscheidet vor allem der Ausbau der digitalen Infrastruktur."

  • Interview mit Alexander Dobrindt
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Verlegung von Breitbandkabeln im Bezirk Berlin Kaulsdorf

Schnelles Internet für alle: Bundesminister Dobrindt will den Ausbau des Breitbandnetzes forcieren

Foto: Ulf Dieter

Das Interview im Wortlaut:

Bild am Sonntag (BamS): Herr Dobrindt, Sie haben noch nie einen so großen Apparat wie das Verkehrsministerium geleitet. Fühlen Sie sich dem neuen Amt gewachsen?

Alexander Dobrindt: Ja. Ich fühle mich gut vorbereitet. Auch als Minister ist man immer etwas General, gibt die Richtung vor und lenkt die Truppenteile.

BamS: Keine Angst zu scheitern?

Dobrindt: Nein, aber ich habe großen Respekt vor meiner neuen Aufgabe und weiß genau, dass ich eine große Verantwortung trage. Mein Haus ist das Ministerium für die großen M: Mobilität und Modernität...

BamS: ... die Maut nicht zu vergessen...

Dobrindt: Richtig. In diesem Ministerium werden die großen Fragen der Zukunft beantwortet und umgesetzt. Wir sind das Zukunftsministerium für Deutschland.

BamS: Wer ist denn nun Internetminister: Sie oder Wirtschaftsminister Gabriel, Innenminister de Maizière, Justizminister Maas, Kulturstaatssekretärin Grütters oder alle zusammen?

Dobrindt: Da mag sich bewerben, wer will. Mein Auftrag ist der Ausbau der digitalen Infrastruktur in Deutschland. Es ist mein Job, dafür zu sorgen, dass in Deutschland die Menschen Zugang zu schnellen und intelligenten Datennetzen haben.

BamS: Wollen Sie für Ihren neuen Job das Twittern erlernen?

Dobrindt: Meine Aufgaben für die Zukunft der digitalen Welt können Sie nicht mit 140 Zeichen beschreiben. Außerdem: Egal ob ich twittere oder nicht, davon hat niemand im Bayerischen Wald oder in der Eifel ein schnelleres Netz.

BamS: Was machen Sie bei Facebook? Angeblich letzter Eintrag vom 15. September ...

Dobrindt: Ich habe in der Vergangenheit eine Fanseite gehabt - keine Freundesseite. Die hat mein Büro gemanagt. Das wird auch in Zukunft so sein.

BamS: Wofür nutzen Sie das Internet?

Dobrindt: Für mich ist das Internet ein gigantisches Projekt als Informations- und Kommunikationszentrum mit schier unerschöpflichem Potenzial.

BamS: Wie sinnvoll ist es eigentlich, Autobahn, Schiene und Datenautobahnen in einem Ministerium zusammenzufassen?

Dobrindt: Moderne Verkehrssysteme sind ohne Datenströme nicht mehr denkbar. Wer die modernste Infrastruktur der Welt schaffen will, muss Straße, Schiene und Digitalisierung gemeinsam denken, planen und errichten. Die Daten- und Verkehrsströme sind gleichermaßen Lebensadern dieses Landes. Über den künftigen Wohlstand unserer Gesellschaft entscheidet vor allem der Ausbau der digitalen Infrastruktur.

BamS: Experten sagen, dass Deutschland im Bereich Breitband dringend Investitionen in Milliardenhöhe benötigt. Haben Sie das Geld?

Dobrindt: Wir müssen in jegliche Infrastruktur mehr investieren. Mir stehen für Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur insgesamt fünf Milliarden Euro zusätzlich für die nächsten vier Jahre zur Verfügung. Beim Ausbau im Breitbandbereich setzen wir aber vor allem auf Anreize für Investoren. Ich will das Netz nicht verstaatlichen, sondern privat betriebene Netze.

BamS: Wird es künftig eine Zwei-Klassen-Gesellschaft im Netz geben oder sollen alle Daten gleich schnell übertragen werden?

Dobrindt: Ich will ein Netz frei von Diskriminierungen. Das betrifft sowohl die Datenströme als auch den Zugang. Es könnte aber sein, dass es in Zukunft für bestimmte medizinische Daten Vorrang-Mechanismen geben muss, zum Beispiel dann, wenn es um Menschenleben geht.

BamS: Bei der Anschlussdichte und der durchschnittlichen Geschwindigkeit liegen Staaten wie Tschechien oder Estland vor Deutschland ...

Dobrindt: Deutschland braucht das schnellste und intelligenteste Netz der Welt. Nur so kann der Vorsprung in Technologie und Wohlstand gehalten werden. Kinder, die heute mit digitalen Medien aufwachsen, werden im Leben andere Chancen haben als jene, denen das verwehrt bleibt.

BamS: Zur digitalen Infrastruktur gehört auch das Thema Sicherheit der Daten. Wie groß ist das Problem angesichts des NSA-Spähskandals?

Dobrindt: Derzeit gibt es kein Sicherheitssystem, das die Vertraulichkeit von Daten zu 100 Prozent garantiert. Das ist untragbar für die Zukunft. Wir müssen wieder Vertraulichkeit im Netz garantieren können und als Deutsche und Europäer unsere digitale Souveränität zurückgewinnen. Dafür werden wir viel Geld ausgeben müssen. Ich erinnere an die große Technologieoffensive der Boer-Jahre von Franz Josef Strauß in der europäischen Luft- und Raumfahrt.

BamS: Im Koalitionsvertrag steht, dass 2014 die Pkw-Maut für Ausländer kommt. Wann legen Sie einen Gesetzentwurf vor?

Dobrindt: Im Laufe des Jahres zog. Wir haben dann ausreichend Zeit, den Gesetzentwurf zu diskutieren und zu verabschieden. 2015 steht dann die technische Umsetzung der Maut für ausländische Fahrzeughalter an. Danach zahlen endlich nicht nur inländische Autohalter für die Straßen in Deutschland, sondern auch
ausländische Autohalter. Das ist auch eine Frage der Gerechtigkeit.

BamS: Welches Modell schwebt Ihnen vor: Alle zahlen die Maut, aber inländische Fahrzeughalter bekommen sie erstattet?

Dobrindt: Die Vignette ist ein bewährtes und einfaches System und mit geringen Bürokratiekosten umzusetzen.

BamS: Ist eine 100-Euro-Vignette realistisch?

Dobrindt: Man kann über 100 Euro nachdenken. Es kann aber auch etwas mehr oder weniger sein.

BamS: Welchen Ertrag erwarten Sie von der Maut?

Dobrindt: Es geht um einen Milliardenbetrag in einer vierjährigen Legislaturperiode.

BamS: Zu einer anderen Baustelle - gesperrte Brücken, kaputte Schienen: Bahn-Chef Grube fordert Milliarden, um die Infrastruktur zu sanieren. Können Sie ihm da Hoffnungen machen?

Dobrindt: Wir müssen mehr in die bestehenden Strecken und Netze investieren. Dafür will ich aber eine Garantie der Deutschen Bahn AG haben, dass das Geld von ihr sach- und zeitgerecht verwendet wird. Dahinter steht auch die Frage der Kontrolle von so genannten Kostensteigerungen.

BamS: Früher hieß es immer: Bayern ist Laptop und Lederhose. Tragen Sie persönlich noch Lederhose und Tracht?

Dobrindt: Ja, gern, wenn es passt. Da gibt es viele Gelegenheiten.

BamS: In Ihrem Heimatort beim Schützenverein VSG Peißenberg waren Sie schon dreimal Schützenkönig. Bleiben Sie als Schütze aktiv?

Dobrindt: Im Verein zurzeit weniger, in der Politik ist mir das immer gut gelungen.

Das Interview führten Michael Backhaus, Martin S. Lambeck und Burkhard Uhlenbroich für