Auf der Datenautobahn zum Patienten

IT im Gesundheitswesen Auf der Datenautobahn zum Patienten

Die digitale Infrastruktur im Gesundheitswesen wird ausgebaut: für Patienten wie für Ärzte, Krankenhäuser und Krankenkassen. Das sieht das Gesetz für "Sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen" vor, das nun den Bundesrat passierte.

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Arzt und Fachkraft für Telemedizin schauen sich am Computer die Daten eines Patienten an.

Arzt und Krankenschwester werten Daten aus, die vom Herzschrittmacher eines Patienten gesendet wurden.

Foto: picture alliance / dpa

Seit 1. Januar 2015 ist die elektronische Gesundheitskarte Pflicht. Technisch ist sie zu einer Reihe neuer Anwendungen fähig. Beispielsweise könnten Patienten auf der elektronischen Gesundheitskarte Notfalldaten wie Allergien oder Vorerkrankungen speichern lassen. Ärzte und Krankenhäuser könnten Labor- oder Röntgendaten oder Befunde digital austauschen. Bisher können diese Möglichkeiten jedoch nicht genutzt werden.

Mit dem neuen Gesetz wird sich das ändern. Es schafft die Voraussetzungen für eine sichere digitale Infrastruktur, die neue Anwendungen erlaubt. So können beispielsweise ab 2018 Notfalldaten und Medikationspläne auf der Gesundheitskarte gespeichert werden, wenn es der Patient wünscht. Ärzte, die diese Datensätze erstellen, sollen eine Vergütung erhalten.

"Mit dem E-Health-Gesetz treiben wir den Fortschritt im Gesundheitswesen voran. Dabei stehen Patientennutzen und Datenschutz im Mittelpunkt. Eine sichere digitale Infrastruktur verbessert die Gesundheitsversorgung und stärkt die Selbstbestimmung der Patienten – das bringt echten Nutzen für die Versicherten", so Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe zur abschließenden Beratung des Gesetzes im Bundestag.

Nachdem das Kabinett am 27. Mai das E-Health-Gesetz beschlossen hatte, stimmte am 3. Dezember der Bundestag zu. Am 18. Dezember passierte das Gesetz den Bundesrat.

Anschubfinanzierung für Ärzte

Das Gesetz setzt auf Anreize: Ärzte, die künftig mit elektronischen Arztbriefen arbeiten, können als "Anschubfinanzierung" dafür 2017 Zuschläge erhalten. Ansonsten regeln die Spitzengremien des Gesundheitssystems die Vergütung, etwa der Gemeinsame Bundesauschuss aus Krankenkassen, Ärzte und Krankenhäusern.

Telemedizinische Anwendungen - vor allem in unterversorgten Gebieten – sollen künftig besser bezahlt werden. Gerade im ländlichen Raum eröffnen sich mit der Telemedizin neue Möglichkeiten. Bestimmte Werte, zum Beispiel bei Herz-Patienten, können aus der Ferne vom Arzt überwacht werden.

Medikationsplan ab drei Medikamenten

Patienten, die mindestens drei verordnete Medikamente nehmen, haben ab Oktober 2016 einen Anspruch auf einen Medikationsplan. Er wird zunächst noch in Papierform vorliegen. Ab 2018 soll er über die elektronische Gesundheitskarte abrufbar sein - natürlich nur, wenn Patientinnen und Patienten das wollen.

Ab April 2017 sollen Telekonsile für Röntgenbefunde vergütet werden. Sitzen also Ärzte verschiedener Fachrichtungen an verschiedenen Orten und sind zusammengeschaltet, um eine Röntgenaufnahme auszuwerten, erhalten sie mehr Geld. Ab Juli 2017 wird auch die Online-Videosprechstunde in die vertragsärztliche Versorgung aufgenommen.

Über Daten selbst bestimmen

Patientinnen und Patienten entscheiden nicht nur, welche medizinischen Daten mit der Gesundheitskarte gespeichert werden und wer darauf zugreifen darf. Zusätzlich können sie sich ab 2019 ein Patientenfach auf ihrer Karte einrichten. In diesem Fach können auch eigene Daten wie beispielsweise ein Patiententagebuch über Blutzuckermessungen abgelegt werden.

Ab 2019 soll auch die elektronische Patientenakte auf der Karte gespeichert werden können. Sie würde neben Notfalldaten oder Medikationsplänen auch Arztbriefe enthalten können.

Fristen für den Daten-Ausbau

Für die technischen Voraussetzungen der digitalen Infrastruktur im Gesundheitswesen ist die Gesellschaft für Telematik – die Gematik - zuständig. Ihre Aufgabe ist es, den sicheren Datenaustausch weiter aus- und aufzubauen. Dafür setzt das Gesetz Fristen. Werden die Fristen nicht eingehalten, treten Sanktionen ein und die finanziellen Mittel für die Gesellschafter der Telematik werden gekürzt.

Die gematik ist eine GmbH, deren Gesellschafter die Spitzenverbände der Leistungserbringer und Kostenträger im deutschen Gesundheitswesen sind. Das sind der GKV-Spitzenverband sowie die Bundesärztekammer, die Bundeszahnärztekammer, der Deutsche Apothekerverband, die Deutsche Krankenhausgesellschaft, die Kassenärztliche Bundesvereinigung sowie die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung. Die Rechtaufsicht über die Gematik führt das Bundesgesundheitsministerium. Die Gesellschaft ist für die Anwendungen der elektronischen Gesundheitskarte zuständig. Sie dient zudem als Plattform für weitere bereits bestehende oder zukünftig geplante Anwendungen im Gesundheitswesen.

Derzeit gibt es ungefähr 200 unterschiedliche IT-Systeme im Gesundheitswesen. Die Gematik soll bis Ende Juni 2017 ein Interoperabilitätsverzeichnis aufbauen. Das schafft Transparenz. IT-Herstellern ermöglicht es, für neue digitale Anwendungen vorhandene Standards zu nutzen. Denn die IT-Systeme im Gesundheitswesen sollen besser untereinander kommunizieren können.

Datenschutz auf hohem Niveau

Die elektronische Gesundheitskarte wird den Datenschutz in den Arztpraxen verbessern. Zu diesem Ergebnis kommt die Bundesdatenschutzbeauftragte in ihrer Stellungnahme zum Gesetz. Denn der Zugang zu auf der Karte gespeicherten Informationen funktioniert nur über einen "doppelten Schlüssel". Das heißt, der Arzt mit seinem Heilberufe-Ausweis und der Patient mit der Karte können die Informationen nur gemeinsam freigeben.